Dario Dellago im Krankenhaus
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„Aufgezeigt“: Kampf ums Pflegegeld

Der Triestiner Dario Dellargo hat sich in eine Kärntnerin verliebt und lebt deshalb seit zehn Jahren in Kärnten. Inzwischen ist er 84 und schwer krank. Seine Freundin pflegt ihn rund um die Uhr, braucht aber dabei dringend Hilfe. Doch Dario Dellargo bekommt kein Pflegegeld.

Die 80-jährige Kriemhilde Sorgo kommt täglich ins Elisabethinenkrankenhaus in Klagenfurt zu Besuch. Bei einem Sturz vor 14 Tagen brach sich ihr Lebensgefährte Dario Dellargo den Oberarm. Außerdem leidet er an Parkinson und Demenz. Der behandelnde Arzt, Walter Müller, bestätigt, dass sein Patient dringend Pflege brauche. Durch Parkinson habe er ein hohes Sturzrisiko, daraus resultiert der jetzige Bruch.

Kriemhilde Sorgo sagt, die Pflege sei „eine Katastrophe“, es gehe in der Früh los und gehe bis in die Nacht, wo er aufstehe. „Ich muss überall helfen, es geht nicht anders.“ Sie ist noch topfit, trotz ihres Alters, durch die Pflege nahm sie aber schon zehn Kilogramm ab. Dazu kommen dauernde Geldsorgen.

Dario Dellago im Krankenhaus
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Dario Dellargo im Krankenhaus

Pflegerin im Kreis geschickt

Dario Dellargo bekommt eine kleine Pension aus Italien von 1.100 Euro, ist in Italien krankenversichert und hat in Kärnten eine europäische E-Card. Seit einem Jahr bemüht sich seine Freundin um Pflegegeld für ihn: „Ich wurde von Amt zu Amt geschickt und habe überall Absagen bekommen. Wenn ich um eine Empfehlung gebeten habe, an wen ich mich wenden soll, hat es geheißen, man wisse es nicht.“ Sie möchte ihn aber auf jeden Fall zuhause behalten, doch allein schaffe sie das nicht.

Sendungshinweis:

Aufgezeigt, 4.2.2020

„EU-Richtlinie umsetzen“

Bei der Pensionsversicherung (PVA) erfuhr das Aufgezeigt-Team, dass Dario Dellargo einer von vielen Europäern ist, die keinen Anspruch auf Pflegegeld haben. Abteilungsleiter Markus Kastrun sagte, es gebe vermehrt ähnliche Beschwerden. Man müsse eine EU-Richtlinie umsetzen, die besage, wenn jemand im Ausland Rente beziehe und auch über einen ausländischen Krankenversicherungsträger in Österreich krankenversichert sei, sei auch dieser Träger im Ausland für das Pflegegeld zuständig.

Markus Kastrun von der PVA
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Markus Kastrun

In Italien sei es aber so, dass die Krankenversicherungsträger das Geld nicht an Österreich auszahle, der Patient müsste seinen Hauptwohnsitz in Italien haben. Es wisse aber kaum jemand, dass das Pflegegeld an den Wohnsitz gebunden sei.

Anwalt  Paolo Caneppele
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Anwalt Paolo Caneppele

Die Italienische Versicherung INPS teilte auf Anfrage mit, dass der Beitrag für eine Unterstützung bei Behinderung vom Wohnsitzland gezahlt werden müsse, im Fall Dellargo also von Österreich. Im Zweifelsfall verweist die INPS an das Gesundheitsministerium.

Manche Staaten zahlen nicht

Österreich zahlt nicht, weil Italien zuständig ist, und Italien zahlt nicht, weil Dario Dellargo in Österreich wohnt. Arzt- und Behandlungskosten, die in Österreich anfallen, werden mit Italien abgerechnet. Für das Pflegegeld gilt das aber nicht. Die meisten EU- Mitgliedsstaaten zahlen für ihre Bürger, auch wenn sie in Österreich leben. Italiener, Griechen, Kroaten und Ungarn bekommen dagegen nichts. Zwölf Staaten sind es insgesamt, die kein Pflegegeld ins EU-Ausland bezahlen.

Instanzenweg durchklagen

Für Aufgezeigt-Anwalt Paolo Caneppele ist das unhaltbar, denn in der EU gelten Niederlassungfreiheit und Gleichbehandlung aller Bürger als Grundsätze: „Das widerspricht meiner Meinung nach dem Gleichheitsgrundsatz, somit den Grundrechten." Nachdem Herr Dellargo seinen Grundleistungsanspruch, die Pension, in Italien ausgezahlt bekommt, müsste er auf Basis des Gleichheitsgrundsatzes in Italien durch den Instanzenzug schicken und beim EUGH seine Rechte bekommen.“

Dieser Rechtsweg dauert unter Umständen viele Jahre, doch Dario Dellargo ist 84 und schwer krank. Wenn Frau Sorgo keine Hilfe bekommt, bleibt für ihren Lebensgefährten nur der Weg ins Heim. Das kommt dann zwar viel teurer, wird dafür aber problemlos bezahlt.