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ORF.at/Zita Klimek
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Gericht

EXW: Krypto-„Wechselstube“ im Fokus

Im Klagenfurter EXW-Prozess um millionenschweren Anlagebetrug hat am Mittwoch der zuständige Aktenführer des Finanzamtes als Zeuge ausgesagt. Er beleuchtete die zahlreichen Kontobewegungen eines Angeklagten, der eine „Wechselstube“ für Kryptowährungen betrieb.

Mehrere Stunden lang wurde der Zeuge am Mittwoch befragt, sowohl vom Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Claudia Bandion-Ortner als auch von den Angeklagten selbst. Anhand von dicht mit Zahlen beschriebenen Listen beschrieb er den Weg, den Geld von EXW zu dem angesprochenen Angeklagten nahm und wieder – über Kryptowährungen als Umweg – an die Gesellschaft zurückgeflossen sei. Bitcoins aus dem EXW-Umfeld seien „im Kreis geschickt“ worden, so der Zeuge.

Wechsel nach Kundenauftrag

Dabei wurde auch eine Chatnachricht thematisiert, die der „Wechsler“ an einen anderen Angeklagten geschickt hatte: Dieser solle ihm noch für 12.000 Euro Bitcoins senden „dann sollte alles safe sein und die FMA (Finanzmarktaufsicht, Anm.) wird nix finden“. Es habe für jede einzelne Kontobewegung eine Rechnung gegeben, rechtfertigte sich der Angeklagte, was der Zeuge auch bestätigte. Der Angeklagte betonte, dass er nie einen Betrug bei EXW vermutet hatte – „ich habe mich nur gefragt: Wie geht sich das aus?“ Sich selbst sieht er lediglich in der Rolle eines Geldwechslers „wie früher an der kroatischen Grenze“. Wenn da Euro in Kuna gewechselt – und eventuell sofort wieder zurückgewechselt – wurden, sei das ja nur auf Kundenauftrag passiert.

Im vorliegenden Fall sei Geld in Form von Bitcoins oder in bar an EXW geflossen. Dazu sagte der 26-jährige Hauptangeklagte: „Wenn ein Kunde EXW-Token gekauft hat, dann ging die Verfügungsgewalt über das Geld automatisch an die Gesellschaft. Die kann also machen damit, was sie will.“ Man habe in erster Linie dann den Wechsler angewiesen, die Kundengelder in Bitcoins umzuwandeln.

Für diesen Vorgang bekamen die Kunden auch Rechnungen, was bei manchen auf Unverständnis stieß. Von dieser Verwirrung berichtete auch einer der Angeklagten in einer Chatnachricht aus dem Jahr 2019: „Die kaufen keine Bitcoins sondern EXW, die sind alle voll verwirrt jetzt.“ Vor Gericht sah er sich durch diese Nachricht sogar entlastet: „Nach dieser ganzen Zeit habe ich offensichtlich noch immer nicht kapiert, wie das Ganze funktioniert.“

Hauptangeklagter versuchte Lebensstil zu rechtfertigen

Was aber passierte aber dann mit dem zurückgetauschten Geld: Durch die Investition in EXW-Token seien die Gelder „in das Eigentum der Firma“ gelangt, holte der 26-Jährige aus. „Wir hatten Kostenaufwendungen, wie zum Beispiel eine Convention“, es seien Rechnungen beglichen worden, mit denen „in verschiedene Bereiche der EXW investiert“ wurde. Wie etwa Vermarktung oder Software. Oder Ausgaben in Discos, im Nobelbordell, Privatjetflüge oder 20.000 Euro für eine Shoppingtour seiner damaligen Lebensgefährtin, merkte die Richterin an. Das wollte der Hauptangeklagte nicht so stehen lassen: Einladungen wichtiger Personen in Etablissements seien „branchenüblich“ – und Flüge mit Privatjets habe es überhaupt nur drei gegeben, die noch dazu marketingtechnisch verwertet worden seien.

Urteil erst im Frühjahr erwartet

Seit Ende September 2023 läuft am Landesgericht Klagenfurt der groß angelegte EXW-Prozess. Den elf Angeklagten werden gewerbsmäßig schwerer Betrug, Geldwäsche, Pyramidenspiel und kriminelle Vereinigung vorgeworfen. Sie sollen rund 40.000 Opfer laut Anklage um mindestens 17,6 Mio. Euro betrogen haben, kolportiert wurde ein Gesamtschaden von 100 Mio. Euro.

Mit einem Urteil ist im Frühjahr zu rechnen. Der Prozess wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt. Mitte März soll dann ein weiterer Angeklagter nach Österreich kommen, der momentan in Brasilien in Auslieferungshaft sitzt.