Mädchen beim Unterhalten Symbolbild Jugend
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Chronik

Oratorio: Ort der Begegnung in Eberndorf

Die gebürtige Italienerin Cristina Santoro-Sienčnik hat vor zehn Jahren gemeinsam mit ihrem Mann Stefan den „Campus AdFontes“ in Eberndorf/Dobrla vas ins Leben gerufen. Das unlängst eröffnete „Oratorio Base“ soll ein Ort der Begegnung für Menschen aller Generationen sein.

Oratorio nennt sich ein Ort der Begegnung, dessen Geschichte in Italien bis ins 16. Jahrhundert zurückgeht. „Filippo Neri gründete in der Nähe von Rom ein Oratorio, mit dem Ziel, Gemeinschaft und gemeinsames Gebet zu ermöglichen“, erklärt Cristina Santoro-Sienčnik. Ein Ort der Begegnung also, wo auch Musik und das Studium der Bibel eine große Rolle spielten.

Don Bosco gründete 1846 in Turin das moderne Oratorio: „Er wollte die Kinder, die eigentlich durch die Industrialisierung vernachlässigt wurden, weil ihre Eltern in die großen Städte umzogen, von der Straße holen. Er hat ihnen eine Familie und ein Zuhause gegeben.“

Stefan Siencnik und Daniela Satoro Siencnik
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Cristina Santoro-Sienčnik

Es ist immer jemand da, der zuhört

Cristina Santoro-Sienčnik folgt seinen Spuren in Eberndorf/Dobrla Vas, in ihrer zweiten Heimat: „Ich komme aus Italien und bei uns, also 50 Kilometer nördlich von Mailand oder allgemein in der Gegend, hat fast jede Pfarre ein Oratorio. Das ist der Ort, wo die Pfarre lebt. Wo besonders Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene und ältere Menschen einfach einen Platz haben, wo immer jemand da ist, der zuhört, wo Kinder und Jugendliche gemeinsam spielen.“

Besonders schön finde sie es, dass meistens Jugendliche auf Kinder aufpassen oder mit ihnen spielen und lernen, somit auch Verantwortung zu übernehmen. „Das ist für mich eine der wichtigsten Sachen heutzutage im Leben“, so Santoro-Sienčnik.

Kinder beim Singen in Oratorio Eberndorf
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Kinder beim Singen

Landwirtschaftsschule als Ausgangspunkt

Gemeinsam mit ihrem Mann Stefan gründete sie den Campus Ad Fontes in der Bahnhofstraße, am Gelände der ehemaligen Landwirtschaftsschule. „Mein Mann Stefan hat als Erasmus-Student in Italien auch ein Oratorio erlebt. Ihn hat irgendwie diese Begeisterung, die er dort erlebt hat, nie mehr losgelassen. Wir haben schon lange davon geträumt, dass wir hier auch so einen Ort gründen. Dann war diese Landwirtschaftsschule zu verkaufen und er hat sie bekommen.“

Nach dem Umbau begannen die beiden damit, Aktivitäten anzubieten, die den Gemeinschaftssinn stärken: „Wir haben schon bald mit einer Sommerwoche für Kinder angefangen. Die war ein großer Erfolg. Wir hatten mehr als 80 Kinder und ganz viele Menschen halfen mit. Dann haben sich langsam die Sachen entwickelt.“

Campus AdFontes außen
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„Wollen Menschen erreichen, die einsam sind “

Beim gemeinsamen Singen und Basteln, so wie jetzt vor Ostern, können die Kinder aus der Gemeinde ohne Leistungsdruck ihre Talente entdecken und Erfahrungen sammeln: „Da kann wirklich jeder kommen. Es ergibt sich dann die Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu kommen. Für uns wäre wichtig besonders jene Menschen zu erreichen, die einsam sind. Wir denken, dass die Einsamkeit auf jeden Fall ein großes Problem und eine große Not unserer Zeit ist.“

Kinder beim Basteln im Oratorio
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Kinder beim Basteln

Neu ist dort seit kurzem ein Projekt, das in Zusammenarbeit mit der Caritas realisiert wurde: Es trägt den Namen „Oratorio Base“. Insgesamt 200 Menschen mit Behinderung begleitet die Caritas an elf Standorten in Kärnten, in Friesach, Althofen, Maria Elend, Globasnitz und in Eberndorf. Hier wurde mit dem Oratorio Base das jüngste Projekt umgesetzt, sagte Erna Petek, die Bereichsleiterin vom Caritas-Team Lebensgestaltung: „Wir haben vor ein paar Jahren schon ein Wohnhaus in diesem Campus Ad Fontes integriert, eine kleine Wohngemeinschaft. Jetzt geht es um das gemeinsame Tun.“

Oratorio Base
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Das Oratorio Base ist ein neues Projekt, das die sogenannte „dislozierte Tätigkeit“ zum Ziel hat: „Unsere Klientinnen und zwei Klienten, die da mitwirken und mittun, besuchen die Werkstätte Florian in Globasnitz. Und jetzt sind wir eben dabei, das Ganze noch in eine inklusivere Richtung zu führen mit vier Klientinnen und Klienten und zwei Mitarbeiterinnen. Sie üben sich im gemeinsamen Tun im Kaffeehaus im Oratorio Base“, so Petek.

Oratorio Base Eberndorf
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Geöffnet ist das kleine Kaffeehaus mit angrenzendem Shop von Dienstag bis Freitag zwischen 9.00 und 15.00 Uhr. Es kann dort nicht nur geplaudert und Kaffee getrunken werden. Es gibt auch einen kleinen Verkaufsbereich, wo Geschenke und Produkte erworben werden können, die einen sozialen, persönlichen, nachhaltigen, christlichen oder gemeinwohlfördernden Wert haben. „Wir üben natürlich Soziales. Wie begrüßt man einen Gast? Wie bedient man einen Gast? Wir üben natürlich auch, wie man Kaffee macht und Geschirr abwäscht. Also das Alltägliche, was zu einem Kaffeehaus dazugehört. Das Vorbereiten, das Bepreisen der Produkte, also alles, was mit dem Oratorio Base zusammenhängt, das üben wir.“

Angenommen wird das Projekt gut. Nicht nur von den Klientinnen und Klienten der Caritas, die mitwirken, sondern auch von den Gästen. „Wir haben auch schon Gäste aus Villach da gehabt. Es spricht sich herum und das ist einfach schön. Es geht um Freude, es geht um das Miteinander und es geht einfach um die gemeinsame Tätigkeit.“