Bürgermeister Christian Scheider und Klubobmann Patrick Jonke
APA/Peter Lindner
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CHRONIK

Bürgermeister schließt Rücktritt aus

Nach dem Platzen der Klagenfurter Koalition aufgrund der Ermittlungen gegen einen Investigativjournalisten hat Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten) am Samstag einen Rücktritt ausgeschlossen. Scheider betonte mehrmals, dass der Eindruck falsch sei, dass „ich persönlich Franz Miklautz angezeigt“ habe.

Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hatte gegen den Kärntner Investigativjournalisten Miklautz ermittelt, weil er Gehälter und Überstundenabrechnungen von hochrangigen Mitarbeitern des Rathauses öffentlich gemacht hatte – mehr dazu in Klagenfurt entschuldigt sich bei Journalisten.

„Bin der Letzte, der Journalisten anzeigt“

Nach einer Anzeige der Stadt wurden dem Journalisten zwischenzeitig sogar Handy und Laptop abgenommen. Daraufhin kam es am Freitagabend zum Platzen der Zusammenarbeit in der Klagenfurter Stadtregierung zwischen Team Kärnten, SPÖ und ÖVP – mehr dazu in Koalition in Klagenfurt geplatzt. „Ich bin wirklich der Letzte, der einen Journalisten offensiv anzeigt“, rechtfertigte sich Scheider am Samstag bei einer Pressekonferenz. Die Sachverhaltsdarstellung sei nicht von ihm, sondern von einem Rechtsanwalt „gemeinsam mit führenden Mitarbeitern der Stadt“ verfasst worden.

Ursprung des Ganzen sei eine „massive Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen“ gewesen, weil es Leaks von internen Rathaus-Dokumenten gegeben habe. Scheider: „Es hat dann Ermittlungen gegeben, aber das ist alles Sache der Staatsanwaltschaft. Ich habe größten Respekt vor der Meinungsfreiheit. Genauso mische ich mich nicht in die Justiz ein. Das steht einem Politiker nicht zu“, erklärte der Klagenfurter Bürgermeister. Demnächst solle es einen persönlichen Termin mit Miklautz geben.

Franz Miklautz
ORF
Frank Miklautz hatte mit seinen Berichten über den Magistratsdirektor die Debatte ausgelöst

Diskussion um Vertrag mit Magistratsdirektor

Im Rahmen der Pressekonferenz sprach der Bürgermeister auch Magistratsdirektor Peter Jost an. Die Berichterstattung über ihn hatte den Konflikt in der Stadtregierung ausgelöst. Dabei ging es etwa um hunderte Überstunden, durch die der Magistratsdirektor brutto 270.000 Euro verdient haben soll. Dieser Vertrag mit Peter Jost sei im Jahr 2000 beschlossen worden. Scheider zeigte sein Unverständnis über die aktuellen Diskussionen: „Sechs Jahre lang hat Peter Jost eng mit Maria-Luise Mathiaschitz (die ehemalige SPÖ-Bürgermeisterin, Anm.) zusammengearbeitet und das gleiche verdient wie jetzt, und das war damals überhaupt kein Problem.“

Stein des Anstoßes war schließlich im vergangenen Dezember die Vertragsverlängerung mit Peter Jost bis Ende 2025. Scheider hatte diese Entscheidung per Notfallparagraf durchgesetzt, da Jost sonst seine Pension antreten hätte müssen. Doch die Verlängerung dürfte nun nicht mehr in Stein gemeißelt sein. Im Gemeinderat hatte es schon im Februar einen Mehrheitsbeschluss gegeben, mit dem die Vertragsverlängerung abgelehnt worden war – mehr dazu in Vertragsverlängerung mit Peter Jost. Bis Herbst soll das Landesverwaltungsgericht eine Entscheidung treffen, ob der Einsatz des Notfallparagrafs korrekt war oder nicht.

Pressekonferenz mit Christian Scheider und Patrick Jonke
ORF/Lisa Natmessnig
Die Pressekonferenz am Samstag im Klagenfurter Rathaus

Scheider macht weiter: „Bin direkt gewählt“

Unterdessen gilt im Klagenfurter Rathaus bis auf weiteres das freie Spiel der Kräfte. Laut Bürgermeister Christian Scheider sei dies keine neue Situation. Die SPÖ habe in der Stadtregierung schon einmal die Zusammenarbeit aufgekündigt. Einen Rücktritt schließt Scheider jedenfalls aus: „Ich bin der direkt gewählte Bürgermeister mit einem hervorragenden Wahlergebnis, das ist noch nicht so lange her. Jene Parteien, die mich zum Rücktritt auffordern, haben marginalste Ergebnisse eingefahren.“ Scheider betonte, dass er überdies sehr gut mit ÖVP und FPÖ zusammenarbeite.

Rücktrittsaufforderung an SPÖ-Vizebürgermeister

Zwischen Team Kärnten und SPÖ gibt es vorerst keine Basis zur Zusammenarbeit mehr. Vielmehr legt Scheider dem ersten Vizebürgermeister der SPÖ, Philipp Liesnig, aufgrund des Koalitionsbruchs den Rücktritt nahe. „Er soll sich an sich selber den moralischen Anspruch stellen, ob er dem eines Vizebürgermeisters entspricht, mit diesem Stil. Das muss ich klar auf den Tisch legen“, so Scheider in Richtung Liesnig.

„Er hat die Situation weiter verschlimmert“

Bereits vor der Pressekonferenz hatte sich Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) im ORF-Interview zur aktuellen Situation geäußert. „Durch seine eigenmächtige Vorgehensweise in der Causa Jost hat Christian Scheider die Arbeitsgemeinschaft gebrochen. Wir haben ihm die Gelegenheit gegeben, seine Fehler zu korrigieren, das hat er nicht getan. Im Gegenteil, er hat die Situation weiter verschlimmert. Daher ist das Vertrauen in Christian Scheider nachhaltig erschüttert“, begründet Liesnig das Ende der Zusammenarbeit in der Stadtregierung.

„Wettbewerb der besten Ideen“

Ob Bürgermeister Christian Scheider zurücktreten soll, das ließ der Klagenfurter SPÖ-Chef vorerst offen: „Der Bürgermeister wurde durch eine Direktwahl gewählt, das ist zu respektieren. Es liegt am Herrn Bürgermeister zu prüfen, ob er in der Lage ist, das Amt angemessen auszuüben, ansonsten sollte er selbst über Konsequenzen nachdenken.“ Nun werde es jedenfalls ein freies Spiel der Kräfte im Rathaus geben. Liesnig: „Wir gehen in einen Wettbewerb der besten Ideen über. Auch die anderen Parteien sind gefordert, sich aktiver einzubringen“.

Grüne: „Kein parteipolitisches Hickhack“

Die Klagenfurter Grünen rufen zur Zusammenarbeit im Rathaus auf. "Die Zukunft unserer Stadt darf nicht durch parteipolitisches Hick Hack verspielt werden. Wir sind bereit, uns aktiv einzubringen und konstruktiv an einer nachhaltigen Gestaltung Klagenfurts zu arbeiten. Wir sind offen und gesprächsbereit, wenn es um die Umsetzung sinnvoller Maßnahmen für unsere Stadt geht“, so Margit Motschiunig, die Chefin der Klagenfurter Grünen.

Sowohl die Grünen als auch NEOS haben in den vergangenen Tagen den Rücktritt von Bürgermeister Scheider gefordert.