Baustelle mit Kran
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Chronik

Bauwirtschaft steht vor Dilemma

Die Bauwirtschaft steht vor einem Dilemma. Die Auftragsbücher sind voll, das Abarbeiten wäre grundsätzlich möglich, gleichzeitig müssen aber die Coronavirus-Schutzbestimmungen eingehalten werden. Bauunternehmer und Gewerkschafter sind sich einig wie selten zuvor: Das sei ein nicht machbarer Spagat.

Von der Bundes-Politik werden nun klare Spielregeln gefordert. Und es ist eine Forderung mit Seltenheitswert, die in dieser Situation entstehen kann, aufgestellt von einem Bauunternehmen, das in Kärnten pro Jahr Aufträge im Wert von etwa sieben bis acht Millionen Euro abarbeitet. Neue Baustellen, die nicht zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur nötig sind, sollten geschlossen werden, fordert der Mitarbeiter, der anonym bleiben will. „Die Regierung kann nur eine Verordnung herausgeben, mit der sie beschließt, dass neue Baustellen, die nicht zur Aufrechterhaltung des jetzigen Zustandes der Infrastruktur nötig sind, geschlossen werden.“

Mindestabstände am Bau unrealistisch

Es fehle an Schutzausrüstung für Arbeiter, Mindestabstände seien am Bau unrealistisch. Ähnlich sieht das auch die Gewerkschaft Bau-Holz. Kärntens Baustellen benötigen eine rasche Lösung, sagte Kärntens Landesgeschäftsführer Alois Peer. „Schutzmaßnahmen können nicht eingehalten werden, darüber hinaus gibt es Probleme, auf die Baustellen zu kommen, wenn im Bus drei oder vier Mitarbeiter sitzen müssen.“

An einem Bau-Gipfel in der Kärntner Landesregierung, auf Initiative von Arbeitsmarkt- und Wohnbaureferentin Gaby Schaunig (SPÖ) und Straßenbaureferent Martin Gruber (ÖVP,) nahmen auch die Sozialpartner teil. Das Ergebnis lautet, dass Baustellen im Einfluss des Landes fortgeführt werden sollen, sofern möglich. Andererseits werde auf die Forderungen von Strafzahlungen verzichtet. Auch Aufträge würden weiter vergeben.

Gefährdung durch Arbeitslosigkeit

Otmar Petschnig, der Vizepräsident der Wirtschaftskammer ist selbst Bauunternehmer und nahm an dem Gipfel teil. Die Gefahr einer Ansteckung von Mitarbeitern auf Baustellen müsse ausgeschlossen werden, sagte Petschnig. Es gebe aber auch eine zweite Form der Gefährdung, nämlich wesentliche Einkommensverluste durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit, so diese am Bau überhaupt sinnvoll sei. „Arbeitgeber appellieren an das Land, Baustellen unbedingt offen zu lassen, wenn man dort noch arbeiten kann und wo das nach der Evaluierung noch möglich ist, um die Chance einer Arbeit zu bieten.“

Laut Informationen aus Verhandlerkreisen der Sozialpartner soll bereits am Freitag eine neue Verordnung der Bundesregierung für Baustellen herauskommen, mit Klarstellungen im Sinne aller Beteiligten.

Notbetriebe haben volle Auftragsbücher

Auch Einpersonen-Unternehmen (EPU) und Kleinbetriebe gehen in eine ungewisse Zukunft. Laut Schätzungen der Wirtschaftskammer könnte bis zu einem Drittel aller Betriebe in Turbulenzen geraten. Diejenigen, die jetzt noch handwerkliche Notbetriebe anbieten, haben volle Auftragsbücher.