Gletschersee mit Pasterze im Hintergrund
ORF
ORF
Wissenschaft

Permafrostböden tauen und verändern sich

Permafrostböden sind dauerhaft gefrorene Böden, in manchen Gebieten der Welt können sie bis in 1.500 Meter Tiefe reichen. Es gibt sie auch im Kärntner Gebirge. Taut die oberste Schicht auf, kann es zu Problemen wie Steinschlag und im Siedlungsgebiet auch zu Gebäudeschäden kommen. Außerdem werden durch das Auftauen CO2 und Methan frei gesetzt.

Claudia Dojen ist die Leiterin der Abteilung Erdwissenschaften im kärnten.museum: „Der Permafrost, bzw. Permafrostboden oder Dauerfrostboden ist ein dauerhaft gefrorener Boden. Dauerhaft meint mindestens zwei Jahre, ohne dass er wirklich auftaut, sodass es kein freies Wasser gibt.“

Frost bis in große Tiefen

Wer glaubt, man findet diese Art von Boden nur im hohen Norden, irrt: „Zwar gibt es die größte Verbreitung natürlich in der nördlichen Hemisphäre, etwa ein Viertel der Landfläche in der nördlichen Hemisphäre wird dazu gerechnet. Aber auch bei uns in den Bergen gibt es Permafrost. Ab ungefähr 2.500 Meter Höhe, 2.400 schattseitig oder 2.700 sonnseitig, wobei sich das mit der Klimaerwärmung sicherlich verschieben wird. Ab dort ist es so kalt, dass sich Dauerfrostboden bilden kann.“

Die Tiefe sei sehr unterschiedlich, auch davon abhängig, wann der Permafrost gebildet wurde: „In Sibirien spricht man von ungefähr 1.500 Metern Tiefe, die dieser Permafrost erreichen kann.“

Permafrost in Schächten

Anders die Lage in Kärnten: „Wir haben ein sehr schönes Beispiel im Eiskeller bei Gotschuchen im Rosental. Dort haben wir einen Permafrost in einer Tiefe bis zu 20 Metern. 15 bis 20 Meter sind errechnet, es ist modelliert, man kann es noch nicht nachweisen. Die Erstreckung ist ungefähr 500 Meter in der Länge und dort gibt es eben tollen Permafrost, den man auch in einem Schacht bewundern kann.“

„Man könnte es seismisch nachprüfen lassen, aber eine seismische Untersuchung kostet natürlich Geld und dann ist die Frage, nur um die Neugierde zu befriedigen, braucht man es vielleicht nicht unbedingt machen. Aber es wäre toll, es würde uns schon sehr interessieren.“

Bröckelndes Gestein in den Karawanken
ORF
Wenn Eis schmilzt bröckeln Berge

Schnee schadet Dauerfrostböden

Neue Permafrostböden können in der Theorie jederzeit wieder entstehen, so Dojen: „Die jüngsten Permafrostböden, die wir kennen, sind aus der kleinen Eiszeit, also aus dem ausgehenden Mittelalter, entstanden.“ Schnee ist nicht förderlich für den Permafrostboden: „Der Schnee hält ja letztendlich den Frost doch ab. Man kennt das von Pflanzen. So eine gewisse Schneedecke schützt, oder auch ein Iglu schützt im Inneren und hält warm. Um den Boden gefrieren zu lassen, ist frei zugängliches Wasser eben sehr wichtig.“

Oberste Schicht taut auf und setzt CO2 und Methan frei

Es gebe eine sogenannte Auftauschicht, die obersten Zentimeter, die könne sich verschieben: „Genau das ist das Problem am Permafrost, wenn der oben auftaut, dann werden dadurch Kohlenstoffverbindungen frei, die vorher genau in dieser Zone auch gebildet wurden. Wenn er im Sommer auftaut und verrottetes Pflanzenmaterial vorhanden ist, wird daraus Kohlendioxid oder Methan gebildet und in der nächsten gefrierenden Phase wird es eingefroren. Das spielt sich so lange ab, bis sich dann in der Tiefe immer mehr Methan ansammelt oder konserviert wird. In dieser Auftauschicht wird es immer neu gebildet." Wenn es wärmer werde und die Auftauzone größer werde, entweichen wiederum das vorher eingefrorene Methan und Kohlendioxid.“

Das gelange in den freien Kohlenstoffkreislauf, bilde dort die Treibhausgase, die wiederum verhindern, dass Wärme an die Atmosphäre abgegeben werde: „Das heißt, immer mehr Wärme bleibt auf der Erde zurück und es wird wärmer.“

Der CREEL Permafrosttunnel bei Fairbanks in Alaska dient der Erforschung der verschiedenen Bodeneisformen und kann auch touristisch besichtigt werden
Der CREEL Permafrosttunnel bei Fairbanks (Alaska) dient der Erforschung der verschiedenen Bodeneisformen und kann auch touristisch besichtigt werden

Auswirkungen der Freisetzung unklar

Die Wissenschaft interessiert sich für bestimmte Eigenheiten der Permafrostböden, so Dojen: „Es gibt verschiedene interessante Aspekte. Zum einen natürlich die Konservierung von Mammuts und Ähnlichem. Die finden wir nämlich genau da. Zum Zweiten aber ist natürlich die Frage, wie wirken sich Kohlendioxid und Methan aus. Wie können wir es vielleicht aber auch nutzen?“ Die Wechselwirkungen seien aber so groß, dass die Modellierungen zu diesem Thema noch sehr in den Kinderschuhen stecken.

„Die Frage ist zum einen, wie viel Kohlendioxid und Methan ist überhaupt gebunden. Man kann ja nicht einmal nachschauen gehen, das muss man irgendwo berechnen. Lange hat man gedacht, dass es nicht sehr viel sein wird, weil die Pflanzendecke ja relativ gering ist und dementsprechend natürlich auch die Zahl oder die Menge an gebildeten Kohlenstoffverbindungen gering sein müsste. Aber über die Jahrtausende sammelt sich natürlich eine Menge zusammen.“

Die zweite Frage sei dann, was passiert, wenn es auftaucht. „Es gibt eben auch mehr Vegetation. Mehr Vegetation heißt wiederum, dass Kohlenstoff gebunden wird. Also könnte es in der Theorie sogar dazu kommen, dass der Auftauen der Permafrost wieder zu einem kühlenden Effekt wird.“

Sendungshinweis:

Erlebnis Natur; 27.11.2023

Auftauender Boden wird instabil

Das Auftauen der Permafrostböden hat sehr unmittelbare Auswirkungen auf die Menschen, die dort leben: "Auf diesen Böden sind Straßen gebaut, Häuser gebaut, Pipelines für Gas haben wir dort. Es wird eine große Problematik geben, wenn dieser Permafrost auftaut, denn er wird natürlich instabil. Er wird matschig, alles versinkt, Gebäude, die drauf sind, fangen an zu brechen. Das heißt, für die Menschen, die dort wohnen, für größere Gebäude vor allen, wird es sehr problematisch. Man fängt schon an, dass man darüber nachdenkt, nur noch kleinere Gebäude auf diesen Flächen zu bauen.

Permafrostboden weise keine mikrobiellen Aktivitäten mehr auf, deswegen speichere er Kohlenstoff. Im Prinzip wie ein Tiefkühltruhe: „Wir machen das gleiche, wenn wir etwas konservieren wollen. Irgendetwas kommt in die Tiefkühltruhe, da kommt weder Sauerstoff noch Mikroben, Bakterien heran, das ist sicher. Wir holen es dann raus oder die Tiefkühltruhe geht kaputt, dann taut alles auf und dann haben wir sofort Aktivitäten“, so Dojen.

Blockgletscher sind Dauerfrostböden

„Es gibt drei Arten von Permafrost, die wir in den Alpen oder Gebirgszügen finden. Das eine sind die Blockgletscher. Hier habe ich eine ähnliche Form wie bei einem Eisgletscher, in dem wir gefrorenes Wasser mit sehr viel Steinmaterial haben, das sich bergab wälzt. Häufig in so einer zungenartigen Form wie bei einem Gletscher. Daran ist das im Gelände tatsächlich ganz gut zu erkennen. Einer der größten aus den Hohen Tauern finden wir im Dösental zum Beispiel.“

Eis dient als Kleber

Weitere Permafrostböden gebe es im Hangschutt. Auf Hängen auf der Schattseite werden das Wasser und die Steine gemeinsam gefroren: „Das Eis ist quasi ein Klebstoff, der die Berge zum Teil zusammenhält. Ganz deutlich sieht man das beim Sonnenblick beim Observatorium. Dort sind schon vor fast zehn Jahren Stahlbetonträger oder Pfeiler eingebaut worden, weil dort in den Spalten das sogenannte Spaltenpermafrost auftaut und der Berg dadurch auseinanderbricht.“

Ein Rückgang der Permafrostböden in den Bergen erhöht zum Beispiel die Steinschlaggefahr. „Global rechnet man damit, dass bis zum Jahr 2080 oder 2100 bis zu ein Drittel der Permafrostböden aufgetaut sein könnten. Aber das sind eben Modellierungen, es gibt so viele Wechselwirkungen, dass das sehr schwer einzuschätzen ist.“