Politik

Sachverhaltsdarstellung in Causa Tauschitz

Die Bestellung von Stephan Tauschitz zum Leiter des Verfassungsschutzes schlägt hohe Wellen, weil er Reden beim Ulrichsbergtreffen gehalten hatte. Die Grünen brachten eine Sachverhaltsdarstellung gegen SS-Embleme auf dem Ulrichsberg ein. Die Kritiker mehren sich. Die Landespolizeidirektion schließt einen Rücktritt von Tauschitz aus.

Tauschitz hatte als ÖVP-Klubobmann zweimal am Ulrichsberg-Treffen Reden gehalten. Das Treffen, ursprünglich eine Gedenkfeier für die Veteranen des Kärntner Abwehrkampfes, wurde zunehmend Treffpunkt für Nazis und NS-Verherrlichung – mehr dazu in Weiter Aufregung um Kärntner LVT-Chef . 2010 hatte er dazu aufgefordert, „nicht über die Toten zu richten“, das müsse man Gott überlassen. Er hatte auch den damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) kritisiert: Im Jahr zuvor hatte dieser die Teilnahme des Bundesheers an der Veranstaltung untersagt, nachdem der Handel mit NS-Devotionalien im Umfeld der Urichsberggemeinschaft bekanntgeworden war.

Ulrichsbergtreffen 2008
ORF Archiv
Bis 2009 war auch das Bundesheer bei der Gedenkfeier. Der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos untersagte die Teilnahme wegen Medienberichten über Handel von NS-Devotionalien bei der Ulrichsberggemeinschaft.

Grüne: Keine Distanz

Die Grünen, die zuerst einen Rücktritt und eine Neuausschreibung des Postens forderten, finden die Rechtfertigungsstrategie von Tauschitz unglaubwürdig. Es sei „keine Distanz zu rechtsextremen Treffen auf Ulrichsberg und zu Ulrichsberggemeinschaft gegeben“, so die Grünen in eine Aussendung am Montag.

Landessprecherin Olga Voglauer brachte eine Sachverhaltsdarstellung zu auf dem Ulrichsberg zur Schau gestellten SS-Emblemen ein: „In einer der Öffentlichkeit teilweise zugänglichen Ruine am Ulrichsberg, dem sog. ‚Ehrenhain‘ werden noch heute verbotene Wappen und Embleme unterschiedlicher SS-Gruppierungen gezeigt, die gegen das Abzeichengesetz verstoßen“, so Voglauer.

Sie sagte, der breite Protest gegen den neuen LVT-Leiter Tauschitz zeige eindeutig: Tauschitz sei unhaltbar. Es brauche eine Neuausschreibung für die Leitung des Verfassungsschutzes in Kärnten. Den medialen Rechtfertigungsversuchen des neuen LVT-Leiters in Kärnten könne sie „wenig abgewinnen“.

Deutsch: Tauschitz „untragbar“

Am Wochenende meldete sich der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, zu Wort und sagte im Ö1-Journal am Sonntag, Tauschitz sei als Chef des Kärntner Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung „untragbar“. Deutsch sagte, das Ulrichsbergtreffen sei ein Nazi-Aufmarsch, die Teilnahme daran kein Kavaliersdelikt: „Wer an solchen Treffen teilnimmt, sollte selbst vom Verfassungsschutz beobachtet werden und nicht diesen leiten.“

Tauschitz, ehemaliger ÖVP-Klubobmann im Kärntner Landtag, war im Jänner als einziger Bewerber zum LVT-Leiter bestellt worden. Im zuständigen Ausschuss hatten auch die Personalvertreter von SPÖ und FPÖ für ihn gestimmt. Die Grünen forderten als Erste eine Neuausschreibung, auch die SPÖ kündigte eine parlamentarische Anfrage zu Postenbesetzungen im Innenministerium an.

Kritik auch von SOS Mitmensch

Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, sagte am Montag, es sei „untragbar“, dass das Innenministerium jemanden zum Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz mache, „bei dem die Distanz zu Rechtsextremismus aufgrund der mehrfachen Teilnahme am berüchtigten Ulrichsbergtreffen höchst fraglich sei“. Auch nur der geringste Verdacht der Nähe zu Extremismus müsse „ein absolutes K.-o.-Kriterium bei jeglicher Postenbesetzung im Verfassungsschutz“ sein.

Landeshauptmann: Null Toleranz

Ein Sprecher von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hielt am Montag fest, Kärnten habe sich in den letzten Jahren „konsequent und nachhaltig gegen rechtsextremes und faschistisches Gedankengut positioniert“, das sei sogar in der Regierungserklärung festgehalten. Es gebe eine klare „Null Toleranz“-Maxime, sollte es, wo und durch wen auch immer, zu einem Aufflackern eines derartig zu verurteilenden Gedankengutes kommen. Allerdings liege die Entscheidung über die Besetzung der Leitung des LVT „einzig und allein im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des BMI“.

Innenministerium: „Persönliche Entscheidung“

Aus dem Innenministerium heißt es, es sei eine persönliche Entscheidung, ob sich jemand für eine Funktion bewirbt oder eine Bewerbung zurückzieht. Es gebe sogar ein Gratulationsmail der sozialdemokratischen Gewerkschafter an Tauschitz. Die ÖVP kritisierte am Samstag auch den „Pauschalverdacht“ gegen alle Betroffenen.

Polizeidirektorin: Kein Zweifel an Person

Den geforderten Rücktritt schloss Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß noch am Montag dezidiert aus. Seit dem Jahr 2017 ist Stephan Tauschitz in der Landespolizeidirektion Kärnten tätig und ausschließlich diese Zeit habe man im Vorfeld seiner Bestellung zu beurteilen gehabt, sagte Kohlweiß. Ursprünglich habe es zwei Bewerber gegeben, der zweite Bewerber aus dem Bundesamt für Verfassungschutz in Wien habe seine Bewerbung aber nach Ablauf der Bewerbungsfrist zurückgezogen.

Causa Tauschitz: Kohlweiß schließt Rücktritt aus

Die Grünen, die Israelitische Kultusgemeinde und auch die Aktion „SOS Mitmensch“ fordern den Rücktritt des neuen LVT-Leiters Stephan Tauschitz. Der Grund: Er ist zwei Mal als Redner beim Ulrichsbergtreffen aufgetreten. Einen Rücktritt schließt Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß dezidiert aus.

Damit sei Tauschitz als einziger Bewerber übriggeblieben, sagte Kohlweiß: „Der Kollege hat alle fachlichen Voraussetzungen und dienstrechtlichen Einteilungsvoraussetzungen erfüllt. Es hat keinerlei Anlass gegeben, an seiner Kompetenz und Person, egal ob als Führungskraft oder fachlich, zu zweifeln.“

Kohlweiß schließt Rücktritt aus

Die Personalvertretung und die Gleichbehandlungsbeauftragte haben seiner Bestellung zugestimmt, sagte Kohlweiß. Eine Entlassung, wie sie mehrfach gefordert wird, sei nicht möglich, sagte Kohlweiß: „Denn mir fehlen rechtlich die Mittel. Nur bei extremsten Verstößen oder Dienstpflichtverletzungen kann ich das Dienstverhältnis beenden. Ein vor Jahren gesprochenes Grußwort – auch beim Ulrichsbergtreffen, das kann ich jedenfalls sagen – kann nicht als Kriterium und grobe Dienstpflichtverletzung angesehen werden.“

Kohlweiß betonte, dass es in der Kärntner Polizei Null-Toleranz bei Verbreitung von rechtsextremem Gedankengut gebe. Das Landesamt für Verfassungsschutz sei auch keine Insel sondern eine Abteilung innerhalb der Landespolizeidirektion, für die es auch eine Dienstaufsicht gebe, der sämtliche Mitarbeiter unterstellt sind, sagte Kohlweiß.

Kaiser: Ich war nie am Ulrichsberg

Auf Nachfragen der Presse nahm auch Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) am Dienstag nach der Regierungssitzung Stellung zur Causa Tauschitz. Dessen Bestellung sei im Innenministerium beschlossen worden: „Aus dieser Situation heraus sind dort Änderungen, wenn sie als notwendig erachtet werden, einzuleiten. Meine persönliche Haltung ist eine klare. Ich selbst war nie am Ulrichsberg.“

Tauschitz: „Grußworte überbracht“

Tauschitz selbst denkt nicht an Rücktritt. In einer der APA übermittelten Stellungnahme meinte Tauschitz, dass seine damalige Funktion als Klubobmann mit Aufgaben verbunden gewesen sei – eine davon sei die Überbringung von Grußworten auf dem Ulrichsberg gewesen, was auch Vertreter anderer Fraktionen gemacht hätten. „Es war damals das Ziel der ÖVP Kärnten, eine Vereinnahmung durch Rechtsextremisten zu verhindern und das demokratische Österreich zu vertreten.“

Waffen-SS „verbrecherische Organisation“

Im Nürnberger Prozess 1946 erklärte der Internationale Militärgerichtshof die Waffen-SS wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur verbrecherischen Organisation. Die Kameradschaft IV der Waffen-SS wird vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestuft. Sie besteht aus ehemaligen Mitgliedern der Waffen-SS sowie deren Familienangehörigen und Freunden.