Luftaufnahme Überschwemmung Poppichl
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Chronik

Viele Probleme nach Starkregen

Nach den starken Regenfällen entspannt sich die Situation in den Hochwassergebieten nur langsam. Vor allem der hohe Grundwasserspiegel bereitet Probleme. Viele Keller sind überschwemmt, Abwasser samt Fäkalien tritt aus. Außerdem drohen weitere Hangrutschungen. In Ebenthal wurde die Hälfte eines Einfamilienhauses weggerissen.

Der Hangrutsch ereignete sich Montagfrüh in der Ortschaft Rottenstein in der Gemeinde Ebenthal. Die Hälfte eines Einfamilienhauses wurde weggerissen, die Bewohner wurden bereits Sonntagabend in Sicherheit gebracht.

Von Mure zerstörtes Haus in Rottenstein
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Von der Mure zerstörtes Einfamilienhaus in Rottenstein

Geräusche wie „Kanonenschüsse“

Der Bürgermeister von Ebenthal, Christian Orasch sagte, die Situation sei brenzlig gewesen. Sonntagabend gegen 17.30 Uhr waren plötzlich Geräusche zu hören: „Man hat die Abbrüche der Bäume deutlich gehört. Das waren so wie Kanonenschüsse, wo die Bäume gebrochen sind. Und in der Nacht, als dieser Felsbrocken heruntergekommen ist, da hat das bis Richtung Annabrücke runter gehallt, wo die Leute dann noch ein Grollen vernommen haben.“

Niederschläge in St. Veit seit 3. August

Vier Häuser in St. Veit wurden evakuiert

In der Obermühlbacher Straße in St. Veit an der Glan wurde am Montag der Landesgeologe erwartet. Ein Hang hat bereits nachgegeben. Vier Häuser wurden evakuiert, zehn Menschen mussten ihr Zuhause verlassen. Mehrere von ihnen wurden im Fuchspalast untergebracht, so auch Muzhak Fama, der Angst um das Haus der Familie hat: „Weil wir haben das ganzes Leben gearbeitet für das Haus hier. Die Mure ist etwa 20 bis 30 Meter neben dem Haus abgegangen. Das war schon sehr knapp.“ Am Montagabend kam die Freigabe vom Landesgeologen, dass alle Bewohnerinnen und Bewohner zurück in ihre Häuser dürfen.

Überschwemmte Straße St. Veit und Sandsäcke
Barbara Frank/ORF
Sandsäcke sollen Schlimmeres verhindern

Schaulustige riskieren ihr Leben

Ein weiteres Problem stellen Schaulustige dar. Sie sind mit Schlauchbooten zwischen Glanfluss und der Klagenfurter Schnellstraße unterwegs. Die Behörden sprechen von Lebensgefahr. Die Nähe von Flüssen soll unbedingt gemieden werden.

Bewohner in Poppichl eingeschlossen

Die Glan ist an vielen Stellen über die Ufer getreten und ist ein reißender Fluss. In Poppichl in der Gemeinde Maria Saal sind an einer Seite der Glan sieben Hauser evakuiert worden. Auf der anderen Seite sind die Bewohner in vier Häusern eingeschlossen. Sie seien aber ständig mit den Einsatzkräften in Kontakt, sie könnten bei einer größeren Gefahr nur mit Schlauchbooten geholt werden.

Das sei aber derzeit nicht nötig, sagte Franz Pfaller, der Bürgermeister von Maria Saal: „Wir lassen das jetzt einmal so, das heißt, die Leute sind in Sicherheit. Es besteht für die Leute keine Gefahr fürs Leben und wir hoffen, dass der Pegelstand auch hier in Poppichl in den nächsten Stunden sich senkt.“

Überschwemmtes Haus in Poppichl
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Einfamilienhaus in Poppichl

Anrainer Günther Biedermann sagte, die Häuser stehen hier schon lange, bislang habe man sie nie verlassen müssen: „Die Leute, die schon länger da leben und älter sind, die von ihren Häusern auszubringen, ist eigentlich eine sehr traurige Angelegenheit, wo ich dazu sagen muss, dass die Feuerwehr und die Rettungskräfte, die da waren, wirklich das Beste gaben und behutsam mit den Leuten umgegangen sind.“

Nicht gegen Grundwasserspiegel anpumpen

Überflutete Keller und überlastete Kanäle machen der Bevölkerung und den Einsatzkräften im Großraum Klagenfurt zu schaffen. In den Stadtteilen Waidmannsdorf und Viktring, besonders entlang der Sattnitz, gibt es derzeit kaum ein Haus, das nicht betroffen ist. Das Wasser steht 50 bis 100 Zentimeter hoch in den Kellern.

Gernot Bogensberger von der Abteilung Wasserschutz und Entsorgung beim Magistrat Klagenfurt wies darauf hin, dass viele Hausbesitzer gar nicht eingedrungenes Oberflächenwasser aus dem Haus pumpen, sondern nur den gestiegenen Grundwasserspiegel: „Da sauge ich auch durch die Pumpe wieder mehr Grundwasser an. Wenn der Spiegel nicht steigt, auch wenn die Pumpe abgeschaltet ist, raten wir, die Pumpe abgeschaltet zu lassen.“

Abwasser samt Fäkalien ist ausgetreten

Die Pumpen laufen permanent, die Kanäle sind aber bereits jetzt so voll, dass Abwasser samt Fäkalien austritt, sagte Bogensberger: „Es ist so, dass der Kanal dann schon voll ist bis oben hin und falls hier nicht rückschlagsicher gebaut wurde, drückt es das Wasser wieder zurück rein. Da pumpt man klares Wasser raus und bekommt leider Fäkalwasser zurück.“

Weiterhin besteht in Klagenfurt der Appell, nicht zu viel Wasser zu verbrauchen oder Wäsche zu waschen. Auch die Pools sollten vorerst nicht abgepumpt werden. „Jeder Tropfen Abwasser, der weniger kommt, hilft uns und darum appellieren wir, wenn es möglich ist, das ein bisschen einzuschränken“, sagte Bogensberger.

Erleichterung in Globasnitz

In Diex wird am Montag untersucht, ob es im Schwarzgraben weitere Evakuierungen geben muss. Erleichterung herrscht in Globasnitz, wo sich am Simonberg 50.000 Kubikmeter Erdreich gelöst haben. Nach einer Nacht bei Verwanden warten die Betroffenen auf eine Entwarnung. Bürgermeister Berhard Sadovnik sagte nach der Krisensitzung in der Gemeinde, dass die Bewohner, die ihre Häuser verlassen mussten, wieder nach Hause zurückkehren können.

Hangrutschung Globasnitz
Bezirksfeuerwehrkommando
50.000 Kubikmeter Erdreich lösten sich vom Simonberg

Die Bereitschaft für diese Bewohner in Globasnitz bleibe aber weiterhin aufrecht, sagte Sadovnik: „Das heißt, sollten wieder stärkere Regenfälle einsetzen, dann sind sie in Bereitschaft und werden wiederum evakuiert. Aber so wie sich derzeit die Wetterlage gestaltet, können wir sie wieder in ihre Häuser zurücklassen.“

Bürgermeister: „Bürger sind gut organisiert“

Andere Bewohner in der Evakuierungszone seien nur aufgefordert worden, sich bei Regen in den ersten Stock zurückzuziehen, sagte der Bürgermeister: „Die Bürger sind sehr gut organisiert und sind bei Verwandten, Bekannten untergekommen und da muss ich wirklich ein großes Lob aussprechen. In der Phase, als wir die Evakuierung ausgesprochen haben, waren 90 Prozent der evakuierten Personen schon bei den Verwandten.“

Straßensperren wegen Erdrutschen

Wegen Überflutungen und Erdrutschen oder Murenabgängen sind unter anderem die Packerstraße (B70) bei Völkermarkt und am Griffner Berg sowie die Lavamünder Straße (B80) beim Grenzübergang Lavamünd gesperrt. Auch die Seeberg Straße (B82) ist an mehreren Stellen gesperrt. Der Grenzübergang am Loiblpass ist wieder frei – mehr dazu in Straßensperren durch Unwetter.

Fellner: „Zivilschutzwarnungen ernst nehmen“

Montagvormittag tagte erneut der Landeskrisenstab. Die Gefahr werde noch zumindest bis Dienstag anhalten, hieß es im Anschluss bei einer Pressekonferenz. „Das Wetter entspannt sich etwas, die Gefahr ist aber noch nicht gebannt“, so Katastrophenschutz-Referent Daniel Fellner (SPÖ). Befürchtet werden neue Niederschläge. „Auch kleinere Einträge in die aufgeweichten Hänge könnten zu Folgeschäden führen“, sagte Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Das war am Montag in den drei Gemeinden Bad Eisenkappel, Globasnitz und Neuhaus im Bezirk Völkermarkt zu befürchten: „Da drohen gewaltige Rutschungen“, so Kaiser.

In diesem Zusammenhang appellierte Fellner, die nach wie vor aufrechten Zivilschutzwarnungen ernst zu nehmen: „Die Warnungen machen wir nicht weil wir lustig sind, sondern weil Leib und Leben in Gefahr sind, wenn man das Haus verlässt.“

Pressekonferenz des Landeskrisenstabs
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Pressekonferenz nach dem Landeskrisenstab

Mehr als 3.500 Einsätze

Seit Beginn der Unwetter in der Nacht auf Freitag haben die Kärntner Feuerwehren mehr als 3.500 Einsätze bewältigt, mehr als 4.200 Feuerwehrleute standen im Einsatz – neben jenen aus den betroffenen Bezirken auch Mitglieder des Katastrophenschutz-Zuges aus Oberkärnten und mehr als 200 Feuerwehrleute aus Niederösterreich, die mit Großpumpen angerückt waren. Laut Kaiser habe man heuer mit 18.000 Feuerwehreinsätzen in Kärnten bereits so viele verzeichnet wie im gesamten Jahr 2021.

Kaiser appelliert an Bund

Kaiser appellierte am Montag auch an den Bund, wegen der steigenden Unwettergefahr die Katastrophenfondmittel aufzustocken: „Die Länder und Gemeinden werden es alleine nicht schaffen, es bricht leider eine neue Ära an.“ Er werde sich auch um Geld aus dem EU-Solidaritätsfonds bemühen, das für den Einsatz nach „Major Disasters“ – so der Fachausdruck – ausbezahlt wird. Davon abgesehen, soll in Kärnten rasch Geld aus einem Soforthilfefonds für die vom Hochwasser Betroffenen fließen.