Das Atomkraftwerk Krsko im Vordergrund ein Acker
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Umwelt

Global 2000: Krsko wird „schöngeredet“

Seit Freitag läuft für das slowenische Atomkraftwerk Krsko ein Stellungnahmeverfahren für die grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), die bis Ende 2023 abgeschlossen sein muss. Global 2000 kritisiert eine Stellungnahme der slowenischen Regierung, sie rede sich das AKW schön.

In einem über 900 Seiten langen Bericht des slowenischen Umweltministeriums stehe, dass weder ein Störfall noch ein katastrophaler Unfall im AKW außerhalb des Reaktorgeländes oder gar grenzüberschreitend Auswirkungen haben solle, kritisiert Global 2000. Demnach solle Krsko bis 2043 ohne jede Nachrüstung weiterlaufen können.

Krsko „schönreden“

Slowenien argumentiere außerhalb aller seriösen Standards, sagte Anti-Atomsprecher Reinhard Uhrig: „Ein Ingenieur muss immer mit dem schlimmsten Fall rechnen. Was sie machen ist, dass sie davon ausgehen, dass – selbst wenn es zu einem schweren Störfall kommt – keine Radioaktivität aus dem Reaktorgelände austritt. Das ist vollkommen aberwitzig.“

Selbst kleinere Unfälle in radiologischen Laboren in Russland seien vor einigen Jahren in Österreich klar messbar gewesen, sagte Uhrig: „Da singt jemand im Keller und möchte sich etwas schönreden.“

Global 2000: Krsko hält schwerem Beben nicht stand

Gutachten zufolge seien rund um Krsko durch Erdbeben eine Bodenbeschleunigung bis zu einem Meter pro Sekundenquadrat (m/s²) möglich, was nach österreichischem Standard die Zuordnung in die höchste Gefahrenklasse 4 bedeutet. Ausgelegt sei der 1970 gebaute Reaktor in Krsko nur auf eine Bodenbeschleunigung von 0,3 m/s².

Damit hielte Krsko einem schweren Erdbeben nicht Stand, sagte Uhrig: „Die EU-Stresstests haben gezeigt, dass im Falle eines schweren Bebens, eines realistischen Bebens laut den Geologen, potentiell die Kontrollstäbe nicht mehr in den Brennstoff eingefahren werden können, damit würde der Kernbrennstoff schmelzen. Das ist ein realistisches Szenario. Und dafür Upgrades für höheren Erdbebenwiderstand durchzuführen, würde hunderte Millionen Euro kosten.“

Kostspieliger Umbau wäre nötig

Solche Sicherheits-Upgrades wären aber nicht nur kostspielig, sie müssten auch bis 31.12. 2023 abgeschlossen sein, um die Abschaltung des AKW Krsko zu verhindern. Wobei allein die slowenische Atomaufsicht entscheide, welche Maßnahmen wirklich gesetzt werden müssen.

Mit Blick auf die ukrainischen AKW in Tschernobyl und Saporischja stellt sich neben sicherheitstechnischen Überlegungen natürlich auch die Frage, inwieweit Europa angesichts seiner Energieabhängigkeit von Russland überhaupt auf Kernkraft verzichten kann.

Wechsel zu Atomkraft brächte neue Abhängigkeiten

Im Bezug auf die Nutzung von Kernkraft warnt Global 2000 vor alten, neuen Abhängigkeiten: „Der Weiterbetrieb von schmutzigen, gefährlichen Atomkraftwerken wäre neben den massiven Sicherheitsrisiken auch eine Abhängigkeit von geopolitischen Problemen bei der Uranlieferkette. 60 Prozent des Urans für Europa kommen aus Krisenregionen wie aus Russland, mit 20 Prozent, aus Kasachstan, mit 19,5 Prozent oder dem Niger, mit 20 Prozent.“

Eine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen durch eine andere Abhängigkeit zu ersetzen, wäre falsch, sagte Uhrig.

Öffentliche Anhörung im Mai

Im Mai ist eine öffentliche Anhörung samt Stellungnahme der Betreibergesellschaft und der slowenische Atomaufsicht geplant, diese würden derzeit von Kärnten und der Steiermark vorbereitet.

Global 2000 stellt ab 24. März Muster-Stellungnahmen zum AKW-Bericht Sloweniens zur Verfügung, die bis 8. April eingebracht werden können. 60.000 Menschen hätten bisher die Global 2000-Petition „Stopp AKW Krsko: Erdbeben-Reaktor abschalten“ unterschrieben.

Team Kärnten fordert Abschaltung

In einer Reaktion auf das seit Freitag bezüglich des slowenischen Atomkraftwerks Krsko laufende Stellungnahmeverfahren für die grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) fordert Team Kärnten-Obmann Gerhard Köfer einmal mehr, das Atomkraftwerk, das sich in einem Erdbebengebiet befindet, ein für alle Mal zu schließen. Gerade der Krieg in der Ukraine sollte eigentlich allen Politikern in Europa vor Augen führen, welches Gefährdungs- und Bedrohungspotenzial von einem AKW ausgeht, so Köfer. Man müsse mit einer Stimme gegen Slowenien auftreten und ihnen klarmachen, dass das AKW „der pure Wahnsinn“ sei.