Angeklagten im Verhandlungssaal
Martin Rauter/ORF
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Gericht

Kryptobetrug: Angeklagte sehen sich als Opfer

Am Landesgericht Klagenfurt ist am Dienstag der millionenschwere Krypto-Betrugsprozess fortgesetzt worden. Zwei weitere Angeklagte, Brüder im Alter von 26 und 29 Jahren, wurden einvernommen und beteuerten ihre Unschuld, sie seien selbst Opfer von EXW gewesen. Der Prozess wurde vertagt und wird am Mittwoch fortgesetzt.

Der 26-jährige Angeklagte erklärte, er sei im Jahr 2019 bereits auf diversen Plattformen am Krypto-Markt aktiv gewesen. Gemeinsam mit seinem Bruder, der nun Mitangeklagter ist, hätte er zu dieser Zeit eine Idee für ein Krypto-Programm entwickelt. „Wir wollten eine Art ‚Amazon‘ für Kryptowährungen entwickeln, aber uns fehlte das technische Know-how“, sagte der 26-Jährige. Deshalb hätten sich die beiden an den Hauptangeklagten gewandt und ihm diese Idee vorgestellt. Aus Kostengründen sei eine Umsetzung nicht möglich gewesen. Wenige Wochen später hätte sich jedoch der Hauptangeklagte in der Causa EXW, einem Firmenkonstrukt, an sie gewandt und ein fertiges Geschäftsmodell präsentiert, mit dem Hinweis, dass es bereits Vertriebspartner in der Schweiz und in Deutschland gäbe.

„Habe nie für EXW direkt gearbeitet“

„Ich habe nie für EXW direkt gearbeitet, sondern bin immer selbstständig tätig gewesen“, so der 26-Jährige. Von dem Vertriebssystem dahinter sei er überzeugt gewesen, er habe selbst 9.000 Euro investiert, auch mehrere seiner Familienangehörigen hätten bis zu 20.000 Euro investiert. Insgesamt hätte er 22 Vertriebspartner angeworben, von deren Investitionen er persönlich über Provisionszahlungen profitieren sollte. „Ich hatte nie eine betrügerische Absicht und zu keinem Zeitpunkt Zugang zu irgendeinem Wallet oder Firmenkonto. Ich war ein normaler Kunde beziehungsweise Vertriebspartner“, versuchte der Angeklagte dem Gericht zu erklären.

„Sie haben 9.000 Euro investiert, wie viel Geld haben Sie denn entnommen?“, wollte Staatsanwältin Carolin Czedik-Eysenberg von dem Angeklagten wissen. Circa 50.000 bis 60.000 Euro seien das innerhalb eines halben Jahres gewesen, gab dieser an: „Das ist nicht übermäßig viel, im Network sind die Verdienst-Chancen normalerweise noch viel höher.“

Zweifel erstmals vor drei Jahren

Auf die Frage von Richterin Claudia Bandion-Ortner, wann erstmals Zweifel am EXW-Vertriebssystem aufgekommen seien, antwortete der Angeklagte: „Das war im März 2020, als erstmalig keine Auszahlungen durchgeführt werden konnten.“ Allerdings hätte es in wöchentlichen Gründer-Calls immer wieder gute Argumente gegeben, die jeglichen Zweifel aus dem Weg geräumt hätten.

Den Vorwurf, dass es Bargeldübergaben gegeben hätte, wollte der Angeklagte mit dem Argument entkräften, dass es sich dabei lediglich um Freundschaftsdienste gehandelt habe und dies nicht im Auftrag der EXW erfolgt sei: „Ich habe für einige Freunde meine eigenen Token gegen Bargeld getauscht. So konnten sie sich ein paar Prozente sparen.“

„Fast jeder Kunde war Betriebspartner“

Im Anschluss wurde der 29-jährige Bruder einvernommen. Auch er betonte, dass er – genau wie sein Bruder – lediglich als normaler Vertriebspartner tätig gewesen sei. Und er ergänzte: „Eigentlich war fast jeder Kunde ein Vertriebspartner, denn die meisten haben eine Empfehlung ausgesprochen.“ Events seien immer von den Gründungspartnern organisiert worden und wenn der 29-Jährige oder sein Bruder auf einem dieser Events etwas präsentierten, dann sei das nur mit einem vorgefertigten Text und ohne Hintergrundwissen über das Geschäftssystem hinter EXW erfolgt, so die Aussage des Angeklagten.

„Kein luxuriöser Lebensstil“

Sein Lebensstil und der seines Bruders sei keinesfalls luxuriös gewesen, er hätte mit seiner Familie und der seines Bruders in einem Haus zusammengelebt, um sich die Mietkosten zu teilen. Als dem 29-Jährigen erste Zweifel an dem Vertriebssystem gekommen seien und er damit begonnen hätte, kritische Fragen an den Vertriebsleiter zu stellen, wäre er von den EXW-Gründern kontaktiert worden. Gegen ihn sei ein Hausverbot am Bürogelände ausgesprochen worden, auch das Auto aus dem Firmen-Fahrzeug-Programm hätte er sofort abgeben müssen. In weiterer Folge seien er und seine Familie – wie auch die seines Bruders – bedroht und erpresst worden.

Der EXW-Prozess war Ende September gestartet. Acht Angeklagten werden Anlagebetrug, Geldwäscherei und Pyramidenspiele vorgeworfen. Sie sollen 40.000 Opfern mindestens 14 Mio. Euro herausgelockt haben, die Gesamtschadenssumme könnte aber noch weit höher liegen.