Führung mit Schülerinnen und Schülern
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Soziales

Führung in die Welt der Obdachlosen

Der Winter ist die schwierigste Zeit für Menschen ohne Zuhause. Im Eggerheim der Caritas in Klagenfurt bekommen 70 Menschen täglich ein warmes Essen, rund 25 bleiben über Nacht. Neuerdings werden Führungen durch die Welt der Obdachlosen angeboten, man will Bewusstsein schaffen.

Die Führung bietet seltene Einblicke in eine Welt, die sonst verborgen bleibt. Der 37-jährige Samuel war viele Jahre lang selbst obdachlos. Mit Hilfe der Caritas schaffte er, was viele bisher nicht konnten, er fand eine Wohnung und gab seinem Leben Struktur. Heute führt er Menschen durch die Welt der Wohnungslosen in Klagenfurt. Darunter auch Schulklassen wie eine der Schule für Sozialbetreuungsberufe der Caritas.

Führung in die Welt der Obdachlosen

Kampf um Anerkennung und Würde

Samuel spricht vom oft aussichtslosen Kampf um Anerkennung, Sicherheit und Würde, für diejenigen, die von der Gesellschaft verstoßen werden, weil sie auf der Straße leben: „Die Drogen sorgen dafür, dass die Leute vergessen, warum sie eigentlich auf der Straße gelandet sind. So entwickelt sich ein Teufelskreis, der immer weiter geht, aus dem man oft nur schwer ohne Hilfe ausbrechen kann.“

Samuel bei einer Führung
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Ausgrenzung ist beabsichtigt

Schüler sollen besser verstehen

Diese Führung sei ein wichtiges Puzzlestück, um die Situation der Obdachlosen im Gesamten zu verstehen und im Unterricht behandeln zu können, so Eva Daisenberger, Lehrerin an der Schule für Sozialbetreuungsberufe der Caritas: „Die Einblicke, die sie heute bekommen, bleiben in den Köpfen, sie machen das Thema greifbarer und sichtbarer. Armut ist einfach sehr versteckt.“

Gruppe vor dem Eggerheim
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Schülerinnen und Schüler vor dem Eggerheim

Ernst Sandriesser, Direktor der Caritas, sagte, es sei wichtig, dass man die Menschen sensibilisiere, damit sie sehen, was sie selbst tun können. Es gehe darum, hinzuschauen und nicht wegzuschauen und im Winter das Kältetelefon anzurufen, wenn jemand Hilfe brauche, so Sandriesser.

„Alles kostet hier Geld“

Samuel spricht von den Plätzen, an denen sich Obdachlose auch gerne aufhalten würden, um Teil des Stadtlebens zu sein. Wo sie aber nicht bleiben können, weil es zum Beispiel nur noch kostenpflichtige öffentliche Toiletten in der Innenstadt gebe: „Alles kostet hier in der Umgebung Geld. Das mit reiner Absicht, denn der Neue und Alte Platz sind für Touristen interessante Orte. Im Rathaus gehen Politiker ein und aus. Es wird darauf geachtet, dass dies unattraktive Orte für Obdachlose sind.“

Abends kommen viele ins Eggerheum
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Abends kommen viele ins Eggerheim

Waschen im Brunnen

Die Tour startet beim Eggerheim, geht hin zum Benediktinermarkt – ein Ort, der von Vielen genutzt wird, weil es dort kostenloses Internet gibt. Dann geht es weiter zu einem Brunnen, der über den Winter trockengelegt ist. Ab dem Frühjahr wird er von Obdachlosen auch genutzt, um sich zu waschen und um Wasserflaschen aufzufüllen. Brunnen sind aber auch mehr, nämlich eine Geldquelle, die ihnen das Überleben sichern kann, so Samuel: „Für mich ist das moralisch in Ordnung, wenn Leute, die etwas haben, Geld in den Brunnen werfen um sich etwas zu wünschen. Und Menschen, die nichts haben, nehmen sich das Geld, um sich Wünsche zu erfüllen.“

"Bessere Wege als Geldstrafen

Auch die Polizei habe viel dazu beigetragen, dass Obdachlose vertrieben werden. Wenn sie Geldstrafen nicht bezahlen können, werden sie eingesperrt: „Einen Menschen, der kein Geld hat, mit Geldstrafe zu belangen, ist grob. Es gibt bessere Möglichkeiten, die Leute von der Straße zu halten, als sie zu bestrafen.“

Sendungshinweis:

Kärnten heute, 21.12.2023

Auswege haben Menschen ohne Wohnung nur wenige. So gebe es viel zu wenige Beratungsstellen oder Wohnungen, die zur Verfügung gestellt werden. Für die Schülerinnen und Schüler waren es aufwühlende eineinhalb Stunden. 70 Menschen werden im Eggerheim täglich mit warmem Essen versorgt, rund 25 Obdachlose kommen jede Nacht in die Notschlafstelle.