In einem leeren Lokal stehen Stühle am Tisch
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Wirtschaft

Gewerkschaft für höhere Löhne in Tourismus

In Kärnten sind tausende Stellen in der Tourismusbranche offen. Geeignetes Personal ist kaum zu finden. Die Gewerkschaft fordert eine Erhöhung der Kollektivlöhne. Es geht aber nicht nur um Geld, sondern auch um Freizeit und Wertschätzung.

In Hotellerie und Gastronomie werden derzeit 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Die Dynamik ist hier nicht besonders groß, die Anzahl der offenen Stellen ist im Vergleich zum Sommer des Vorjahres fast gleichbleibend. Aus Sicht des Arbeitsmarktservice gibt es verschiedene Gründe dafür. Mit einer Vier-Tage-Woche, angenehmem Umfeld und auch mit Überzahlung des Kollektivvertrages versuchen viele Gastronomen, Personal zu bekommen. Das gelingt teilweise auch. In der Coronavirus-Pandemie fanden aber viele Fachleute aus dem Fremdenverkehr und der Gastronomie andere Jobs.

Grafik offene Stellen nach Berufen
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Gewerkschaft: Lohn an Armutsgrenze

Eine Studie der WKO ergab, dass 87 Prozent der Betriebe schon mehr zahlen, als es der Kollektivvertrag vorsieht. Heimo Mauczka, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft vida, zweifelt aber an dieser Zahl. Die Frage sei, ob es sich wirklich um eine Überzahlung handle oder etwa um eine Überstundenpauschale und man bekomme am Ende des Tages das, was der Kollektivvertrag ohnehin vorsehe. Und wenn wirklich alle mehr zahlen, sollte es kein Problem sein, das auch im Kollektivvertrag festzumachen.

Der Mindestlohn beträgt 1.629 Euro brutto in der untersten Lohngruppe. Für Andreas Gollner von der Gewerkschaft vida ein Lohn an der Armutsgrenze. Die gesamte Branche müsste ihre Hausaufgaben machen. Er wünsche sich Erhöhungen der Mindestlöhne auf deutlich über 1.700 Euro.

Trinkgeld fließt nicht in „Arbeitslose“ ein

Ein wesentlicher Faktor ist – wegen des nicht sehr hohen Gehalts – auch das Trinkgeld. Bis jetzt wird das Trinkgeld in Österreich nicht für die Berechnung des Arbeitslosengeldes herangezogen. Dadurch bekommen Kellnerinnen und Kellner nicht 55 Prozent ihres realen Letzteinkommens, sondern oft deutlich weniger, wenn sie arbeitslos werden, sagte die stellvertretende Leiterin des AMS Kärnten, Melanie Jann: „Das Trinkgeld fließt in keine Arbeitslosenberechnung ein. Das führt dazu, dass Menschen, die in der Gastronomie quasi vom Trinkgeld leben, in andere Branchen wechseln, wo sie ein sicheres Einkommen haben.“

Rechnung per Bankomat schmälert Einkommen

Auch dass immer mehr mit Bankomatkarte gezahlt wird, schmälert das Trinkgeld und damit die Attraktivität des Jobs. „Viele Betriebe möchten nicht, dass man über Bankomatkarte Trinkgeld gibt. In anderen Ländern – wie etwa in den USA – ist es natürlich gang und gäbe, dass ich Trinkgeld geben kann, auch mit der Karte. In Österreich sind wir hier hinten nach. Das sind Beweggründe dafür, dass das Trinkgeld nicht in der Kasse der Arbeitenden landet.“

Mangelnde Wertschätzung der Kundschaft

Und vor allem gilt: Junge Leute möchten in Jobs arbeiten, wo Wertschätzung ganz groß geschrieben wird, vor allem auch von den Kunden, sagte Jann. „Dass Arbeitskräfte im Fremdenverkehr generell fehlen, ist nicht dem geschuldet, dass die Branche so schlecht wäre. Kundinnen und Kunden können sehr viel dazu beitragen. Berufsbilder leben nicht nur von der Bezahlung und der richtigen Verteilung von Freizeit und Arbeit, sondern vor allem auch von einem wertschätzenden Berufsbild – Gastronomie oder Handel entsprechen dem weniger.“