Angeklagte vor Gericht
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Gericht

Doppelmord: Lebenslang und Einweisung

Im Jänner 2022 hat eine 38-Jährige in Villach aus Eifersucht eine 43 Jahre alte Frau und deren fünfjährigen Sohn mit dem Auto angefahren und getötet. Am Freitag wurde sie am Landesgericht Klagenfurt wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft und Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum verurteilt.

Der Rumänin wurde vorgeworfen, im vergangenen Jahr in Villach aus Rache und Eifersucht eine 43-Jährige und deren fünfjährigen Sohn mit dem Auto angefahren und getötet zu haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Geschworenen waren einstimmig, mit acht zu null Stimmen kamen sie zu ihrer Entscheidung.

„Keine Milderungsgründe festgestellt“

Richter Manfred Herrnhofer, der Vorsitzende des Geschworenengerichts, erklärte in der Begründung die Strafhöhe: „Wir haben ausschließlich Erschwerungsgründe, aber keine Milderungsgründe festgestellt.“ Die Frau habe zwei Morde begangen und aus Rachsucht, einem niederen Motiv, gehandelt, so Herrnhofer: „Ein reumütiges Geständnis wäre ein Milderungsgrund gewesen, aber das hat es überhaupt nicht gegeben.“ Das Gericht habe einzig und allein eine lebenslange Haftstrafe als angemessen erachtet. Die Angeklagte meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab.

Anklage spricht von Persönlichkeitsstörung

Staatsanwältin Ines Küttler verwies in ihrem Anklagevortrag auf eine „kombinierte Persönlichkeitsstörung“ der Angeklagten und zeichnete das Bild einer rasend eifersüchtigen Frau. Sie hatte mit dem Vater des Buben eine Affäre, woraufhin die Beziehung des Mannes zur 43-Jährigen scheiterte. Die Beziehung zwischen dem Mann und der Angeklagten sei dann aber ganz und gar nicht glücklich gewesen, die Angeklagte sei körperlich und verbal aggressiv sowie kontrollsüchtig gewesen. Vor allem das gute Einvernehmen zwischen dem Mann und seiner ehemaligen Partnerin und deren Sohn habe sie maßlos gestört: „Der Bastard wird sterben“, habe die Angeklagte einmal über den Fünfjährigen geschrieben.

Angeklagte in Handschellen
APA/GERT EGGENBERGER
Die Angeklagte wird in den Gerichtssaal geführt

Staatsanwältin: Tötungsfantasien gegen andere Frau

„Der Hass war grenzenlos“, formulierte es die Staatsanwältin – im Dezember 2021 habe sie dann begonnen, ihre Tötungsfantasien konkreter werden zu lassen: „Sie hat sich über Tötungsmethoden informiert und schließlich für einen Anschlag mit dem Auto entschieden.“ Auf ihrem Handy markierte sie den späteren Tatort, eine schmale Straße vor dem Wohnhaus des Opfers. Am Tag der Tat im Jänner 2022 habe sie auf Mutter und Sohn gewartet, ihr Auto auf 60 km/h beschleunigt und die beiden frontal erfasst. „Die Opfer hatten keine Chance auszuweichen“, so die Staatsanwältin, beide starben noch an der Unfallstelle.

Kleidungsstücke der Opfer sind Beweismittel
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Die Kleidung der Opfer

Der Pflichtverteidiger der Angeklagten, Michael Hirm, hatte bereits im Vorfeld ein Geständnis angekündigt: „Meine Mandantin wird den Tötungsvorsatz nicht bestreiten.“

Angeklagte: Hätte ich Kind verpasst, hätte ich Frau verpasst

Mehrmals musste Richter Herrnhofer in der Einvernahme der Angeklagten die Frage nach dem genauen Tathergang stellen. Eigentlich sei sie von Bregenz nach Villach gefahren, weil sie mit ihrem späteren Opfer reden wollte, sagte diese.

„Aber dann habe ich mir Rechenschaft gegeben: Sie wird nicht mit mir reden, und das ist der Grund, warum ich sie überfahren habe.“ Ob sie beide töten wollte, fragte Herrnhofer und bekam zur Antwort: „Ja. Das Kind war auf ihrer Linie, hätte ich es verpasst, dann hätte ich sie verpasst.“ Und weiter: „Er (der Bub, Anm.) war ziemlich nah an ihr und in dem Augenblick hat es keine Rolle mehr gespielt, wen ich treffe. Aber es tut mir leid, hauptsächlich wegen dem Kind.“

Angeklagte schnitt sich nach Tat selbst

Nach der Tat hatte sich der Scooter des kleinen Buben unter dem Auto verkeilt, weshalb die Angeklagte nicht davonfahren konnte. Sie stieg aus dem Auto und fügte sich Schnitte am Hals zu. Auf ihrem Handy hatte sie jedoch die Route von Villach zum Flughafen Ljubljana eingestellt: „Nach dem Gespräch wollte ich nach London auf Urlaub“, begründete die Angeklagte. Und angesprochen auf die bei ihr diagnostizierte Persönlichkeitsstörung meinte sie: „Narzisstisch zu sein, das weiß ich nicht, ob ich das bin. Ich weiß nichts davon, dass ich irgendwelche Persönlichkeitsstörungen habe. Was ich aber weiß, ist, dass ich eine Depression habe.“

Recherche über Tötungsmethoden

Auch dass sie über Tötungsmethoden – von Brandanschlägen über das Auflösen in Säure – recherchiert und Informationen über Zurechnungsunfähigkeit eingeholt habe, bestritt sie nicht: Sie habe das aus Neugierde gemacht. Warum sie den späteren Tatort auf ihrem Handy markiert hatte, wisse sie nicht mehr.

„Wie bezeichnen Sie das Kind?“, wollte die beisitzende Richterin Sabine Götz wissen. „Bastard. Das ist ein Kind, das außerhalb einer Ehe gezeugt wurde“, antwortete die Angeklagte. „Man kann auch uneheliches Kind sagen, ist Ihnen bewusst, dass das vielleicht kein nettes Wort ist?“, hakte die Richterin nach. „Ja.“ Warum sie denn ein fünfjähriges Kind beschimpfe, und was das Kind für ihre Abneigung gegen die 43-Jährige könne? „Sie hat mich wütend gemacht. Wenn du wütend bist, dann denkst du nicht dran, wer daran schuld ist.“

Psychiater: Weitere Straftaten nicht auszuschließen

Gerichtspsychiater Peter Hofmann, der die Frau untersucht hatte, sprach sich für eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum aus. Ihre Persönlichkeitsstörung habe „durchaus eine schwerwiegende und lang anhaltende“ Dimension: „Es besteht die große Gefahr, dass sie erneut strafbare Handlungen mit schweren Folgen setzen wird. Auch ähnliche Straftaten wie die hier verhandelte sind nicht auszuschließen.“

Staatsanwältin Küttler meinte in ihrem Plädoyer, der Fall sei in mehrerlei Hinsicht außergewöhnlich und fordernd. Vor allem: „Dass ein unschuldiges, kleines Kind Ziel von so viel Hass wird, ist schwer zu verkraften.“ Sie verwies auf die Aussagen der Angeklagten vor dem Geschworenensenat und die Empathielosigkeit der Frau. Die einzige Person, die der Angeklagten leid tue, sei sie selbst: „Da ist es schwer, irgendwelche Milderungsgründe zu finden.“