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CoV: Konflikte werden immer aggressiver

Die Bewältigung der CoV-Pandemie spaltet zunehmend die Gesellschaft. Konflikte werden in der Familie, unter Freunden oder am Arbeitsplatz unter Kollegen ausgetragen. Die Krise gibt viele Anlässe für Meinungsverschiedenheiten, sagen Experten, zunehmend werden sie aggressiver ausgetragen.

Die Coronavirus-Pandemie mit Lockdowns, Masken, Testen und der angekündigten Impfpflicht macht vor allem Angst. Angst vor der Krankheit, vor Arbeitslosigkeit, vor Freiheitsverlust, vor dem, wie es weitergeht und wann man diese Krise endlich hinter sich lassen kann. Kinder, junge Erwachsene und Familien sind besonders betroffen, sagte der Psychotherapeut und Mediator Ulrich Hagg.

Die völlig unterschiedlichen Einstellungen zu Masken, CoV-Tests oder Impfpflicht treiben die Gesellschaft auseinander, sagte Hagg: „Sowohl in familiären, partnerschaftlichen oder freundschaftlichen Beziehungen, auch kollegialen Arbeitsbeziehungen merke ich das. Das ist sehr beunruhigend, denn das sind gleichzeitig die wichtigsten Stützen, um diese Situation gut bewältigen zu können.“

Ulrich Hagg im Interview

Mögliche Strategie: Thema Covid vermeiden

Um eine aggressive Stimmung zu vermeiden und Konflikte nicht ausarten zu lassen, rät der Psychotherapeut, das Thema Coronavirus aus Beziehungen so gut wie möglich herauszuhalten: „Ich glaube, zuerst muss man sehen, ob es einen Entscheidungsdruck gib. Also müssen wir dieses Problem überhaupt gemeinsam lösen. Weil wir gemeinsame Kinder haben und entschieden werden muss, ob sie geimpft werden. Weil wir am Arbeitsplatz so nahe beieinander arbeiten, weil wir gemeinsame Familienveranstaltungen stattfinden lassen wollen.“

Ulrich Hagg
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Ulrich Hagg

Als Tipp rät Hagg zu einem Gedankenexperiment: „Wenn ich die andere Person stellvertretend betrachte für die jeweils andere Position, und es lohnt sich aber nicht, den Stellvertreterkonflikt zu führen, würde ich Vermeidung als sinnvolle Strategie wählen.“

Jeder Mensch handelt nach eigenem Empfinden richtig

Dass es zu einem Riss in der Gesellschaft kam, dafür macht Hagg auch die Politik und Fehler in der Kommunikation verantwortlich: „Ich weiß nicht, ob man es hätte verhindern können. Ich glaube aber, dass in der Situation Einiges möglich gewesen wäre.“

Hagg rät generell dazu, abzurüsten, auch in der Sprache: „Keine wertenden Begriffe zu verwenden und anzuerkennen, dass jeder Mensch aus einem eigenen Rechtsempfinden richtig handelt und richtig argumentiert. Das sind ja Wertekonflikte, und aus der Mediation wissen wir, dass Wertekonflikte nicht gelöst, sondern nur verhandelt, balanciert, ausgehalten werden können.“

„Man muss nicht einer Meinung sein“

Entschärft werden können Meinungsverschiedenheiten, indem nachgefragt und den persönlichen Motiven nachgegangen wird. Ängste und Vorbehalte soll man gelten lassen. Unterschiedliche Meinungen innerhalb der Familie oder in Partnerschaften sollten bestehen dürfen, sagte Hagg, so könne die Situation etwas entschärft werden: „Man muss nicht einer Meinung sein.“