Wer sich nicht dem Geburtsgeschlecht zugehörig fühlt, kann an Geschlechtsdysphorie leiden. Bei der Klärung der Frage „Wer bin ich und wer möchte ich sein“ setzen viele Transgender große Hoffnung in medizinische Eingriffe, die ihren Körper an das empfundene Geschlecht angleichen. An der Abteilung für plastische Chirurgie im Klinikum Klagenfurt wurden seit Herbst bereits fünf geschlechtsangleichende Operationen von Mann zu Frau durchgeführt.
Geschlechtsangleichung
Langjährige psychologische Begleitung
24 weitere Operationen stehen auf der Warteliste, sagt Michael Müller-Eggenberger, Facharzt für plastische Chirurgie am Klinikum: „In unserer Klinik werden nur Patienten und Patientinnen operiert, die vorher langjährig betreut werden, psychologisch, psychotherapeutisch, neurologisch und auch endokrinologisch, also hormonspezifisch.“
Ziel sei, niemanden zu operieren, der nicht tatsächlich an einer Geschlechtsdysphorie leide, der vielleicht andere Probleme habe, so Müller-Eggenberger. Erst dann bezahlt die Krankenkasse diesen nicht mehr rückgängig zu machenden Eingriff.
Operation dauert rund fünf Stunden
Die Operation dauert rund fünf Stunden. Matthias Raab, der Leiter der plastischen Chirurgie am Klinikum Klagenfurt, sagte, dass bei der Operation vom Mann zur Frau die Hoden und die Schwellkörper des Penis entfernt werden: „In weiterer Folge wird zwischen dem Mastdarm und der Prostata ein Raum geschaffen, der dann wie eine Vagina von der Länge und den Dimensionen her konfiguriert wird. In weiterer Folge wird dann auch die Harnröhre verkürzt, neu gesetzt und große und kleine Schamlippen, sowie eine Klitoris gemacht. Das macht man dann aus Teilen des Penis.“ Auch nach einer Geschlechtsangleichung müssen die Betroffenen lebenslang Hormone nehmen.
Expertin: Zielgruppe wird immer jünger
Die Psychotherapeutin Angela Angelika Teyrowsky begleitet Menschen auf ihrem Weg zur Geschlechtsangleichung. Sie sagt, die aktuelle Situation stehe stark unter dem Einfluss einer heftigen Jugendbewegung, wo Queer und Non-Binary, also nicht-binäres Geschlechtsrollenverhalten sehr dominiert und wo sich junge Menschen ganz stark suchen und versuchen sich zu verorten: „Sie haben daher auch den Wunsch, ihr biologisches Geschlecht zu verändern. Diese Zielgruppe wird immer jünger.“
Angelika Teyrowsky betonte die Bedeutung des Sechs-Augen-Prinzips bei der Begleitung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, bei dem Psychologen, Psychotherapeuten und Fachärzte gemeinsam Entscheidungen treffen. Auch die Familie spiele eine entscheidende Rolle, da bei unter 18-Jährigen die Zustimmung der Eltern für medizinische Schritte erforderlich ist. Es wird empfohlen, auch andere Familienmitglieder, Angehörige und Betreuungseinrichtungen einzubeziehen, wenn man zum Beispiel eine pubertätsblockierende Hormonbehandlung in Erwägung zieht.
Studiogespräch Geschlechtsangleichung
Vielfache Angebote für Begleitung und Beratung
Die Tendenz zu einer Geschlechtsangleichung weltweit zwischen 0,03 und 1,5 Prozent. Die Identitätsfindung in der Pubertät spiele eine große Rolle. Es werde unterschieden, ob jemand unter dem zwölften Lebensjahr – also präpubertär – schon eine Geschlechtsinkongruenz vorhanden gewesen sei. Es gebe aber auch Fälle, wo Kinder schon ab dem vierten Lebensjahr sagen, dass sie sich in ihrem Körper nicht wohl fühlen und sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen.
„Besonders genau hinschauen muss man, wenn es ab der Pubertät beginnt, bevor man medizinische Schritte setzt. Das kann eine Vielzahl von Ursachen haben: Identitätssuche, oppositionelles Verhalten, Depressionen“, soAngelika Teyrowsky. Es sei wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. In Klagenfurt gibt es Beratungsstellen wie INSIEME, ALLY und COURAGE, die Unterstützung bieten.