Es dürfte wohl nur mehr eine Frage von wenigen Wochen sein, bis Kärnten sein erstes Wolfsrudel hat – geht es zumindest nach den jüngsten Wolfssichtungen Dienstagfrüh im Oberen Drautal. Direkt neben der B100 konnten von aufmerksamen Autofahrern zwei Wölfe beobachtet werden.

Augenzeuge: „Scheu waren sie nicht“
Auch Joachim Mandl von der Straßenmeisterei Greifenburg nahm die Tiere wahr: „Als Streckenwart muss ich jeden Tag meine Strecke auf der B100 abfahren. Ich war von Greifenburg in Richtung Spittal unterwegs und sah zwischen Steinfeld und Gerlamoos zwei Wölfe gesehen. Ich dachte zuerst, es seien Rehe, weil sie größer als Hunde waren. Ich blieb stehen und sah, dass es Wölfe sind. Dann stieg ich aus und machte ein paar Bilder. Wir sahen uns gegenseitig groß an. Ich beobachtete sie etwa fünf Minuten lang. Sie waren nicht scheu und wanderten in kamotem Schritt in Richtung Spittal weiter.“
Der Vorfall ereignete sich um acht Uhr, mitten im Frühverkehr. Die Tiere waren zwischen dem Bahndamm und der B100 auf den Feldern unterwegs und wollten Richtung Gerlamoos weiter ziehen, so Mandl: „Ich dachte zuerst, dass sie die B100 queren möchten. Als ich stehen blieb sahen sie das und wichen zurück.“
Wolfssichtung im Oberen Drautal
Dieses Handyvideo von der Wolfssichtung machte Joachim Mandl
Vermutlich nicht einziges Wolfs-Paar
Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit habe es sich um zwei Wölfe gehandelt, sagt der Wolfsberauftragte des Landes, Roman Kirnbauer. Er geht auch davon aus, dass es ein weibliches und ein männliches Tier waren. „Nachdem die Ranz- bzw. Paarungszeit im Februar bzw. März stattfindet wäre es durchaus möglich“, so der Experte. Damit könnte auch bald mit Nachwuchs gerechnet werden – nicht nur von diesem Paar. „Welpen würden im Mai oder Juni geboren werden. Im Juli und August könnten wir dann feststellen, ob es tatsächlich Nachwuchs gab. Allerdings haben wir schon Sichtungsmeldungen nicht nur aus dem Unteren und Oberen Drautal, sondern auch aus anderen Ecken, dass zwei Wölfe zusammen gesichtet wurden.“ Das sei etwa im Gailtal der Fall. Wird tatsächlich Nachwuchs geboren, muss man pro Wurf mit vier bis sechs Welpen im Schnitt rechnen, sagt Kirnbauer.
Wild im Tal zieht Wölfe an
Dass sich die Wölfe derzeit vermehrt in den Tälern aufhalten, habe auch etwas mit dem Nahrungsangebot zu tun: „Das Rotwild steht im Talbereich, weil dort die Vegetation schon etwas fortgeschritten bzw. qualitativ hochwertige Nahrung verfügbar ist, was das Wild anzieht und mitunter auch den Wolf, weil er ja dort auf die Jagd geht, wo das Wild ist.“
Erste Vergrämung in Obervellach
Auch die Wolfssichtungen nahmen seit Jahresbeginn zu. Im Schnitt gelangen bereits einmal pro Woche Meldungen beim Land ein. Nach mehreren nachgewiesenen Rissen und Sichtungen ist zu Wochenbeginn in Obervellach nun erstmals ein Wolf nahe von Siedlungsgebiet vergrämt, also verscheucht, worden. Das ist der erste Schritt, den die Kärntner Wolfsverordnung bei so genannten Risikowölfen vorsieht.