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Umwelt

Lithium: Bürgermeister zweifelt an Abbau

Das Lithium-Projekt auf der Koralpe beschäftigt seit mehr als einem Jahrzehnt die Medien. Ernüchterung herrscht mittlerweile in der Standortgemeinde Frantschach-St. Gertraud: Der dortige Bürgermeister glaubt nicht mehr an einen Abbau durch den jetzigen Betreiber, seit 2019 herrsche Funkstille – was European Lithium dementiert.

„Auf der Koralpe befindet sich das vermutlich größte Lithium-Vorkommen Europas“ – so oder so ähnlich haben schon unzählige Medienberichte begonnen. Das Projekt macht seit vielen Jahren Schlagzeilen. Zuletzt auch wegen x-facher Verzögerungen. Den letzten Kontakt zwischen Eigentümer und Gemeinde gab es 2019, kritisiert Bürgermeister Günther Vallant (SPÖ). Er sagt, „European Lithium“ kommuniziere ausschließlich über Presseberichte. Vom Unternehmen selbst gebe es „kein einziges Stück Papier“ am Gemeindeamt. Zum geplanten Abbau habe man noch keinerlei Pläne vorgelegt bekommen.

Lithiumabbau Koralpe

Es ist still geworden um das Lithium-Projekt auf der Koralpe, es gibt sein Jahren Verzögerungen.

„Keine Kommunikation oder Pläne für Standortgemeinde“

Vallant kritisiert, „dass man zum einen mit der Standortgemeinde nicht kommuniziert, keine Informationen erhält und auch keinen realistischen Plan präsentiert bekommt, wie denn etwa ein Abbau vonstatten gehen solle. Für den Abbau werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt, wird Infrastruktur am Berg benötigt. Das bringt natürlich sehr viele Fragen mit sich und das Unternehmen beschäftigt sich ausschließlich mit Probebohrungen und mit irgendwelchen Gewinnplänen, die an den Börsen dann zu Geld gemacht werden sollen.“

Im Stollen
European Lithium
Im Stollen

Reaktion von European Lithium

In einer Reaktion von European Lithium heißt es, Vertreter von European Lithium seien in den letzten Jahren und auch seit 2019 mehrfach mit dem Bürgermeister von Frantschach-St. Gertraud, Günther Vallant, bzw. Amtsleiter Roland Kleinszig in Kontakt gestanden. Man könne in diesem Zusammenhang den Vorwurf von Herrn Vallant nicht nachvollziehen: "Wir haben mit Herrn Vallant bzw. der Gemeinde des Weiteren vereinbart, dass wir rechtzeitig über weitere Projektfortschritte in Zusammenhang mit dem Abbau vor Ort berichten werden. Das ist ein freiwilliges Angebot, denn wir sind gegenüber der Gemeinde nicht berichtspflichtig. Wir stehen mit den zuständigen Behörden in Kontakt und unterliegen der Bergbauaufsicht.“

Schlüsselrohstoff der Energiewende

Bis 2030 will die EU zumindest zehn Prozent ihres Jahresverbrauchs an strategisch wichtigen Rohstoffen durch eigenen Bergbau decken, dazu gehört auch Lithium. Das Leichtmetall gilt als Schlüsselrohstoff der Energiewende und wird neben Handys und Laptops auch für die Akkus in Elektroautos gebraucht. Im Jahr 2011 – beim ersten Kontakt mit den australischen Investoren – war die Freude in der Gemeinde über den in Aussicht gestellten Abbau und viele Arbeitsplätze dementsprechend groß. Von hunderten Millionen Euro Investition war die Rede. Bis zu 700 Arbeitsplätze sollten durch eine neue Fabrik im Lavanttal entstehen. Seit Juni weiß man, dass das Lithium-Vorkommen auf der Koralpe in Saudi-Arabien zu batteriefähigem Lithium weiterverarbeitet werden soll.

Keine Verpflichtung für Re-Import laut Finanzministerium

Unklar ist, ob das in Kärnten abgebaute Lithium irgendwann wieder Österreich oder der EU zugute käme. Gesetze, die European Lithium dazu verpflichten würden, das batteriefähige Lithium von Saudi-Arabien wieder nach Europa rückzuimportieren, gebe es nicht, heißt es aus dem Finanzministerium.

„Dem Finanzministerium ist derzeit keine nationale oder unionsrechtliche Bestimmung […] bekannt, […], um die Europe Lithium Limited zu verpflichten, das batteriefertige Lithium, das aus dem in Kärnten abgebauten Spodumen-Konzentrat hergestellt wird, wieder in die EU oder nach Österreich zu bringen.“

Es solle allerdings einen Vorvertrag mit BMW geben. Hierzu verweist das Finanzministerium auf die Homepage des Unternehmens und Medienberichte.

Lithium von BBU um einen Schilling an KMI verschenkt

Dabei gehörte das wertvolle Lithium auf der Koralpe einst dem Steuerzahler. Bis die staatliche BBU das Bergwerk 1991 der privaten Kärntner Montanindustrie Gmbh schenkte. 20 Jahre später suchte die KMI um eine Bergwerksberechtigung an und verkaufte die Schürfrechte dann nur vier Monate später um kolportierte zehn Millionen Euro an die Australier weiter. Ein Vorgang, der damals das Parlament beschäftigte. Dazu äußern will sich der Verkäufer, die KMI – heute nicht mehr, die KMI verweist auf eine mündliche Vereinbarung zwischen der European Lithium Ltd. und der Kärntner Montanindustrie GmbH, wonach Anfragen zum Lithium-Projekt nur noch vom neuen Eigentümer beantwortet werden.

Für den Bürgermeister von Frantschach-St. Gertraud ist klar: „Der Weg zeigt, dass sowohl damals als auch heute, keine Eile geboten ist. Es wird noch sehr viel Wasser die Lavant hinunterrinnen, bis Lithium auf der Weinebene abgebaut werden wird.“

Feststellungsverfahren zur UVP: „Es fehlen Unterlagen“

Derzeit läuft beim Land das behördliche Feststellungsverfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung, es gibt aber Verzögerungen. Albert Kreiner, Leiter der zuständigen Abteilung 7, sagte: „Es hat der Betreiber um eine Fristverlängerung hinsichtlich vorzulegender Unterlagen ersucht, das ist bis Ende Februar – es fehlen Unterlagen, damit unsere Sachverständigen – und es gibt eine Reihe von Sachverständigen – die das zu beurteilen haben, damit auch die Umweltauswirkungen konkret beurteilt werden können.“

Behördenverfahren dürfte noch Jahre dauern

Ob UVP-Pflicht besteht oder nicht, dürfte dann im ersten Halbjahr feststehen. Dass der Lithium-Abbau 2025 beginnen kann, wie medial bereits kolportiert worden ist, hält Kreiner mit Blick auf das Behördenverfahren für unrealistisch – dieses könnte noch Jahre dauern: „Denn man darf ja nicht vergessen, dass dann in weiterer Folge auch NGOs und Anrainer-Gemeinden durchaus Rechte haben, mit Beschwerden zum Bundesverwaltungsgericht zu gehen und im Falle von Nicht-UVP-Pflicht zum Landesverwaltungsgericht. Das heißt, das kann doch erst noch Jahre dauern.“

Gemeinde will „rechtsverbindliche Vereinbarungen“

Ab einem Flächenverbrauch von zehn Hektar müsste eine UVP jedenfalls durchgeführt werden. Das Projekt der Betreiberfirma liegt knapp darunter, mit zuerst 9,9 und jetzt 9,6 Hektar. Die betroffene Gemeinde Frantschach-St. Gertraud hätte in einem solchen UVP-Verfahren Parteistellung und strebt eine solche auch an. Bürgermeister Vallant pocht auf rechtsverbindliche Vereinbarungen, die auch für einen etwaigen Rechtsnachfolger gültig wären.