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APA/dpa/Arne Dedert
APA/dpa/Arne Dedert
Gesundheit

Neue Sammelklage zu Verhütungsspiralen

Der Verbraucherschutzverein (VSV) vertritt 100 Kärntnerinnen, die mit in der Gebärmutter gebrochenen Verhütungsspiralen oder mit Problemen bei der Entfernung konfrontiert waren, teilweise mit schweren Folgen. Die Schmerzensgelder seien „skandalös niedrig“, so der VSV und brachte eine neuerliche Sammelklage ein.

Oft mussten sich die betroffenen Frauen Operationen, wie Gebärmutterausschabungen, unterziehen. Die von zumeist männlichen Sachverständigen zugesprochenen Schmerzensgelder seien im Gegensatz zu Deutschland zu niedrig, so der VSV.

Patientinnen ohne Informationen

Mehr als 28.000 dieser defekten Spiralen wurden österreichweit verkauft. Als der Hersteller 2018 das Produkt wegen eines Materialfehlers zurückrief, erreichte der Rückruf nur Arztpraxen, nicht aber die betroffenen Frauen, die solche Spiralen bereits eingesetzt bekommen hatten, sagte Daniela Holzinger, Obfrau des Verbraucherschutzverein VSV: „Unser Argument ist, dass die Warnkette nicht funktioniert hat. Die Republik hätte Medienarbeit machen müssen, um die betroffenen Frauen zu informieren. Deshalb gehen wir auch mit einer Amtshaftungsklage dagegen vor, da haben sich auch Kärntnerinnen angeschlossen. Eine Klärung ist noch ausständig.“

Frauenärzte fühlten sich nicht verantwortlich

Vielfach hätten sich die Frauenärzte nicht dafür verantwortlich gefühlt, die Benützerinnen der zurückgerufenen Spiralen zu informieren. Die Behörde hätte also tätig werden müssen, so Holzinger: „Das war aber eine reine Presseerklärung, die sie auf ihre Website gestellt hat, ich muss fast schon sagen versteckt hat, und zwar im Jahr 2020, gut zwei Jahre, nachdem das Problem bekannt wurde. Da ist so viel schief und falsch gelaufen und das darf nicht dem Rücken der Frauen ausgetragen werden.“

Derzeit führt der VSV fünf Musterklagen. Die Republik habe hier bereits einen Verjährungsverzicht für 171 dem Verfahren angeschlossene Frauen abgegeben. Das ist deshalb wichtig, weil Ansprüche bei Produkthaftungen binnen drei Jahren verjähren.

Erstgerichtliche Entscheidungen

Generell seien von den defekten Spiralen Frauen im ganzen Land betroffen: „Es sind Fälle dabei von Klagenfurt, St. Andrä, Frauenstein, Eberstein. Es zieht sich durch das gesamte Land. Wir stehen bei manchen Verfahren Situationen gegenüber, wo noch Gutachten ausständig sind, die die Schmerzen bezeugen sollen. Auf der anderen Seite haben wir aber auch schon erste rechtskräftige, erstgerichtliche Entscheidungen, wo Schmerzensgeld in der Höhe von 1.100, 1.500 Euro zugesprochen worden ist.“

Hauptsächlich ältere, männliche Sachverständige

Gekämpft wird auch für höheren Schadenersatz: „Wo nach einer Gebärmutterausschabung, also Kürettage mit danach Krankenhausaufenthalt vielleicht ein, zwei Tage Schmerzen zugestanden werden, manche Sachverständige gestehen nur einige Stunden Schmerzen zu. Die sagen, ja, das macht Schmerzen im Ausmaß von eineinhalb bis drei Stunden aus. Wir haben hauptsächlich mit älteren, männlichen Sachverständigen zu tun. In Deutschland ist die Situation ganz anders und dann gestehen diese Schmerzensgelder in der Höhe von 5.000 bis 10.000 Euro zu, wenn wir uns etwa Berlin oder Düsseldorf ansehen.“

Alle Fälle seien zwar unterschiedlich zu bewerten, dass jetzt an einem Bezirksgericht in Oberösterreich erwirkte Schmerzensgeld von 3.200 Euro sieht der Verbraucherschutzverein aber als Trendwende.