Angeklagter vor Gericht
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Gericht

Messerattacke: Prozess gegen Wirt vertagt

Weil er einen Lokalgast niedergestochen und schwer verletzt hatte, hat sich am Donnerstag ein 62-jähriger Slowene erneut vor einem Geschworenensenat am Landesgericht Klagenfurt verantworten müssen. Das erste Urteil von sieben Jahren Haft wegen versuchten Totschlags wurde vom Obersten Gerichtshof teilweise gekippt. Der Prozess wurde vertagt.

Wie das Geschehen, das mit einer Rangelei begann, sich später vor dem Lokal fortsetzte und schließlich mit dem Bauchstich endete, genau abgelaufen war, konnte am Donnerstag auch nach insgesamt fünf Stunden dauernder Zeugenaussagen nicht ohne Zweifel geklärt werden. Die Aussagen der einzelnen Zeugen unterschieden sich oft in Nuancen, teilweise aber auch sehr klar voneinander.

Angehörige sagten anders aus als bei Polizei

Auffällig war jedoch, dass die Angehörigen des Angeklagten, seine Ex-Frau und sein Sohn, vor Gericht ganz andere Aussagen machten als noch bei ihren Einvernahmen vor der Polizei. Die Ex-Frau wurde von den Berufsrichtern sogar mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass ihr ein Strafverfahren wegen falscher Beweisaussage blühen könne.

Opfer überlebte schwer verletzt

Zur Tat war es im August 2022 vor einem Lokal am Klopeiner See gekommen. Das Opfer, ein 35-jähriger Slowene, war mit seiner Familie zu Gast in dem Lokal. Wegen einer Kleinigkeit war es zu einer Streiterei gekommen, bei der der 35-Jährige einen Kellner, den Sohn des Angeklagten, am Hals erfasste und gegen eine Wand drückte. Daraufhin verließ der 35-Jährige ohne zu zahlen das Lokal.

Der Kellner ging ihm nach, woraufhin es erneut zu einem Gerangel kam. Plötzlich eilte der damals 61-Jährige mit einem Messer mit 20 Zentimeter Klingenlänge aus der Küche und rammte es dem 35-Jährigen in den Bauch. Dieser überlebte nur dank perfekter Rettungskette und einer Notoperation – mehr dazu in Messerattacke: Sieben Jahre Haft für Wirt.

OGH: Falsch formulierte Zusatzfrage

Grund der Urteilsaufhebung war eine falsch formulierte Zusatzfrage bei der Verhandlung im Februar. Die Verurteilung wegen versuchten Totschlags wurde zwar rechtskräftig. Die Geschworenen im Februar hatten aber die Zusatzfrage nach einer Notwehr- oder Nothilfesituation verneint – dieser Teil des Urteils wurde aufgehoben. Begründung: Die Zusatzfrage nach der Nothilfe sei „nicht gesetzeskonform formuliert“ gewesen – mehr dazu in Wirt attackierte Gast: OGH kippt Urteil.

Frage der Notwehr

Der aktuelle Prozess dreht sich ausschließlich um die Frage, ob der Mann in Notwehr gehandelt hatte oder nicht. Darauf zielte auch der Anklagevortrag von Staatsanwalt Julius Heidinger ab: „Der Angeklagte sagt, dass er sein Opfer nicht töten, sondern nur erschrecken wollte und dass er selbst von dem Opfer angegriffen worden sei. Das ist aber mit dem gerichtsmedizinischen Gutachten nicht vereinbar.“ Vielmehr hätte sich das Bild ergeben, dass das „Gerangel“ bereits vorbei gewesen sei, als der fatale Stich erfolgte. Aus gerichtsmedizinischer Sicht habe es sich um einen „Todesstich“ gehandelt, bei dem unter anderem die Baucharterie verletzt worden war.

Anwältin plädiert auf Notwehrüberschreitung

Die Verteidigerin des Mannes, Christine Lanschützer, erklärte, sie werde keinen Freispruch fordern: „So ein massiver Stich war zu viel des Guten.“ Allerdings habe es sich bei der Tat um eine „Notwehrüberschreitung“ gehandelt: „Weil er im Schock war, weil er um die eigene Gesundheit und um die seines Sohnes gefürchtet hat. Und weil er in dieser Situation die berechtigte Angst hatte, dass er sich beim nächsten Angriff nicht mehr verteidigen kann.“ Der Stich sei nämlich während einer noch laufenden Auseinandersetzung erfolgt.

Das betonte auch der Angeklagte in seiner Einvernahme durch Richterin Sabine Götz, die dem Geschworenensenat vorsaß: „Ich habe meine Familie verteidigt, ich fühle mich dafür nicht schuldig. Es tut mir leid, dass ich übertrieben reagiert habe in Notwehr.“

Fortsetzung im neuen Jahr

Weil die Verteidigerin am Donnerstagabend beantragte, noch unbedingt eine unmittelbare Tatzeugin hören zu wollen, wurde die Verhandlung schließlich vertagt. Der Prozess wird im Jänner fortgesetzt.