Szenenausschnitt Proben Carinthischer Sommer
ORF
ORF
Kultur

Kirchen-Filmoper vom „Ächzen der Welt“

Erstmals beim Carinthischen Sommer ist ein Stummfilm der Ausgangspunkt für eine Kirchenoper. Erzählt werden mit Theodor Dreyers „La passion de Jeanne d’Arc“ die letzten Tage im Leben der heiligen Johanna von Orleans mit Bezügen zum Heute: „Hört ihr wie die Welt in ihrer Achse ächzt?“

Carl Theodor Dreyers „La passion de Jeanne d’Arc“ aus dem Jahr 1928 erzählt in überwältigenden Bildern den Inquisitionsprozess gegen die heilige Johanna von Orleans anhand der originalen Prozessakten. Die Filmhandlung konzentriert sich auf die letzten Stunden des lothringischen Bauernmädchens, das ausgezogen war, um ihren König und Frankreich im Hundertjährigen Krieg gegen die Engländer anzuführen. Die Musik des Komponisten Johannes Kalitzke spiegelt das Geschehen auf der Leinwand wider und geht dabei weit über eine Filmmusik hinaus. Über 100 Musiker und Sänger stehen auf der Bühne.

Jeanne d’Arc auf der Bühne

Die Villacher Stadthalle wird zur Opernbühne. Die Kirchen-Filmoper „Jeanne d’Arc“ wird uraufgeführt. Erstmals beim Carinthischen Sommer ist ein Stummfilm der Ausgangspunkt für eine Kirchenoper. Erzählt werden die letzten Tage des Lebens der heiligen Johanna von Orleans. Sie war auch unter Folter nicht bereit, ihrem Glauben abzuschwören.

Ein Teenager an der Spitze einer Nation

Eigentlich ist die Geschichte der Johanna von Orleans unglaublich. Im 15. Jahrhundert führt ein Teenager ihren König und Frankreich im Hundertjährigen Krieg gegen die Engländer an. Am Ende ist sie nicht bereit, ihrem Glauben abzuschwören. Johannes Kalitzke: „Es ist eine Frage der inneren Gewissheit und die Frage, bis zu welcher Konsequenz man sie vertreten kann. Wieviel kann man aushalten, ohne dass diese innere Gewissheit Schaden nimmt? Es ist eine Frage der Charakterfestigkeit, aber auch einer psychischen Grenzsituation. Nicht jeder wäre in der Lage so weit zu gehen, sich körperlich martern und vernichten zu lassen, ohne dann doch Abstriche zu machen.“

Szenenausschnitt Proben Carinthischer Sommer
ORF
Probenausschnitt der Kirchenfilmoper

Instrumentalisierung eines Flammentods

Johanna geht bis zum bitteren Ende und wird mit 19 Jahren von der Inquisition verbrannt. Drei zusätzliche Texte der Librettistin Kristine Tornquist ergänzen den Stummfilm und machen die Kirchenoper noch aktueller. „Wenn sie sehen, dass in dem letzten Text auch ein Flüchtlingsmotiv gestreift wird oder Reminiszenzen an die Revolutionen des 20. Jahrhundert durchschimmern, dann ist das absolut richtig. Letzten Endes war die Instrumentalisierung der Jeanne d’Arc durch die Kirche eine hochpolitische Angelegenheit.“

Michaela Selinger singt die Titelrolle. Johanna stellt in dieser Oper viele Fragen, wie „Hört ihr wie die Welt in ihrer Achse ächzt?“. Die Mezzosopranistin Katharina Magiera und der Bariton Klemens Sander sind als Mutter und Vater beziehungsweise als Polizistin und Polizist zu hören. Weiters singen Solisten der St. Florianer Sängerknaben und der Philharmonia Chor Wien (Einstudierung: Walter Zeh), begleitet vom Kärntner Sinfonieorchester. Die musikalische Gesamtleitung liegt beim Komponisten.

Szenische Umsetzung 2021 geplant

„Diese Symbiose der drei Elemente Stummfilm, Musik und Handlung ist in dieser Form international einzigartig“, sagt Intendant Holger Bleck. Das Werk wird heuer konzertant aufgeführt und in der Festivalsaison 2021 in einer Kirche szenisch umgesetzt.

Die einmalige Uraufführung der Kirchenfilm-Oper „Jeanne d’Arc“ ist am Donnerstag, dem 20. August 2020, um 19.30 Uhr in der Stadthalle Villach zu sehen. Die Einführung mit dem Komponisten findet von 18.00 bis 18.30 Uhr statt.