Gericht

Misshandlungen: Freispruch für Eltern

Ein 28-jähriger Mann und eine 29-jährige Frau sind am Dienstag am Landesgericht Klagenfurt vom Vorwurf der Kindesmisshandlung freigesprochen worden. Die Anklage lautete auf Misshandlung des Sohnes der Frau. Laut der Richterin war die Beweislage nicht ausreichend.

Richterin Michaela Sanin sagte in ihrer Urteilsbegründung, dass „so wenig Beweissubstrat“ vorhanden war, dass ein Freispruch zu fällen gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft hatte den beiden ehemaligen Lebensgefährten vorgeworfen, den 2011 geborenen Sohn der Frau immer wieder geschlagen zu haben. Dabei sollen ein Gürtel und ein Handy-Ladekabel verwendet worden sein, außerdem hätten sie den Buben auch mit Brennnesseln eingerieben.

Betreuer des Kindes schlugen Alarm

Zumindest hatte das das Kind gegenüber seinen Betreuern gesagt, die daraufhin Alarm schlugen. Auch die heute knapp achtjährige Tochter der Frau hatte Angaben gemacht, die in diese Richtung gingen. Die Angeklagten hatten stets ihre Unschuld beteuert.

Die fortgesetzte Verhandlung am Dienstag drehte sich vor allem um die Erläuterung eines Gutachtens von Kinderpsychologin Ulla Redtenbacher-Müller, die beide Kinder untersucht hatte. Ihr Fazit, das sie ihren Erläuterungen vorausschickte: „Die Aussagefähigkeit der beiden Kinder ist stark eingeschränkt.“ Sowohl das Mädchen als auch der Bub würden Entwicklungsverzögerungen aufweisen.

Bub nannte als Täterin Großmutter

Das Mädchen habe Schwierigkeiten, die Quellen ihrer Erinnerungen einzuordnen, erklärte die Sachverständige. Und: „Je mehr sie ein Gespräch beenden möchte, desto eher macht sie eine Angabe, die mit ihren vorhergehenden Angaben einfach nicht übereinstimmt“, führte sie weiter aus. Der Bub habe „deutliche Probleme bei der Wiedergabe von etwas komplexeren Sachverhalten“ und widersprüchliche Angaben gemacht, so Redtenbacher-Müller. Außerdem habe er gewisse Dinge – wie etwa das Einreiben mit den Brennnesseln – nicht von selbst erwähnt, sondern erst auf Nachfrage. Und selbst da habe er nicht den Lebensgefährten der Mutter als Täter genannt, sondern seine Großmutter.

Aus psychologischer Sicht seien die Aussagen jedenfalls nicht als zuverlässig zu bewerten. Und man müsse auch den jahrelangen Sorgerechtsstreit der Eltern beachten: „Suggestionsprozesse im Vorfeld der Aussage können nicht zurückgewiesen werden.“ Auch, weil sich beide Kinder besser an „neutrale“ Geschehnisse erinnern konnten, als an jene, die den beiden Angeklagten vorgeworfen wurden.

Kämpferischer Sorgerechtsstreit

Den Sorgerechtsstreit führte auch Richterin Sanin in ihrer Urteilsbegründung an: „Es ist selten, dass ein Konflikt so kämpferisch ausgetragen wird.“ Striemen und blaue Flecken am Körper des Buben, die der Vater der Kinder mit dem Handy fotografiert hätte, seien laut Aussagen von einem Gutachter „völlig untypisch für Verletzungen durch fremde Personen“ gewesen. Nicht zuletzt spielte das Gutachten von Redtenbacher-Müller eine große Rolle: „Man kann einfach nicht ausschließen, dass den Kindern etwas suggeriert wurde.“

Staatsanwältin Nicole Sembach gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.