Seit etwas mehr als einem Jahr ist Andreas Kuchler Direktor. Die Sonderausstellung „Geschichte trifft Zukunft“ ist ein sehr passendes Motto für seine vielen Zukunftspläne: „Wir beschäftigen uns nicht nur mit der Vergangenheit sondern stellen auch zukunftsoffene Fragen an unsere Besucherinnen und Besucher. Ein Beispiel dafür ist die Abstimmung über den Umgang mit belasteten Straßennamen.“
Die Etrichstraße wurde nach dem Piloten, Flugzeugkonstrukteur und NSDAP-Mitglied Ignaz Etrich benannt, der ein überzeugter Nationalsozialist war. Die Straßenbenennung erfolgte 1987. Betroffen ist auch der Felix-Dahn-Weg, bereits 1939 nach einem Wegbereiter des Nationalsozialismus benannt. Gleich daneben hängt allerdings auch die Villach-Karte, die zeigt, dass diese beiden Straßen längst nicht die einzigen sind.
Besucher können mitmachen und ausprobieren
Gleich gegenüber befindet sich die Topothek voll mit Privatfotos. Jeder kann hier mitmachen und dafür sorgen, dass dieses digitale Gedächtnis Villachs immer größer und damit noch interessanter wird. In fast jedem Raum gibt für Menschen jeden Alters Angebote zum Mitmachen und zum Ausprobieren. High-Tech macht es möglich, dass ein Skelett im Boden sichtbar wird. Ein hochauflösendes Mikroskop sorgt bei den Mineralien zusätzlich für Spaß. Kurator Kuchler lädt außerdem dazu ein, eigene Schätze mit ins Museum zu bringen.
Auch sonst geht er neue Wege: „Wir haben Frau Doktorin Roberta Rio beauftragt, auf Basis ihrer Topophilia Methode den Museumsstandort zu analysieren und zu beleuchten, was in den letzten 400 Jahren passiert ist. Es kehren verschiedene Muster wieder, wie, dass das Museum eine starke Verbindung zum Veneto und Friaul hat. Durch die Lage an der ehemaligen Handelsstraße zwischen Venedig und Salzburg aber auch durch den Gründer Carl Andreas Picco, der aus Italien stammt.“
Sammler begründete heutiges Museum
Picco war Baumeister und ein begeisterter Sammler. Auf seiner Schenkung 1873 basiert das Villacher Stadtmuseum. Seine Büste ist gleich am Anfang der Ausstellung zu sehen. Zu sehen ist auch ein Interview mit einem seiner Nachfahren. Heute beherbergt das Museum eine sehr umfangreiche Sammlung, so Kuchler: „Das Museum Villach beherbergt im Depot und im Archiv rund 56.000 Objekte. Wenn man Ausstellungen plant, ist es immer eine Kunst des Weglassens. Wir zeigen zwei Prozent der Objekte in der Ausstellung, das sind nur die besonderen Exponate.“
Nicht fehlen dürfen die archäologischen Funde aus der Region. Uralte wunderschöne Glasgefäße, Scherben und der Schädel eines Hundes, der rund 300 Jahre vor Christus lebte. Dazu kommt eine Grabungsstelle, die zeigt, dass oft viel harte Arbeit notwendig ist, bis es zu einem außergewöhnlichen und gut erhaltenen Fund kommt.
Zeitkapsel im zweiten Stock
Eine Zeitreise der besonderen Art kann man derzeit noch im ersten und zweiten Stock des Stadtmuseums machen. Wie in einer Zeitkapsel ist hier eine sehr klassische Museumsgestaltung zu sehen. Die wunderbaren Bilder hängen an der Wand und die wertvollen archäologischen Funde liegen in den auch schon in die Jahre gekommenen Vitrinen. Das werde sich aber sehr bald ändern, sagte Kuchler: „Aktuell wird die Schausammlung umgebaut, ab 5. Juli werden in diesem Bereich fünf neuen Stationen integriert. Als Bühne für Villacher Institutionen.“
Digitale Ergänzungen der Ausstellung
Im Erdgeschoss erzählen zwei Figuren von antiken Steinen ihre Geschichte. Plötzlich sind sie bunt und können sprechen. So schaut man vielleicht auch auf die ausgestellten Steine noch einmal anders hin und entdeckt ihre Schönheit. Nicht alle Neuerungen sind digital, eine besonders schöne befindet sich direkt auf der Stadtmauer.
Hier entsteht ein kleines, frei zugängliches Freiluftmuseum. Mitten in der Stadt und sehr grün: „Wir haben andere Vermittlungsformate zur Verfügung als noch vorn zehn oder 15 Jahren. Wir bedienen uns der künstlichen Intelligenz und haben die gesamte Sonderausstellung in Deutsch und Englisch aufgebaut. Wir wollen barrierefrei für neue Gäste mit nicht deutscher Muttersprache sein“, sagt Direktor Kuchler.
Ausbau zum Ganzjahresbetrieb gewünscht
Kuchler will sich auf dem Erreichten aber nicht ausruhen und hat viele neue Ideen. Die Umsetzung hängt jedoch, wie so oft, von den entsprechenden finanziellen Mitteln ab: „Mit einer großen Investition könnte man da Haus ganzjährig öffnen. Es gibt dazu ein Bekenntnis der Stadt und mehrere Varianten. Eine weitere Vision wäre, das Thema Science mehr ins Bild zu bringen, um den Hochtechnologiestandort Villach in der Innenstadt sichtbarer zu machen.“
Bereits zu sehen ist die neue Ausstellung zur Stadterweiterung von 1973. Vor 50 Jahren wurden die Gemeinden Landskron, Fellach und Maria Gail eingemeindet. Alle drei lehnten diesen Schritt anfangs vehement ab. Am Ende waren jedoch die Vorteile für alle Beteiligten größer. Villach wurde damit erstmals zu einer Stadt mit mehr als 50.000 Einwohnern und das brachte erhebliche Vorteile, so Kuchler: „Daraus bekam Villach mehr Bedarfszuweisungen von Bund und konnte in die Infrastruktur investieren.“ Derzeit ist das Museum der Stadt Villach bis 5. November geöffnet und geht dann in die Winterpause.