Alois Brandstetter
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Kultur

Autor Alois Brandstetter wird 85

Er ist für seine ironisch-kritischen Heimatgeschichten bekannt. Der gebürtige Oberösterreicher und seit vielen Jahren in Kärnten lebende Autor Alois Brandstetter feiert am 5. Dezember seinen 85. Geburtstag. Vor wenigen Wochen erschien sein Buch „Nachspielzeit“.

In dem Buch erzählt er – angestoßen vom Anblick eines Pickup-Jeeps namens „Rubicon“ – „über die Autos und die Reisen seines Lebens, über Unfälle und Zwischenfälle, über Wege, Ziele und über den Charme des ziellosen Mäanderns durch die Welt der Dinge und der Wörter“, wie es im Klappentext heißt.

Buchcover Alois Brandstetter „Nachspielzeit“
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Das Cover von „Nachspielzeit“

Dabei wechseln sprachkritische Anmerkungen mit Anekdoten und Erinnerungen mit literarischen Anspielungen. Eine Rückschau auf sein bewegtes Leben hatte er vor einigen Jahren bereits in seinem Buch „Lebensreise“ gegeben.

Berichte aus Erfahrungsschatz mit zeitkritischem Unterton

Seine Bücher brechen das Klischee vom heiteren Landleben, beschreiben das Chaos in der Idylle und bringen die Leser dank des zeitkritischen Untertons zum Nachdenken. So unterschiedlich die Kernhandlungen der Geschichten des emeritierten Professors für deutsche Philologie an der Universität Klagenfurt auch sind – stets teilt der am 5. Dezember 1938 in Pichl bei Wels geborene Brandstetter seinen breiten Erfahrungsschatz auf unaufdringliche, unterhaltsame Weise mit den Lesern. Nicht selten räsonieren seine Romanhelden oder Erzähler satirisch über Gott und die Welt, immer wieder schleichen sich auch etymologische Worterklärungen ein, in denen der 2007 emeritierte Professor durchscheint.

In dem 2015 erschienenen „Aluigis Abbild“ erzählte er etwa die „unglaubliche Geschichte eines sehr keuschen Heiligen, seines Porträts und der beiden Maler Rubens und Van Dyck“.

Verfechter der alten Schreibweise

Durch das von ihm gezeichnete, zwar nich eindimensionale, aber heimatverbunden angehauchte Österreichbild erwarb sich Brandstetter den Ruf eines konservativen Schriftstellers. Vehement trat er etwa auch der Rechtschreibreform entgegen – er unterzeichnete den von Nobelpreisträger Günter Grass initiierten Aufruf zur Beibehaltung der alten Schreibweise und unterstützte die FAZ, als diese Ende 2000 die Reform blattintern rückgängig machte.

Alois Brandstetter beim Unterrichten an der Universität Klagenfurt
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Alois Brandstetter war lange an der Universität Klagenfurt tätig

Seit den 1970er Jahren literarisch tätig

Brandstetters literarischer Erstling „Überwindung der Blitzangst“ erschien 1971. Im Mittelpunkt seiner ironisch-kritischen Heimatgeschichten stehen meist Käuze und Naive, von Frömmelei und Volkstümelei Geängstigte, aus deren Blickwinkel erzählt wird. In seinem vor fünf Jahren erschienenen Roman „Kummer ade!“ geht der Ich-Erzähler etwa dem wahren Kriminalfall des Diebstahls eines Kummerkastens aus einer Klagenfurter Kirche nach und verfällt dabei in weit schweifende Überlegungen über Kirche, Staat, Verbrechen und Literatur.

Letztere sind auch in seinem 2009 veröffentlichten „Ein-Brief-Roman“ mit dem Titel „Cant lässt grüßen“ stark vertreten: So schlüpfte Brandstetter in die Rolle von Immanuel Kants Assistenten, um einer jungen Klagenfurterin, die sich in den 90er-Jahren des 18. Jahrhunderts tatsächlich brieflich an den Philosophen gewandt hatte, zu antworten. Nicht zuletzt Goethe und Schiller bekommen dabei ihr Fett weg.

Alois Brandstetter vor steinernem GTI-Modell in Reifnitz
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Alois Brandstetter vor dem steinernen GTI in Reifnitz

Der Schrift im engsten Sinne widmete er sich 2007 in „Ein Vandale ist kein Hunne“, in dem der Ich-Erzähler dem Graffiti-Tag „KORKS“ auf den Grund geht und auch hier auch rasch auf andere Phänomene wie das GTI-Treffen in Maria Wörth oder das Umbenennen von nationalsozialistisch belasteten Straßennamen zu sprechen kommt. Als Fortsetzung des 1974 erschienenen „Zu Lasten der Briefträger“ besuchte er 2011 in „Zur Entlastung der Briefträger“ noch einmal die altbekannte Stammtischrunde.

„Lebenszeichen“ und „Lebensreise“

Auf den Band „Lebenszeichen“ folgte 2020 schließlich seine „Lebensreise“, die als siebentes Kind eines Müllers und Bauern begann. Dabei verband er eine „Wallfahrt“ nach Castiglione mit „Erinnerungen an frühere Italien- und Romfahrten (eine als Gymnasiast mit dem Fahrrad), mit Anmerkungen auch zu meiner literarischen (und religiös-kirchlichen) Sozialisation“ und bat, „mir einige Freiheiten herausnehmen zu dürfen, auch Seitenwege zu nehmen“.

Vielfach preisgekrönt

Für seine Bücher erhielt der Autor zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Förderungspreis für Literatur des Landes Kärnten 1975, den Kulturpreis des Landes Oberösterreich für Literatur 1980, den Rauriser Bürgerpreis 1983, den Wilhelm-Raabe-Preis der Stadt Braunschweig 1984 und den Heinrich Gleißner Preis im Jahr 1994. Zuletzt wurde er mit dem Adalbert-Stifter-Preis und dem Großen Kulturpreis des Landes Oberösterreich 2005 und dem Großen Goldenen Ehrenzeichen des Landes Kärnten 2009 gewürdigt.

Sendungshinweis:

Kärnten heute, 4.12.2023

Anlässlich des 80. Geburtstag erschien im Residenzverlag ein Schuber mit den Werken „Zu Lasten der Briefträger“, „Zur Entlastung der Briefträger“, „Kummer ade!“ und „Aluigis Abbild“.

Alois Brandstetter beim Lesen
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