Die 29-tägige Testphase begann an einem verlängerten Wochenende für Italien. Der Auftakt war allerdings von Spannungen begleitet. 300 Aktivisten protestierten gegen die Maßnahmen. Einige Anwohner liefen Sturm, weil sie befürchten, dass die Stadt letztendlich zu einem „Museum“ werden könnte. Sie sagen: „Nein zum Ticket! Ja zu Wohnraum und Dienstleistungen für die Venezianer.“
Sendungshinweis:
„Servus Srecno Ciao“, 27.04.2024
Bis Sonntag gab es rund 100.000 Reservierungen. Beim Auftakt am Donnerstag sind in etwa 13.000 zahlende Gäste in Venedig angekommen. Die meisten von ihnen wussten bereits von dem Ticket und nahmen es an – in der Hoffnung, dass es zum Erhalt der Stadt beitragen würde. Während der Testphase muss sich jeder registrieren, der nach Venedig kommt. Ob die fünf Euro fällig sind, muss in einem weiteren Schritt geklärt werden.
Eintrittsgebühr für Tagesgäste an Wochenenden
Alle Tagestouristen, die das historische Stadtzentrum Venedigs besuchen, müssen die Gebühr bezahlen. Wenn man sich zum Beispiel nur am Lido, in Mestre oder am Bahnhof aufhält, dann ist nichts zu bezahlen. Der erste Durchgang der Testphase geht noch bis 5. Mai. Von 11. Mai bis 14. Juli wird dann an den Wochenenden Eintritt kassiert – jeweils von 8.30 Uhr bis 16.00 Uhr. Eine Ausnahme bildet das erste Juni-Wochenende.
Bei Nichteinhaltung drohen hohe Strafen
Hat man vor, einen Tagesausflug nach Venedig zu unternehmen, muss man sich im Vorfeld auf der Webseite anmelden und erhält anschließend einen QR-Code. Diesen muss man dann vor Ort am Handy vorweisen, falls es zu einer Kontrolle kommt. Sonst drohen Strafen zwischen 50 und 300 Euro. Wer keinen Internetzugang oder kein Handy hat, kann beim Piazzale Roma und vor dem Bahnhof direkt vor Ort die Gebühr entrichten und bekommt einen ausgedruckten QR-Code, ist auf der Internetseite der Stadt Venedig zu lesen. Um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten wurden im gesamten Stadtzentrum Kontrollpunkte eingerichtet.
An die 50.000 ständige Einwohner leben hier. In der Hauptsaison sind an manchen Tagen oft mehr als doppelt so viele Touristen unterwegs. Ab 1. Juni verbietet Venedig daher auch von Reiseführern begleitete Touristengruppen, die mehr als 25 Personen umfassen.
Neue Methode zur genauen Besucherzählung
Die aktuelle Maßnahme ist Frucht jahrelanger Diskussionen. In der Vergangenheit wurde etwa gezählt, wie viele Personen in das Handynetz eingewählt sind. Nun sollen konkretere Rückschlüsse möglich werden – nicht nur, was die Besucherzahlen angeht.
Simone Venturini, Stadtrat in Venedig, erklärt, dass es keine Drehkreuze, Tore, Stacheldraht oder physische Barrieren geben solle: „Es handelt sich um ein Experiment. Wir sind nicht überzeugt, dass wir die magische Lösung gefunden haben. Es ist ein Werkzeug, das durch das Gesetz bereitgestellt wird und wir versuchen, es nach 40 Jahren kontinuierlicher Debatten über den Massentourismus zum Funktionieren zu bringen.“ Außerdem soll geklärt werden, ob die Zahl der Sicherheitskräfte erhöht oder ob die Müllentsorgung optimiert werden muss.
Geld soll in Infrastruktur und Umweltprojekte fließen
Durch die Eintrittsgebühr verspricht sich die Stadt Einnahmen von rund 13 Millionen Euro. Das Geld soll auch für Infrastruktur- und Umweltprojekte verwendet werden. Michele Zuin, Finanzstadtrat von Venedig, betont, dass das Ziel nicht das Sammeln von Geld sei, „sondern um den Tagestourismus zu Spitzenzeiten zu minimieren.“ Ziel der Maßnahme ist es auch, die Lebensqualität der Venezianer zu erhöhen und Touristen insgesamt zu längeren Aufenthalten zu bewegen.
Manche Besucher sind von Gebühr ausgenommen
Von der Gebühr für Tagestouristen ausgenommen sind Kinder unter 14 Jahren und Menschen mit Europäischem Behindertenausweis. Keine Gebühr bezahlen müssen auch all jene, die in Venedig übernachten. In den meisten Fällen übernimmt die Unterkunft die Registrierung. Auch wer Venezianer besucht oder aus der Region Venezien stammt, zahlt nichts.
Ausweispflicht für Einheimische stößt auf Unverständnis
Dennoch gilt, dass sich auch Einheimische via Handy-Registrierung ausweisen müssen. Nicht nur für die gebürtige Vorarlberger Schuhmachermeisterin Gabriele Gmeiner, die seit mehr als 20 Jahren in Venedig lebt, ist das ein Dorn im Auge: „Es erinnert mich ein bisschen an diese ‚verkontrollierte‘ Zeit aus Covid, also diese ständige Kontrolle. Ich gehe schnell mal ohne Handy raus und dann kann ich mich nicht ausweisen. Das ist ja, also dieser QR-Code mit dem Handy, den muss man sich ja eintätowieren lassen.“ Für sie sei es auch eine Frage der Privatsphäre.
Weitere Verschärfungen nicht ausgeschlossen
Nach der 29-tägigen Testphase plant die Stadtregierung ab 1. Jänner kommenden Jahres eine generelle Eintrittsgebühr einzuführen. Schon vorher könnte – in einem nächsten Schritt – die 100.000-Besucher-Grenze an manchen Tagen für weitere Einschränkungen sorgen, kündigte die Stadtverwaltung an. Laufend aktualisierte Informationen für Touristen gibt es auf einer Internetseite der Stadt Venedig – auch in deutscher Sprache.