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Chronik

Unwetter: Pflichtversicherung gefordert

Kärnten rechnet nach den verheerenden Unwettern im November mit Schäden in dreistelliger Millionenhöhe. Nach wie vor sind gerichtlich beeidete Sachverständige und Schadensexperten der Versicherungen unterwegs, um die Fälle aufzunehmen. Die Versicherungswirtschaft fordert neuerlich eine Pflichtversicherung für diese Schäden.

Bis jetzt steht fest, dass die Schäden noch höher sind, als erwartet, weil erst jetzt alle Gebiete zugänglich sind. Der Schaden wird die bisher geschätzten zehn Millionen Euro erheblich überschreiten, sagte Gerhard Schöffmann der Vorstand der Kärntner Landesversicherung im Interview mit dem ORF. „Die Schäden sind gebietsweise ganz unterschiedlich. Während wir im Gurktal sehr stark von Hochwasserschäden betroffen sind, sind wir im Bereich Oberkärnten eher von Erdrutschungen, von Vermurungen und – wie sich erst im Frühjahr herausstellen wird – von Schneedruckschäden durch die enormen Schneemassen betroffen.“

Erdrutsch Reapraturarbeiten an haus
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Die Reparaturarbeiten werden noch länger dauern

Gegen Mure und Hochwasser nicht versichert

Die Frage, ob ein Schaden durch eine Mure oder einen Erdrutsch entstanden ist, kann entscheidend sein. Der Erdrutsch ist von der Versicherung meist gedeckt. Steht das Unwetterereignis aber in Verbindung mit einem Oberflächengewässer, könnte es sich um eine Mure handeln, die vom Versicherungsschutz durch Sturmversicherungen ausgeschlossen sind. Die Unterscheidung, das habe sich in der Praxis gezeigt, sei aber nicht so schwer, sagte Schöffmann. „Wir haben einige, aber nur vereinzelte, Erdrutschschäden. Unser größter Schaden beträgt beispielsweise bei einem einzigen Gebäude rund 350.000 Euro.“

Die Mitarbeiter und Sachverständigen der Versicherungen schätzen seit Mitte November die größeren Schäden vor Ort und sie versuchen „so schnell und so unbürokratisch wie möglich, Hilfe zu leisten“, sagte Schöffmann. Auf die Frage, ob die von Muren oder Hochwasser Betroffenen sich künftig durch eine Versicherung schützen könnten, sagte der Experte, gewisse Gefahren seien nicht versicherbar. „Wir hätten eine negative Risikoauslese, weil sich in Hochwasserzonen nur jene versichern lassen würden, die vom Hochwasser betroffen sind. Das würde ja einen Wiener, der im dritten Stock wohnt, überhaupt nicht interessieren.“

Vereiste Mure von Oben
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Die Erdmassen sind derzeit vereist, viele Schäden werden sich erst im Frühjahr zeigen

Vorschläge für Pflichtversicherung seit 15 Jahren

Hier könne eine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtversicherung helfen, sagte Schöffmann. „Da ist die Bundesregierung gefordert, die entsprechende Vorschläge, die seit mehr als 15 Jahren im Finanzministerium und im Bundesministerium für Justiz liegen, um zu setzen. Dann könnten aus den Bittstellern, die sich jetzt nur an den Katastrophenfonds wenden können, auch Anspruchssteller werden, die voll entschädigt werden, so wie das im Fall eines Erdrutsches, beim Schneedruckschaden und beim Sturm der Fall ist.“ Auch der Makler Christian Kucher forderte eine bundesweit einheitliche Pflichtversicherung.

Es gebe Modelle für eine solche Versicherung in Frankreich und in der Schweiz, sagte Schöffmann. Die Versicherung sei gegen eine „sehr geringe Prämie“ an die Feuerversicherung angebunden. „Das richtet sich auch nach den Zonen, aber bei Eigenheimen sprechen wir da von 20 bis 50 Euro pro Jahr. Damit würde eine voller Anspruch auf Gewährleistung entstehen, ähnlich der Hagelversicherung bei den Bauern. Die Entschädigung würde dem Neuwert entsprechen.“ Derzeit könnten Unwetteropfer nur mit einem Teil des Zeitwertes rechnen, den der Katastrophenfonds abdecke, sagte Schöffmann.

Mehr Unterstützung durch Nothilfswerk

Jeder Versicherung liegt eine Risiko- Analyse zu Grunde, ein Fagebogen der auch Auskunft gibt, ob die Anwesen in gefährdeten Gebieten oder gar in roten Zonen liegen. Sollte es jetzt, wie vom Land gefordert, zu einer Neubewertung dieser Gefahrenzonen kommen, dann müssten auch bestehende Verträge neu bewertet werden. Bei einer Umstufung in eine andere Gefahrenzone, bestehe eine Meldepflicht, heißt es von den Versicherungen.

Nach dem Sturmtief Detlef sollen am Dienstag in der Regierungsssitzung die Richtlinen des Nothilfswerkes geändert werden. Der zuständige Referent Daniel Fellner (SPÖ) will, dass der Weg zu Unterstützung für Weggemeinschaften und Bringungsgenossenschaften leichter wird. Bisher mussten dazu alle Mitglieder Einkommensnachweise vorlegen. Weg und Bringungsgemeinschaften werden damit Agrargemeinschaften gleichgestellt. Die Einkommensgrenze für Unterstützung aus dem Nothilfswerk soll bei Einzelpersonen von 35.000 auf 38.000 Euro Jahreseinkommen erhöht werden.