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Chronik

Tödlicher Unfall: Sehbeeinträchtigter verurteilt

Ein 77 Jahre alter Kärntner ist am Mittwoch am Landesgericht Klagenfurt wegen grob fahrlässiger Tötung zu einem Jahr bedingter Haft und 4.500 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Trotz einer Seh-Wahrnehmungseinschränkung infolge eines Schlaganfalls fuhr er mit dem Auto und verursachte in Spittal/Drau einen Verkehrsunfall, bei dem ein Mann starb.

Laut Anklage war der 77-Jährige bei dem Unfall im Sommer 2022 zu schnell unterwegs. Laut einem Gutachten fuhr er 52 Kilometer pro Stunde, erlaubt wäre Tempo 30 gewesen. Auch ein Warnschild „Mäharbeiten“, sowie ein aufgestelltes Gerät mit Warnblinker brachten den Pensionisten nicht dazu, auf die Bremse zu steigen. Es kam zur Kollision mit einem der Arbeiter. Bei Unfallzeugen sorgte für Unverständnis, dass der Lenker auf den Bauhof-Mitarbeiter, der von links über die Straße gegangen sei, nicht reagierte, nicht auswich oder bremste.

Angeklagter uneinsichtig

Der Angeklagte war vor seiner Pensionierung selbst Mitarbeiter der Stadt, er kannte den Getöteten. Er sagte im Juli bei der ersten Verhandlung vor Gericht, er habe eine Person auf der rechten Böschung gesehen, dann habe es schon „den Klescher“ gegeben. Der Unfall sei „Schicksal“ gewesen. Ein Kollege des Opfers gab zu Protokoll, der Angeklagte habe nach dem Unfall zu ihm gesagt: „Der Tocker ist mir reingelaufen.“ Forderungen der Witwe und der Kinder des Opfers nach Schadenersatz, Ersatz der Begräbniskosten und Trauerschmerzengeld wies der Angeklagte zurück. Er gab aber an, teilweise geständig zu sein. Dem Urteil zufolge muss er trotzdem 500 Euro bezahlen.

Der Angeklagte hat seit einem Schlaganfall 2015 eine Gesichtsfeldeinschränkung. Vorgelegt wurden Arztbriefe, die dem Angeklagten eine Beeinträchtigung der Wahrnehmung auf der linken Seite attestieren und vom Autofahren eindringlich abraten. Auch am Mittwoch, dem zweiten Verhandlungstag, stellte der 77-Jährige eine bleibende Beeinträchtigung in Abrede. Nach dem Schlaganfall habe man ihm abgeraten zu fahren, das sei richtig. „Eine Zeit lang bin ich nicht mit dem Auto gefahren, ein paar Monate. Dann war es meines Erachtens wieder normal, wie immer. Nach meinem Befinden hat sich das so gebessert, dass ich keine Einschränkung mehr habe.“ Eine als Sachverständige geladene Augenärztin sagte, Gewöhnung und Anpassung bei Ausfällen sei möglich. „Subjektiv sehen viele gut, die schlecht sehen.“ Kein Arzt habe ihm gesagt, dass er eine neuerliche Untersuchung und ein ärztliches Ok brauche, bevor er wieder fahren dürfe, so der Angeklagte. „Ich bin seit 2015 unfallfrei gefahren.“

Fahruntüchtigkeit offenbar nicht explizit thematisiert

Die Augenärztin des Angeklagten und sein praktischer Arzt – beide hatten ihn vor dem Unfall behandelt – konnten sich am Mittwoch im Zeugenstand nicht explizit an Gespräche mit dem Angeklagten über dessen Fahruntüchtigkeit erinnern. Seine Augenärztin habe gewusst, dass er fahre, und habe nichts gesagt, hatte der Angeklagte gemeint. Die Augenärztin sagte, ihre Assistentin frage wegen der Augentropfen für die Untersuchung jeden Patienten, ob er mit dem Auto da sei. Der Führerschein wurde dem Pensionisten erst nach dem tödlichen Unfall abgenommen.

Richterin Claudia Bandion-Ortner sagte in der Urteilsbegründung, allein die Geschwindigkeitsübertretung in der Gefahrenzone bedeute eine grobe Fahrlässigkeit. „Die Gesichtsfeldeinschränkung war offenbar der Grund, dass Sie den Mann nicht gesehen haben.“ Mehrere Komponenten kämen zusammen. Verteidiger wie auch Staatsanwalt gaben keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.