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Politik

Impfpflicht: Scharfe Kritik an Mückstein

In der Regierungssitzung am Dienstag hat es heftige Kritik an Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) gegeben. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sagte, man fühle sich bei der Umsetzung der Impfpflicht im Stich gelassen, der Bund komme seinen Verpflichtungen bei der Umsetzung nicht nach. Auch andere Bundesländer seien erbost.

Die Landesregierung übte nach der Regierungssitzung scharfe Kritik an Gesundheitsminister Mückstein. Er betreibe bei der Impfpflicht Kindesweglegung, sagte Landeshauptmann Kaiser. Der Bund habe weder eine Einmeldeplattform noch ein bundeseinheitliches Impfregister eingerichtet. Auch datenschutzrechtliche Fragen seien offen.

Aktuelle Zahlen

Von Montag auf Dienstag gab es 2.057 Neuinfektionen, 22.983 Menschen sind aktuell infiziert. 1.122 Personen gelten binnen 24 Stunden als genesen. 147 Menschen sind hospitalisiert, um 15 mehr, davon 134 stationär und 13 intensiv.

Bundesländer über Vorgehen erbost

Die Länder seien nun gezwungen, eigenständige Lösungen zu finden, kritisierte Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ): „Als Bundesländer sind wir erbost über die Vorgangsweise des Ministeriums.“ Mückstein ignoriere seit Wochen Warnungen der Gesundheitsreferenten, was jetzt eine völlig chaotische Vorgangsweise und viele ungeklärte Fragen zur Folge habe. Die Gesundheitsreferenten aller Bundesländer versuchen seit 14 Tagen, mit dem Minister offene Fragen, fehlende Grundlagen, rechtliche Unstimmigkeiten zu klären.

Regierungssitzung: Schwerpunkt Impfpflichtgesetz

Seit Samstag ist das Impfpflichtgesetz in Kraft. Bei dessen Umsetzung fühlt sich die Landesregierung vom Bund, konkret vom Gesundheitsminister im Stich gelassen.

Bis Samstag sei man davon ausgegangen, dass der Bund über die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) eine zentrale Einmeldeplattform für Ansuchen zur Impfpflichtbefreiung installieren werde. „Am Samstag nach 21.00 Uhr ist dann ein Nein des Ministers bei uns Gesundheitsreferenten per Mail eingelangt. Die Installierung der Einmeldeplattform ist uns Ländern umgehängt worden“, so Prettner. Die Bundesländer müssten nun wieder Feuerwehr spielen und seien übereingekommen, in der Umsetzung der Plattform „einheitlich und zeitlich konform“ vorzugehen.

Kaiser: „Große Verunsicherung“

Landeshauptmann Kaiser sagte: „Ich halte es für notwendig, dass, bevor es zu irgendeiner ersten Strafe oder Sanktion kommt, die Verhältnismäßigkeit der Impflicht von einer dafür vorgesehen Kommission, die im Gesetz festgehalten ist, überprüft wird.“ Die Verunsicherung bei der Bevölkerung sei groß und das sinkende Vertrauen gefährde zudem wichtige und notwendige Maßnahmen. Die Impfpflicht sei laufend auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen. Dabei müssten immer unter anderem auch die neuesten Entwicklungen, Forschungsergebnisse und auch Erfahrungen anderer Länder mit einbezogen werden.

188 Infektionen in Heimen

Laut Prettner gibt es in den Pflegeheimen in Kärnten aktuell 188 Infektionen, 100 davon betreffen Bewohner. Die Verläufe seien durchwegs mild, das zeige, dass die Impfung wirke, so Prettner.

Für die rund 8.000 Beschäftigten in der Pflege, Behinderten- und Kinder- und Jugendhilfe habe das Land eine Lohnerhöhung von 2,7 Prozent beschlossen, dazu werde die Arbeitszeit um eine Stunde verkürzt.

Team Kärnten will Rücknahme von Impfpflicht

Team Kärnten-Chef Bürgermeister Gerhard Köfer forderte am Dienstag in einer Aussendung die Rücknahme der Impfpflicht. Aufgrund der aktuellen Entwicklung und auch bezugnehmend auf die fachlichen Ausführungen des Virologen Norbert Nowotny müsse man zum Schluss kommen, dass die Impfpflicht in dieser Form völlig unverhältnismäßig sei. Die Koalition auf Bundesebene befinde sich auf einem politischen Irrweg. Köfer ortet auch bei Landeshauptmann Kaiser einen radikalen Meinungsschwenk, was das Thema Impfpflicht betreffe. Er lasse anklingen, dass auch er die Sinnhaftigkeit hinterfrage, das sei überraschend.

FPÖ: Politischer Salto rückwärts

FPÖ-Obmann Erwin Angerer sagte, Kaiser und Prettner hätten die Impfpflicht tagelang bejubelt, alle Kärntner SPÖ-Abgeordneten hätten im Nationalrat und Bundesrat dem Gesetz zugestimmt. Nun fordern sie nur wenige Tage später plötzlich eine Prüfung, ob das Gesetz überhaupt noch notwendig sei. Das sei der spektakulärste politische Salto rückwärts in der Kärntner Landesgeschichte, so Angerer.