Adler auf dem Landesgericht
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Gericht

Häusliche Gewalt: Opfer zogen Aussagen zurück

Dreimal ist es am Mittwoch am Landesgericht Klagenfurt um häusliche Gewalt gegangen. Angeklagt waren drei Männer, die ihre Frauen und teilweise auch die Kinder verletzt haben sollen. Trotz detaillierter Aussagen bei der Polizei zogen zwei Frauen ihre Aussagen zurück. Beide nahmen keine Prozessbegleitung in Anspruch.

Gegen fast 900 Gefährder wurde im Vorjahr in Kärnten ein Betretungsverbot nach Gewalt in der Familie oder in Beziehungen ausgesprochen. Drei von ihnen standen am Mittwoch vor Gericht. Doch in zwei Fällen zogen die weiblichen Opfer ihre Aussagen zurück. In einem Fall taten das auch die fünf Kinder. Bei der Polizei sagten noch alle, der Vater habe sie fast zehn Jahren lang geschlagen, getreten und gewürgt.

Prozesse häusliche Gewalt

Kostenlose Prozessbegleitung

Dem Gericht blieb am Mittwoch nichts anderes übrig, als den zehnmal vorbestraften Familienvater im Zweifel freizusprechen. Das passiere immer wieder. Dieses Zurückziehen aller Vorwürfe geschehe oft aus Angst und durch fehlende Prozessbegleitung. „Wenn die Opfer von Gewalt Prozessbegleitung erhalten, dann ist es so, dass der überwiegende Anteil der Betroffenen auch bei Gericht aussagt“, so die Leiterin des Gewaltschutzzentrums Roswitha Bucher.

Diese kostenlose Prozessbegleitung bekommen Frauen beim Gewaltschutzzentrum für das gesamte Strafverfahren. „Das heißt, man achtet darauf, dass die Opferrechte gewahrt werden, dass die Opfer auch wissen, was im Strafverfahren auf sie zukommt und wie es danach weitergeht, welche Möglichkeiten sie haben“, so Bucher.

Dokumentation der Verletzungen fehlt

In den Monaten zwischen Anzeige und Verhandlungstermin üben die Täter oftmals Druck auf die Opfer aus. „Man kriegt keinen Groschen oder die Kinder sind weg und du siehst deine Kinder nie wieder. Dass die Drohungen der Realität entbehren sind wichtige Informationen, die die Opfer brauchen, um zu überlegen, welche Schritte sie setzen können“, so Bucher.

Noch immer gewartet wird auf die von der Bundesregierung angekündigten Gewaltschutzambulanzen. Dort sollen Beweise der Taten, wie Fotos von Verletzungen, rasch gesichert werden. Auch bei den Prozessen am Mittwoch fehlten diese Dokumentationen der Verletzungen. Dem Gericht sind ohne diese Beweise, die Hände gebunden.

Beratung für Männer

Gewaltspirale dreht sich weiter

Aus der Erfahrung zeigt sich, dass sich die Gewaltspirale in den meisten Fälle weiterdreht. „Wenn Gewalt passiert ist, ist die Gefahr groß, dass es wieder zu Gewalt kommt. Die Frequenz und die Stärke der Gewalt verändert sich, sie wird immer stärker und passiert immer rascher hintereinander“, so Bucher.

Die verpflichtende Beratung von Gefährdern, die es seit eineinhalb Jahren nach Betretungsverboten in Österreich gibt, sei ein erster wichtiger Schritt, so die Fachleute. Sechs Stunden seien jedoch sehr wenig.