Jugendliche am Handy
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Gesundheit

Kinder warten zu lange auf Therapien

SOS Kinderdorf sowie Kinder- und Jugendpsychiater sind besorgt, weil die Wartezeiten auf einen Therapieplatz für Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen viel zu lange sind. Experten schätzen, dass mittlerweile 35 Prozent aller Kinder und Jugendlichen psychische Auffälligkeiten aufweisen.

Der Bedarf an psychiatrischer und psychotherapeutischer Versorgung sei so hoch wie nie, doch Therapieplätze auf Krankenschein fehlen. Die versprochene Abhilfe durch Psychotherapie auf Krankenschein habe die Situation nicht entschärfen können, so Wolfgang Wladika, Primar an der Abteilung für Kinder und Jugendpsychiatrie im Klinikum Klagenfurt. „Ich habe nicht das Gefühl, dass das wirklich angekommen ist, die Millionen, die versprochen wurden. Wir haben nach wie vor große Probleme in gewissen Bereichen, psychotherapeutische Unterstützung für Kinder und Jugendliche kostenlos zu bekommen.“

Wolfgang Wladika
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Wolfgang Wladika

SOS: „Eklatante Mangelversorgung“

Auch SOS Kinderdorf spricht von einer eklatanten Mangelversorgung in der Kinder- und Jugendmedizin durch zu wenige Therapie- und Kassenplätze. Dabei sei der Bedarf höher denn je. „Es braucht mehr Hilfe. Wir merken, wenn wir Therapeuten suchen, dass die Wartelisten lange sind. Man kann auch schwer sagen, wir wollen ganz konkret diese Therapierichtung haben, sondern man ist froh, wenn man den Therapieplatz bekommt“, so Silke Burkhart, die pädagogische Leiterin im SOS Kinderdorf Moosburg. Das Angebot sei nicht groß genug für den aktuellen Bedarf an Therapeuten.

Kinder warten zu lange auf Therapie

Einfluss neuer Medien

An vielen Kinder und Jugendlichen seien, befeuert durch die Pandemie und eine krisengebeutelte Gegenwart, regelrechte Identitätskrisen zu beobachten. Hinzu komme der ungebremste Einfluss neuer Medien und die stundenlange Nutzung des Handys. Kinder und Jugendliche seien Symptomträger eines ungesunden, weil zu schnelllebigen Systems. Die Flucht vor der Realität in die virtuelle Welt der sozialen Medien, die viele Kinder der Realität vorziehen, habe ganz reale Folgen, so Burkhart: „Der soziale Kontakt miteinander verliere an Qualität, wie man aufeinander zugeht, die Sprache verändert sich, die Empathiefähigkeit verändert sich.“

Probleme, mit denen junge Menschen derzeit viel zu lange alleine gelassen würden. Die Wartezeiten für stationäre Behandlungen seien noch länger. Sie betragen laut SOS Kinderdorf zwischen fünf und neun Monate. Für junge Menschen in Entwicklung eine halbe Ewigkeit.

Silke Burkhart
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Silke Burkhart

Christoph Schneidergruber, fachlicher Leiter der Ambulatorien im SOS Kinderdorf und Psychotherapeut in Villach, sagte als Studiogast bei „Kärnten heute“, er plädiere für mehr Zeit im realen Leben mit Freunden. Alarmzeichen für Eltern sei es, wenn sich das Kind stark verändere, dann sei es gut, sich Hilfe zu holen.

Interview Christoph Schneidergruber

Team Kärnten: Mehr Unterstützung nötig

Team Kärnten-Chef Gerhard Köfer appellierte in einer Reaktion, dass auch Kindern und Jugendlichen in Kärnten mehr an psychischer Unterstützung kostenlos zu Teil werde. Bund und Land wissen, dass zu wenige kassenfinanzierte Plätze zur Verfügung stehen. Diese müssen endlich ausgebaut werden, so Köfer.