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Gesundheit

Kinder-und Jugendpsychiatrie am Limit

Die CoV-Pandemie hat – laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation – vor allem bei Jugendlichen deutliche Spuren hinterlassen. Psychische Probleme nahmen zu, es fehlen aber Kassenstellen für Fachärzte. Die Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Klinikum Klagenfurt ist komplett ausgelastet.

Wolfgang Wladika, der Vorstand der Kinder und Jugendpsychiatrie im Klinikum Klagenfurt, sprach im ORF-Interview von nur schwer akzeptablen Zuständen. Die knapp 30 Betten auf seiner Station seien völlig überlastet, es fehle an niedergelassenen Ärzten und an Tageskliniken.

Bessere Bedingungen in anderen Bundesländern

Dazu komme laut Wolfgang Wladika auch noch die alles andere als lukrative Entlohnung von angehenden Fachärzten in Kärnten, die in ihrer fünfjährigen Ausbildung sind: „Da gibt es in anderen Bundesländern beträchtliche Vorteile. Eine bessere Abgeltung dieser Ausbildung mit Fortbildungstagen usw. da sind wir sicher nicht gut aufgestellt. Wir haben vier freie Stellen, was soll ich Ihnen sagen, das ist eine enorme Belastung und es fehlen draußen psychotherapeutische Behandlungskapazitäten. Das können wir in der Klinik aufgrund unserer Personalsituation nicht leisten.“

Essstörungen, Depressionen, Angstzustände

Abgesehen von den Ballungszentren Klagenfurt und Villach sehe man, dass im ländlichen Bereich- sowohl in Ober- als auch in Unterkärnten, Angebote fehlen. Und die Coronavirus-Pandemie verschärfte die Situation noch. Vor allem Essstörungen verbunden mit Depressionen und Angstzuständen hätten zugenommen, Mädchen würden mehr darunter leiden als Burschen.

„Es geht darum, dass die Betroffenen durch Corona die Kontrolle verloren haben. Das ist für äußerliche Krisen ein wesentlicher Auslöser. Dann wird versucht, innere Kontrolle zu gewinnen wie etwa durch die Nahrung, die ich mir zuführe. Wir haben wirklich bis zu doppelt so viele Störungsbilder.“ Die stationäre Behandlung von Jugendlichen auf seiner Station würde Monate in Anspruch nehmen.

Therapiezentrum komplett ausgelastet

Brigitta Lienbacher, Fachärztin für Kinder und Jugendpsychologie, leitet das psychosoziale Therapiezentrum in Villach,Zentrum, das erst im September eröffnet wurde, und schon jetzt mehr als ausgelastet ist: „Wir haben bisher 300 Kinder gesehen, die meisten mit Angststörungen und depressiven Verstimmungen. Wir sehen Perspektivlosigkeit, Verzweiflung, Zukunftsängste.“ Eltern seien oft hilflos den Kindern gegenüber, wissen nicht, was sie ihnen wie erklären sollen, wie es auf der Welt weiter geht, ob es wieder eine Pandemie oder Krieg geben wird. Kinder seien ein Spiegelbild der Eltern. Wenn sie nicht Halt geben könnten, dann mangele es auch den Kleinen an Farbe im Leben, so die Expertin.

Angebot muss ausgeweitet werden

Nicht jeder, der in Zeiten wie diesen ein Problem habe, sei psychisch krank, sagte Georg Spiel, der Gründer und Obmann von Pro Mente Kärnten. Als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie kritisiert er den drohenden Mangel an klinischen Psychologen in Kärnten: „Wir haben zu wenig Ausbildungsplätze für Kinder- und Jugendpsychiatrie, es werden zu wenig fertig. Und viele arbeiten dann nicht mehr im ursprünglich angestrebten Beruf, sondern sie gehen ins Ausland oder in Wahlarztpraxen.“

Das Angebot müsse jedenfalls ausgeweitet werden. Im Juni wird auch in Klagenfurt ein psychosoziales Therapiezentrum für Kinder und Jugendliche eröffnet, das kostenlos in Anspruch genommen werden kann.