Anna Baar
Johannes Puch
Johannes Puch
Kultur

Anna Baar: „He, holde Kunst“

2015 ist Anna Baars Debütroman „Die Farbe des Granatapfels“ erschienen, 2022 hielt sie beim Bachmannpreis die Rede zur Literatur, 2023 wurde sie mit dem Großen Österreichischen Staatspreisgeehrt. Nun kam das neue Buch der Kärntner Schriftstellerin „He, holde Kunst“ heraus.

„Vater liebte Schubert. Auf unseren Autofahrten spielte er seine Lieder, weil er wahrscheinlich glaubte, den Kunstsinn des Kindes zu fördern, das auf dem Rücksitz fletzte und tausend Tode starb, sobald der Erlkönig dran war. Fragte man mich nach der Herkunft, ich müsste wohl behaupten, ich komme von Schubert, Cave, Cohen und so weiter.“

So lautet ein Auszug aus dem neuen Buch von Anna Baar – ein Beweis für die Wirkkraft der besagten Autofahrten. Der Buchtitel darf als eine Hommage an einen Liedtext des österreichischen Komponisten Franz Schubert gedeutet werden, in dem es „Du, holde Kunst“ heißt.

Dekade der Sinneseindrücke textlich aufgearbeitet

Angestoßen wurde das neue Buchprojekt von Auftragsarbeiten aus dem letzten Schaffensjahrzehnt, so Baar: „Ich habe mir gedacht, das würde passen, wenn man sie so arrangiert, dass man sich mit dem Gehörten, mit dem Gelesenen und mit dem visuell Aufgeschnappten und überhaupt allem, was so sinnlich auf mich hereingerauscht ist, beschäftigt. Das war der Grund, warum es dieses Buch gibt.“

Ist Wortkunst tatsächlich limitiert?

Überrascht hat Baar bei der Erarbeitung des Buches, wie bedeutend die Musik für ihre künstlerische Entwicklung war. „Das ist mir sehr bewusst geworden ist, wie stark die Musik prägend war und dass sie tatsächlich die erste Kunstsparte war, die in meinem Leben eine große Rolle gespielt hat. Dass ich offenbar sehr aufs Hören geprägt bin. Das fließt in die schreibende Arbeit ein.“

„He, holde Kunst“ gibt nicht nur Einblicke in die künstlerische Sozialisation der Autorin, sondern möchte auch die verschiedenen Kunstsparten differenziert betrachten und auch einen möglichen Nachteil der Wortkunst gegenüber der Musik und der bildenden Kunst skizzieren: „Ich habe immer das Gefühl, man müsste es deutlicher sagen können, was in einem da herumgespenstert, aber es geht halt nicht.“ Weil Musik und bildende Kunst ohne Worte auskommen, würden Räume angesprochen, die jenseits der Begriffe liegen, so Baar.

Plädoyer für Diversität in der Kunst

Letztlich darf ihr neues Buch aber auch als ein Plädoyer für die Kunst begriffen werden, die, so fürchtet die Autorin, sich zunehmend weniger traue: „Kunst ist ja sehr brav geworden. Natürlich – durch die Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche schauen wir ja sozusagen uns Kunst an, die sehr oft fragt, was die wollen, die Brotgeber sind und gewisse Normen festsetzen. Leider.“ Ein Aufruf der Autorin also: Zur Diversität in der Gesellschaft und folglich auch in der Kunst.