Geschlossener Gastgarten in Kuchl (Tennengau)
APA/BARBARA GINDL
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Politik

Lockdown: Tourismus „unter Schock“

Die Bundesregierung hat am Samstag neue Beschränkungen verkündet. Unter anderem werden Hotels und Gastronomie geschlossen. Die Wirtschaftskammer sagte, der Tourismus stünde unter Schock. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) trägt die Maßnahmen mit, wünscht sich aber bessere Kommunikation mit dem Bund.

Kärntens Tourismusbranche stehe unter Schock, so die Wirtschaftskammer. Mit dem am Samstag angekündigten zweiten Lockdown werde tausenden Unternehmen ihre Existenzgrundlage entzogen. 5.500 Betriebe mit rund 30.000 Beschäftigten stehen vor massiven Existenznöten. die Sparte Tourismus der Wirtschaftskammer fordert eine rasche Auszahlung der angekündigten Unterstützungsleistungen. Es wurde von der Bundesregierung versichert, dass die Betriebe 80 Prozent ihrer Umsätze im November 2019 unbürokratisch bekommen sollen.

Neue Maßnahmen

Handel und Dienstleister bleiben offen, Hotels und Gastronomie müssen schließen. Ausgangsbeschränkung zwischen 20.00 und 6.00 Uhr (Ausnahmen bei bestimmten Gründen). Kindergärten und Pflichtschulen bleiben – vorerst – offen, Oberstufen und Unis wechseln ins Distance-Learning. Die neuen Regeln gelten ab Dienstag 0.00 Uhr.

Frust in der Gastronomie

Dass Gastronomie und Hotellerie wieder als eine der ersten Branchen von Restriktionen betroffen seien, bezeichnete WK-Tourismussprecher Josef Petritsch als frustrierend, denn man habe sich vorbildlich an die vorgegebenen Maßnahmen gehalten. Es habe kaum Clusterbildungen und Infektionen im Tourismus gegeben. Die Touristiker hoffen nun, dass die kommenden vier Wochen ein Umdenken in der Bevölkerung und ein Ende von Partys im Privatraum bewirken werden.

Appell an Bevölkerung

Solidarität und diszipliniertes Verhalten erwartet sich auch Stefan Sternad, Obmann der WK-Fachgruppe Gastronomie. Er appelliertr an die Menschen, sich in den kommenden vier Wochen an alle vorgeschriebenen Maßnahmen zu halten. Sternad bedauert vor allem die Ausgangssperre, denn dadurch werden Speisenabholung- und Lieferung massiv eingeschränkt.

Kritik übt auch Sigismund E. Moerisch, Obmann der WK-Fachgruppe Hotellerie an der Kurzfristigkeit der Maßnahmen: „Wir sollen von einem Tag auf den anderen die Betriebe schließen – und wissen nicht, für wie lange. Das ist auch für unsere Mitarbeiter eine Katastrophe. Keiner weiß, wie es weitergehen wird. Es ist einfach unfassbar, wie kurzfristig die Politik hier vorgeht. In Hinblick auf die bevorstehende Wintersaison brauche man dringend Planungssicherheit.“

„Länder hätten eingebunden werden sollen“

Nach einer Sitzung des Koordinationsgremiums meldete sich Landeshauptmann Kaiser in einer Pressekonferenz zu Wort. Nach einem rasantem Anstieg der letzten Woche kam es auf Bundesebenen zu einer Verdoppelung. Wenn sich der Trend fortsetze, werde es Engpässe bei den Betten und Intensivbetten geben, so Kaiser. In der zweiten Novemberhälfte hätte man die Kapazitätsgrenze erreicht, wenn man nicht eingreife.

LH Kaiser unterstützt Lockdown

Daher trage er die Maßnahmen mit. Was ihn kritisch stimme, sei, dass die Bundesländer nicht vorher eingebunden worden sein. Man habe um 1.19 Uhr eine Verordnung bekomme, die viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens einschränke. Sie sollen aber die kritische Infrastruktur und die Bevölkerung schützen. Es wäre besser gewesen, die Länder bei der Erstellung der Verordnung einzubinden, so Kaiser.

Gravierende Einschränkungen für alle

Es gebe gravierende Einschränkungen, die vor allem Gastronomie, Hotellerie, Sport, Freizeit, Kunst und Kultur sowie jeden Bürger einschränken. Direkte Kontakte und Treffen werden eingeschränkt, parallel dazu werden Arbeit und Wirtschaft aber ausgenommen. Es werde von den Bürgern abhängen, wie diese Anordnungen mitgetragen werden.

„Um etwas mitzutragen, braucht es Vertrauen." Das werde dann vorhanden sein, wenn die Maßnahmen ursachenbezogen, evidenzbezogen seien und man Cluster verhindert könne. Man hätte die Maßnahmen noch transparenter und nachvollziehbarer gestalten können, meinte Kaiser.

In Richtung Bevölkerung sagte Kaiser, er richte den Appell an jeden Bürger und jede Bürgerin, die Maßnahmen, die verordnet sind, mitzutragen. Es gehe um den Schutz der kritischen Infrastruktur. Er bitte auch, mitzuhelfen, die Zahl der Infektionen zu senken. „Die wichtigsten Grundsätze von Hygiene, Abstand und Masken sowie Lüften sollen noch intensiver berücksichtigt werden."

„Rasche, unbürokratische Entschädigung“

Er habe der Regierung noch vorgeschlagen, dass es zu raschen, unbürokratischen und vollen Entschädigungen der Unternehmen kommen müsse. Denn durch die Schließung tragen sie zur Bewältigung der Krise bei. Es solle zu keinen Kündigungen kommen, so Kaiser.

Ein zweiter Punkt, den er gefordert habe, betreffe die Kinder – ihm sei wichtig, dass die Kindergärten und Pflichtschulen offen halten können, unter Berücksichtigung der Hygienevorschriften, sagte Kaiser.
Eine Frage von Leben und Tod sei der Schutz der Pflegeheime. Es müsse beim Wechsel von Krankenhaus zu Pflegeheim ein Entlassungsmanagement geben. Personal und Besucher müssen getestet werden, hier hätte er sich mehr Praxisbezogenheit der Verordnung gewünscht.

Negativer CoV-Test bei Spitalsentlassung

Für den Schutz der älteren Menschen in den Heimen und die Ressourcen in den Krankenanstalten sei es wichtig, dass Patienten, die wegen anderer Gründe im Krankenhaus seien, negativ auf CoV getestet werden, bevor man sie wieder in die Senioren- und Pflegeheime entlässt. Laut Kaiser braucht man hier ein Entlassungsmanagement. Erfolgen diese CoV-Testungen nicht zeitnah, könnte es passieren, dass Patienten warten müssen und länger als nötig in den Krankenhäusern bleiben und dadurch wiederum Ressourcen binden.

Stärkeres Contact-Tracing

Das Contact-Tracing solle weiter verstärkt werden, so Kaiser. Hier brauche man zusätzliche Ressourcen, daher sei er froh, dass man auf Mitarbeiter der Antidopingagentur NADA zählen könne, ebenso auf Bundesheer und derzeit arbeitslose Menschen durch Kooperation des AMS. 60 Prozent der Fälle könne man in Österreich nicht mehr zurückverfolgen, das müsse sich wieder ändern, so Kaiser.

Denn auch nach dem November brauche man eine Möglichkeit, die Fallzahlen nie mehr so hoch steigen zu lassen. Kaiser sprach sich außerdem für eine klarere, offenere Kommunikation mit dem Bund aus. Datenmaterial müsse transparent gemacht werden, um Entscheidungen treffen zu können.

Team Kärnten: Unverhältnismäßig

Als völlig unverhältnismäßig und unzweckmäßig bezeichnete Gerhard Köfer die präsentierten Eckpunkte des Lockdowns der Bundesregierung. Der Team Kärnten-Chef stößt sich vor allem an den Ausgangsbeschränkungen, die den Bürgerinnen und Bürgern nicht zumutbar seien. Man habe damit eine rote Linie überschritten. „Wir vom Team Kärnten sind entsetzt.“ Die Gastronomie komme nun zum Handkuss, obwohl sie alle Maßnahmen umgesetzt habe. Der Lockdown sei ein Angriff auf die Wirtschaft.

Einziger Silberstreif am Horizont sei laut Köfer, dass der Handel und persönliche Dienstleistungen weiter offen bleiben bzw. weiter möglich seien. Er zweifelt aber daran, dass die Hilfsgelder wirklich rasch fließen.

Auch FPÖ gegen neuerlichen Lockdown

FPÖ-Obmann Gernot Darmann sagte in einer Aussendung, die Kärntner Zahlen geben einen neuerlichen Lockdown mit Ausgangssperren und einer enormen Schädigung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes sicher nicht her. Man sei weit entfernt von einer massiven Überlastung des Gesundheitssystems, die solche drastischen Maßnahmen rechtfertigen würde. Er fordert Kaiser auf, sich für Verbesserungen für Kärntner Unternehmer einzusetzen.

Entscheidend sei für die FPÖ seit Beginn der Coronavirus-Krise im März der Schutz der allseits bekannten Risikogruppen. Man habe diesen Schutz unter Nennung konkreter Maßnahmen immer eingefordert, aber von der Regierung sei nichts unternommen worden.