Alma Zadic
APA/HELMUT FOHRINGER
APA/HELMUT FOHRINGER
Chronik

Causa Miklautz: Zadic ordert Bericht

Journalistenvertreter und Politik kritisieren das Vorgehen der Kärntner Staatsanwaltschaft gegen den Journalisten Franz Miklautz. Sie hatte sein Mobiltelefon und seinen Computer beschlagnahmen lassen. Aus dem Justizministerium hieß es, man habe bereits einen Berichtsauftrag an die Staatsanwaltschaft erteilt.

Die Staatsanwaltschaft hatte diese Woche Ermittlungen wegen des „Beitrags zu Verletzung des Amtsgeheimnisses und Verletzung des Datenschutzgesetzes“ aufgenommen, zugleich wurden Miklautz’ Computer und Mobiltelefon sichergestellt – mehr dazu in Ermittlungen gegen Aufdeckerjournalisten. Miklautz hatte über Misswirtschaft rund um das Klagenfurter Rathaus berichtet und dabei aus geheimen Unterlagen zitiert.

Zadic greift bei Causa Miklautz ein

Miklautz berichtete korrekt, aber für die Beteiligten peinlich, über Misswirtschaft im Rathaus, über den Projektkoordinator der Stadt Klagenfurt, Martin Strutz, und über Magistratsdirektor Peter Jost. Die Sachverhaltsdarstellungen, die deren Anwälte an die Staatsanwaltschaft schickten, sollen zeigen, dass Miklautz die Infos von Insidern bekommen habe. Es geht darum, ob das Amtsgeheimnis gebrochen wurde. Für den Journalisten gilt diese Verschwiegenheitspflicht allerdings nicht, im Gegenteil. Nur mit Informanten können Dinge aufgedeckt werden, die sonst im Verborgenen bleiben.

Büro Zadic: Berichtsauftrag erteilt

Aus dem Büro von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hieß es auf APA-Anfrage, dass man einen dringenden Berichtsauftrag an die Staatsanwaltschaft erteilt habe. Auf dessen Basis würden dann weitere Schritte gegangen. Die Datenträger und ihr Inhalt seien versiegelt worden und würden nun gerichtlich verwahrt, eine Auswertung sei bis zu einer gerichtlichen Überprüfung nicht möglich.

Die Pressefreiheit sei ein „unumstößliches Grundprinzip unserer demokratischen Ordnung“, betonte man weiters. „Sie stellt sicher, dass Journalistinnen und Journalisten frei arbeiten können und ihre Quellen geschützt werden. Das ist in einer Demokratie unerlässlich, damit Medien ihre Kontrollfunktion als vierte Gewalt im Staat und als Public Watchdogs ausüben können.“

Es sei Aufgabe aller Institutionen in einem Rechtsstaat, dafür zu sorgen, dass Journalistinnen und Journalisten diese Funktion ausüben können. Daher gebe es auch besondere rechtliche Bestimmungen wie das Redaktionsgeheimnis und die Pressefreiheit. „Diese Bestimmungen müssen von den Staatsanwaltschaften in jedem Fall geachtet und die Pressefreiheit geschützt werden“, so das Statement des Ministeriums.

„Rote Linien überschritten“

Das Vorgehen der Justiz sei ein frontaler Angriff auf das Redaktionsgeheimnis, rote Linien würden hier überschritten, teilten der Verein der Chefredakteur:innen und der Presseclub Concordia mit. Von Justizministerin Zadic forderten die Journalistenorganisationen eine rasche Prüfung der Causa. Die Journalistenvertreter wiesen im Zusammenhang mit der Causa auch auf die Dringlichkeit eines Informationsfreiheitsgesetzes hin.

Schwere Kritik äußerte auch die internationale Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF), die jährlich einen Pressefreiheitsindex herausgibt. „Die Vorgehensweise ist ein extremer Schlag gegen die Pressefreiheit. Wenn das Schule macht, müssen sich alle Journalisten fragen, ob sie künftig noch Informationen bekommen“, sagte RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell der APA.

Gegenüber dem ORF sagte Hausjell, er kenne keinen vergleichbaren Fall, das sei völlig überraschend: „Wenn das Schule macht, dann gute Nacht für den Journalismus, weil niemand mehr Journalisten vertrauliche Informationen zuspielen wird. Es ist skandalös, was hier passiert, eine völlige juristische Fehleinschätzung nach meiner Sicht.“

Forderung nach Abschaffung des Amtsgeheimnisses

„Es schreit danach, dass endlich das Informationsfreiheitsgesetz umgesetzt und das Amtsgeheimnis abgeschafft wird. Wenn das Vorgehen der Kärntner Staatsanwaltschaft durchgeht, obsiegt das Amtsgeheimnis über das Redaktionsgeheimnis.“ Hausjell verwies auf die bisherige höchstinstanzliche Rechtsprechung, die das Redaktionsgeheimnis im Zusammenhang mit der Pressefreiheit stark absichert, und stellte klar: „Das Redaktionsgeheimnis gilt selbstverständlich auch für Herrn Miklautz.“

Der Investigativjournalist hatte die Ermittlungen am Dienstag selbst in seinem Nachrichten-Blog öffentlich gemacht: „Da die von mir geschriebenen Storys vollinhaltlich stimmen und man mich medienrechtlich nicht belangen kann, versucht es die Gegenseite nun mit dem Strafrecht.“ Der Kärntner war in den vergangenen Monaten immer wieder mit Recherchen zum Klagenfurter Flughafen und dem Klagenfurter Rathaus aufgefallen.

Überstundenzahlungen veröffentlicht

Im konkreten Fall geht es um seine Veröffentlichungen zu Überstunden, Provisionen und Nebentätigkeiten im Klagenfurter Rathaus. Wie der Journalist berichtete, seien ihm elektronische Geräte abgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wollte das nicht bestätigen, laut Behörde habe es aber eine Anordnung zur Sicherstellung gegeben.

Große Aufregung herrscht auch in Kärnten. In sozialen Netzwerken gab es zahlreiche Solidaritätsbekundungen von Journalisten anderer Medien. Kritik kam auch aus der Politik. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) gab zwar selbst kein Statement ab, sein Pressesprecher Andreas Schäfermeier sagte aber gegenüber der APA, dass die Pressefreiheit ein hohes Gut sei.

„Es ist zu hoffen und zu erwarten, dass die Staatsanwaltschaft sich der Bedeutung der Pressefreiheit sehr genau bewusst ist und die entsprechende Sensibilität walten lässt. Jedenfalls ist das öffentliche Scheinwerferlicht sehr genau auf die Staatsanwaltschaft gerichtet“, so der Sprecher des Landeshauptmanns.

Kritik der Klagenfurter SPÖ

Auch der Klagenfurter Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) meldete sich zu Wort: „Auch wenn ich seine Einschätzungen nicht immer teile und mehr als einmal Ziel seiner kritischen Berichterstattung war, muss ich eines festhalten: Für Franz Miklautz steht sein Berufsethos als Journalist über allem, nur wenige Kolleginnen und Kollegen können ihm diesbezüglich das Wasser reichen. Die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft, die de facto dazu führt, dass Franz Miklautz seiner Tätigkeit als Investigativjournalist nicht mehr nachgehen kann, ist demokratiepolitisch mehr als bedenklich.“ NEOS-Parteichef Janos Juvan sprach von einem „Skandal“ und von einem „neuen ‚Stil‘, der massiv an Orbans Ungarn erinnert“.

Parlamentarische Anfrage der FPÖ

Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Christian Ragger richtete per Aussendung eine Parlamentarische Anfrage an Zadic. Ragger sagte, diese Maßnahme der Staatsanwaltschaft stehe in krassem Widerspruch zu Paragraf 31 Mediengesetz. Ihm zufolge habe jeder Journalist das Recht, seine Informanten zu schützen, und dieses Vorrecht dürfe auch nicht umgangen werden, indem man ihn zur Herausgabe von Datenträgern zwinge.

„Es muss triftige Gründe geben, das seit Jahrzehnten geschützte Redaktionsgeheimnis zu brechen. Es bestehen aber deutliche Zweifel, dass solche gravierenden Gründe bei dem Klagenfurter Journalisten tatsächlich gegeben sind.“ Daher richte er die Parlamentarische Anfrage an Zadic, in der sie dieses Übertreten des Mediengesetzes durch die Staatsanwaltschaft zu rechtfertigen habe, so Ragger.

NEOS: Forderung nach Aufklärung

„Die Justizministerin muss umgehend aufklären, warum man in Kärnten einen Journalisten, der Skandale aufdeckt, verfolgt“, forderte der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak. Die Pressefreiheit sei ein enorm wichtiges Gut in einer Demokratie und ein Grundrecht in Österreich – eine Justizministerin habe alles daranzusetzen, sie zu schützen. Einmal mehr verlangte NEOS eine unabhängige und vom Parlament mitbestellte Bundesstaatsanwaltschaft an der Spitze der Weisungskette.

Köfer: „Braucht Journalisten ohne Maulkorb“

„Die Pressefreiheit und das Redaktionsgeheimnis sind in einer modernen Gesellschaft ein zentrales und bedeutsames Gut sowie ein Fundament unserer gefestigten Demokratie und dürfen nicht angegriffen bzw. angetastet werden“, so Team-Kärnten-Chef Gerhard Köfer. Für ihn sind „die Medien zu Recht die vierte Säule im Staat und müssen ihrer Verantwortung und Aufgabe nachkommen können. Es muss auch Journalisten möglich sein, ohne Repressalien über Skandale, Korruptionsfälle und Ungereimtheiten zu berichten. Es braucht Journalisten ohne Maulkorb.“

Malle: „Per Weisung Vorgehen stoppen“

„Die Pressefreiheit über die Hintertüre auszuhebeln zu versuchen erinnert an das Vorgehen in diktatorisch geprägten Ländern. Dass so etwas in einem Rechtsstaat möglich sein kann, verwundert mich zutiefst. Die Justizministerin Alma Zadic ist aufgefordert, hier per Weisung unverzüglich dieses Vorgehen zu stoppen. Da darf es keinen Millimeter Spielraum geben. Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut und muss scheinbar immer noch geschützt werden“, so ÖVP-Klubobmann Markus Malle.