Frau mit Hörer in Telefonseelsorge, davor ein Bildschirm mit den Worten: hier hört ein Mensch
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Soziales

Suizide unter Jugendlichen nehmen zu

Die Coronavirus-Pandemie wirkt sich zunehmend auf die seelische Gesundheit aus. Depressionen und auch Selbsttötungen haben deutlich zugenommen – und zwar vor allem bei Jugendlichen. 2021 nahmen sich acht junge Menschen zwischen 14 und 24 Jahren das Leben, weshalb die Kampagne „Wir helfen dir“ gestartet wurde.

2021 haben acht Menschen von 14 bis 24 Jahre Suizid in der Lockdown-Zeit begangen, weshalb die Initiative „Wir helfen dir“ gestartet wurde. Die Experten gehen davon aus, dass die Schulschließungen und damit einhergehende soziale Isolation unmittelbaren Einfluss darauf gehabt haben dürften.

Zum Vergleich: 2018 waren es elf Personen in dieser Altersgruppe, 2019 sieben Jugendliche, im Coronavirus-Jahr 2020 „nur“ zwei Personen zwischen 14 und 24 Jahren. Über eine Website wird Jugendlichen mit psychischen Problemen Hilfe angeboten. Neben Tipps und Lösungsvorschlägen in Krisensituationen gibt es auch einen Selbsttest. Franz Wutte, Leiter des Gesundheitslandes Kärnten: „Da sind 14 Fragen mit Ja oder Nein zu beantworten und wenn man eine gewisse Anzahl an Punkten erreicht, bringt dieses Tool die Anregung: Ruf die Nummer 142 an.“

Soziale Isolation durch Schulschließungen

Es gibt zwei Hauptrisikogruppen bei Suizid: Männer mittleren Alters (45 bis 55 Jahre) im ländlichen Gebiet, oft einsam, ledig oder geschieden, häufig komorbid alkoholkrank mit finanziellen Problemen sowie alte Männer (75+), die soziale isoliert sind und sich nicht mehr selber versorgen können, bzw. zusätzlich körperlich krank sind.

Insgesamt haben sich heuer in Kärnten bis dato 103 Menschen das Leben genommen. Normalerweise liegt die Verteilung in Österreich zwischen Männern und Frauen bei 3:1 bis zu 4:1. Im Covid-Jahr 2020 lag das Geschlechterverhältnis in Kärnten bei 7:1 Männer (80) zu Frauen (12), die Zahl war also insgesamt wesentlicher niedriger.

Zweites Coronavirus-Jahr brachte Anstieg

Seit Jänner 2018 gibt es in Kärnten eine Datenbank, in der alle Selbsttötungen tagesaktuell erfasst werden. Damit habe man die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf Suizide gut erfassen können, sagte Herwig Oberlechner, Vorstand der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Klagenfurt. Während die Zahl der Suizide im ersten Coronavirusjahr gesunken ist, zeigt sich heuer ein deutlicher Anstieg.

„Wir haben heuer bis zum 12.Dezember insgesamt 103 Suizide zu beklagen, wir werden das Niveau von 2019 vermutlich erreichen, wo wir 108 Suizide in Kärnten hatten, aber im Jahr 2020 – das ja schlechthin das Coronajahr war – hatten wir wesentlich weniger Suizide, es waren 92.“

Lockdowns wirkten sich dämpfend auf Suizidrate aus

Lockdowns hätten sich dabei dämpfend auf die Suizidrate ausgewirkt, so Oberlerchner. Im ersten Lockdown im letzten Jahr hat sich die Zahl der Suizide in Kärnten halbiert und es waren ausschließlich Männer, die sich das Leben genommen haben. „Auch jetzt, weil wir ja eine tagesaktuelle Statistik haben, im Oktober und November, wieder eine Halbierung der Suizidzahlen und wieder ist keine Frau unter den Suizidenten.“

Ambulatorien in Villach und Klagenfurt

Die Nummer der Telefonseelsorge ist ist rund um die Uhr mit Ansprechpartnern besetzt. Neben dieser neuen Kampagne will das Land im nächsten Jahr für psychisch Kranke auch ambulante Hilfe anbieten.

Gesundheitslandesrätin Beate Prettner: „Der Zeitplan sieht so aus, dass wir mit Anfang nächsten Jahres in Villach starten werden, für Kinder und Erwachsene ein Ambulatorium für psychische Erkrankungen zu öffnen und im Herbst nächsten Jahres soll dieses Projekt dann auch in Klagenfurt realisiert werden.“