Ossiacher See
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Chronik

Explosionsopfer tauchte nach Relikten

Die österreichischen Seen sind voller Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg, so auch der Ossiacher See. Er wurde zum Dorado für Hobbytaucher, die es auf historische Munition und Waffen abgesehen haben. Der deutsche Urlauber, der am Freitag bei der Explosion einer Granate starb, war einer von ihnen.

Der 59-jährige Mann, der am Freitagvormittag bei einer Explosion eines Kriegsrelikts am Ossiacher See ums Leben kam, hatte zuvor im See aktiv nach Kriegsrelikten gesucht. Der Urlauber aus Sachsen-Anhalt hatte sich dazu mit einem Freund in einem Appartement in Steindorf (Bezirk Feldkirchen) am See eingemietet. Der 43-jährige Mitbewohner hatte die Einsatzkräfte verständigt, wie ein Sprecher der Landespolizeidirektion Kärnten am Samstag gegenüber der APA schilderte – mehr dazu in Kriegsrelikt explodiert: Mann getötet.

„Weiteres Kriegsmaterial gefunden“

„Die beiden Männer haben nach den Kriegsrelikten sowohl getaucht als auch mit Angelmagnet gefischt“, berichtete Dominik Sodamin im Gespräch. Am Unglücksort im Uferbereich und auch im Appartement wurde noch weiteres Kriegsmaterial gefunden. Dabei handelt es sich teilweise um Hand- und Gewehrgranaten sowie Gewehr- und Munitionsteile. Der Entschärfungsdienst des Innenministeriums war am Samstag am Unglücksort, um im Uferbereich nach möglicherweise weiteren, dort noch deponierten Relikten zu suchen.

Ersten Ermittlungen zufolge dürfte es sich beim explodierten Gegenstand um eine Art Granate gehandelt haben, mit der der Deutsche im Uferbereich hantierte. Sein 43-jähriger Mitbewohner hatte sich nicht im unmittelbaren Gefahrenbereich aufgehalten, hörte jedoch die Explosion und eilte zum Unfallort.

„Finger weg von solchen Funden“

Wenn man auf potenziell explosive Überbleibsel aus den beiden großen Kriegen stößt, gelte die Devise „Finger weg“, riet Sodamin. „Solche Objekte sollen nicht angegriffen und schon gar nicht selbst vom Fundort entfernt werden“, sagte der Polizeisprecher zur APA. Angebracht sei, Abstand zu halten und zu verhindern, dass andere Personen oder Tiere dem Fund zu nahe kommen, sowie die nächste Polizeidienststelle kontaktieren.

Regelmäßiges „Aufräumen“

Die Profitaucher des Entminungsdienstes des Bundesheeres sind regelmäßig in Kärnten und holten schon Tonnen von Kriegsmaterial auf ihr Floß. Sowohl aus dem Uferbereich als auch aus 15 bis 20 Metern Tiefe. Seit den 1960er Jahren wird von den Profis Material aus dem See geholt, doch er ist wie ein Fass ohne Boden. Nach dem Kriegsende entwaffneten die britischen Truppen die deutschen Soldaten. Von Karabinern über Pistolen, Munition, Bomben und unterschiedliche Granaten, manche sogar noch originalverpackt in Holzkisten und Ölpapier, wurden Hunderte Waggonladungen voll in den Seen versenkt.

Besonders viel Kriegsmaterial landete im seichten Wasser des Ossiacher Sees. Was auf dem Grund liegt, ist in Taucherkreisen wohlbekannt. Oft finden Taucher die Stücke und verstecken sie im Uferbereich, um sie dann bei Dunkelheit zu holen. Manchmal wird ihnen das aber doch zu heiß, weil verboten oder zu gefährlich. Dann liegen die scharfen Relikte bei Bootsstegen und Stränden und werden von ahnungslosen Badenden gefunden.

Zahn der Zeit nagt an Waffen

Seit 76 Jahren liegen diese brisanten Relikte im See. Mit der Zeit werden sie immer gefährlicher, denn die verschiedenen Zündertypen können durch den Rostfraß den Sprengstoff schon bei der kleinsten Bewegung zur Detonation bringen. Eine Gefahr, die ebenfalls zunimmt, ist die Entzündung von Phosphorgranaten, die mit 1.300 Grad Celsius brennen, wenn man sie aus dem Wasser holt. Damit der Phosphor reagiert, braucht er nur den Kontakt mit Sauerstoff.