Angeklagter vor Richterin im Verhandlungssaal
ORF
ORF
Gericht

Wirt neuerlich zu Haftstrafe verurteilt

Weil er einen Lokalgast niedergestochen und lebensgefährlich verletzt hatte, ist am Freitag ein 62 Jahre alter Wirt am Landesgericht Klagenfurt wegen versuchten Totschlags zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Der Slowene war schon vor einem Jahr zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Im ersten Prozess wurde der Wirt zu sieben Jahren Haft verurteilt – mehr dazu in Messerattacke: Sieben Jahre Haft für Wirt (kaernten.ORF.at; 14.2.2023). Zu dem neuerlichen Prozess kam es nun, weil das Urteil vom Obersten Gerichtshof teilweise gekippt wurde – mehr dazu in Wirt attackierte Gast: OGH kippt Urteil (kaernten.OR.at; 12.10.2023). Im neuen Prozess drehte es sich ausschließlich um die Frage, ob der Mann in Notwehr gehandelt hat oder nicht. Immer wieder wurde der Angeklagte am Freitagvormittag von Richterin Sabine Götz ermahnt, weil er Kommentare abgab, während die Richterin protokollierte und bei seinen Ausführungen in slowenischer Sprache kaum einzubremsen war. Die Dolmetscherin musste ihm immer wieder klarmachen, dass er gerade nicht am Wort war.

Mordprozess

Staatsanwalt: Gerangel war bereits vorbei

Zur Tat war es im August 2022 vor einem Lokal am Klopeiner See gekommen. Das Opfer, ein 35-jähriger Slowene, war mit seiner Familie in dem Gasthaus. Wegen einer Kleinigkeit war es zu einer Streiterei gekommen, bei der der 35-Jährige einen Kellner, den Sohn des Angeklagten, am Hals erfasste und gegen eine Wand drückte. Daraufhin wollte der 35-Jährige das Lokal verlassen. Der Kellner ging ihm nach, woraufhin es erneut zu einem Gerangel kam. Plötzlich eilte der damals 61-Jährige mit einem großen Messer aus der Küche und rammte es dem 35-Jährigen in den Bauch. Dieser überlebte nur dank perfekter Rettungskette und einer Notoperation.

Staatsanwalt Julius Heidinger widersprach von Beginn an der Notwehr-Darstellung: „Der Angeklagte sagt, dass er sein Opfer nicht töten, sondern nur erschrecken wollte und dass er selbst von dem Opfer angegriffen worden sei. Das ist aber mit dem gerichtsmedizinischen Gutachten nicht vereinbar.“ Vielmehr hätte sich das Bild ergeben, dass das „Gerangel“ bereits vorbei gewesen sei, als der fatale Stich erfolgte.

Verteidigung: „Notwehrüberschreitung“

Die Verteidigerin des Mannes, Christine Lanschützer, erklärte hingegen, bei der Tat habe es sich um eine „Notwehrüberschreitung“ gehandelt: „Weil mein Mandant im Schock war, weil er um die eigene Gesundheit und um die seines Sohnes gefürchtet hat. Und weil er in dieser Situation die berechtigte Angst hatte, dass er sich beim nächsten Angriff nicht mehr verteidigen kann.“ Der Stich sei nämlich während einer noch laufenden Auseinandersetzung erfolgt.

Das sagte der Angeklagte auch am Freitag gegenüber Richterin Götz. Mehr noch: Das Opfer habe seinen Sohn „in einem tödlichen Würgegriff“ gehabt. Auch ihn selbst habe der „Bodybuilder“ – wie er den 35-Jährigen bezeichnete – währenddessen mit einer Hand am Hals erfasst und ihm mehrere Faustschläge auf den Hinterkopf versetzt. Ganz glauben wollte die Richterin diese Ausführungen mit Verweis auf die dafür notwendige, ungewöhnliche Anzahl der Gliedmaßen des Opfers nicht: „Der Herr muss ja ein richtiger Oktopus sein.“

Sachverständige widerspricht Verteidigung

Auch die gerichtsmedizinische Sachverständige Alexandra Meierhofer widersprach der Darstellung, dass sich der Kellner in einem lebensgefährlichen Würgegriff befunden habe. Es gebe keine Verletzungen, die darauf hindeuten würden: „Ein Zupacken am Hals, ein Zerren am T-Shirt ja, aber ein Würgeangriff auf den Hals lässt sich nicht objektivieren.“

Vielmehr verwies sie auf die Schwere der Stichverletzung des damals 35-Jährigen: „In neun von zehn Fällen ist ein solcher Stich tödlich.“ Der 20 Zentimeter lange, quer durch den Bauch verlaufende Stichkanal widerspreche auch der Darstellung des Angeklagten, er habe „nur leicht“ zugestochen.

Urteil ist nicht rechtskräftig

Für die Geschworenen war die Sache nach nicht einmal einstündiger Beratung klar: Sie entschieden einstimmig, mit acht zu null Stimmen, dass es sich bei der Tat um keine Notwehr gehandelt hatte. Richterin Sabine Götz, die dem Geschworenensenat vorsaß, erklärte, bei der Strafzumessung seien zwei Monate wegen der langen Verfahrensdauer abgezogen worden. Der Angeklagte erbat drei Tage Bedenkzeit, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.