Barbara Essl
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Vergessenes wieder sichtbar machen

Die Fotokünstlerin und gebürtige Kärntnerin Barbara Essl zeigt in der Hafenstadt Triest in einer Ausstellung Bilder verlassener und vergessener Orte. Mit ihren Fotografien rückt sie Vergessenes ins Bild und will sichtbar machen, was einst lebendig war.

Barbara Essl ist regelmäßig unterwegs – in ganz Europa findet sie Inspirationen für ihre Werke. Sie sucht sich verlassene Plätze aus, recherchiert und fotografiert sie dann. In Paris studierte sie Fotografie, zu Triest aber hat sie eine ganz besondere Beziehung. „Ich habe vor 35 Jahren hier in Triest studiert. Damals hat die Stadt noch ganz anders ausgeschaut. Das historische Zentrum war baufällig. Das hat sich dann in den 1990er Jahren verändert, da ist alles renoviert und restrukturiert worden“, so Essl.

Altes Kino
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Ein verlassener Kinosaal in Triest

Sicherheitsauflagen wurden strenger

Nicht so das Gasometer oder ein aufgelassenes Kino als Teil auf der Piazza Vittorio Veneto. Alte hölzerne Kinosessel im sonst von Bauschutt bedeckten Vorführraum, riesengroße Projektoren und Reste von abgerissenen Filmplakaten lassen noch heute Erinnerungen an die Glanzzeiten wach werden. „Dies ist das Kino der Eisenbahner gewesen. Das heißt, es war eine Freizeiteinrichtung der Eisenbahn, der ferrovie dello stato. Die Mitarbeiter durften sich hier Filme anschauen und haben einen ermäßigten Preis bekommen“, so Essl.

Sendungshinweis:

„Servus, Srecno, Ciao“, 10.6.2023

Der Betrieb wurde in den späten 1980er Jahren eingestellt. Der Grund sei, dass die Sicherheitsauflagen, wie bei vielen anderen Lost Places oder historischen Gebäuden immer strenger geworden sind, so Essl. „Das konnten die Betreiber nicht mehr finanzieren. Deswegen wurde eher geschlossen als noch einmal umgebaut.“

Lost Place
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Die Sicherheitsauflagen wurden strenger

Happy End für „Fotoobjekt“

Oft wird Essl mehrmals mit ihrer Kamera ans Werk gerufen. Besonders freut es sie, wenn es dann sozusagen ein „Happy End“ für ihre Fotoobjekte gibt, so wie auch für das aufgelassene Kino als Teil eines 18.000 Quadratmeter umfassenden Gebäudekomplexes auf der Piazza Vittorio Veneto. „Das haben Österreicher gekauft, letztes Jahr. Ein Projektentwickler. Der halbe Palazzo wird zum Hotel, die andere Hälfte zu Wohnungen. Das Tolle daran ist: Sie werden dieses Kino beibehalten, nicht als Kino, sondern als Konferenzraum und werden aber das Ambiente so belassen. Das hat mich wahnsinnig gefreut, wo ich das gehört habe.“

Fotoausstellung Lost Places

Sichtbar machen, was lebendig war

Mit ihren Fotografien rückt sie Vergessenes noch einmal ins Bild. Mit ihren Bildern will sie wieder sichtbar machen, was einst lebendig war. „Ich glaube, dass Lost Places, verlassene Plätze, ganz viel mit unserem eigenen Leben zu tun haben. Es ist so eine Metapher für unser Leben. Die Vergänglichkeit und das Sterben sind Aspekte unserer Existenz, die wir immer total gerne verdrängen, weil wir dort einfach nicht hin wollen. Ich finde das wahnsinnig spannend.“

Eigene Technik für Drucke entwickelt

Für die Gestaltung ihrer Arbeiten entwickelte Barbara Essl eine eigene Technik. Nach umfassenden Experimenten mit unterschiedlichen Papierarten, Holz und Kupfer für die Drucke stellte sich irgendwann Aluminium als ideales Material dafür heraus: „Ich war immer auf der Suche der Dreidimensionalität. Das hat mir schon immer gefallen. Das Aluminium liefert mir genau die Eigenschafen, die ich benötige.“

Scheinbar vergessene Orte, Figuren und Objekte in ihren Bildern darzustellen, ist heute einer der Schwerpunkte ihrer Arbeit. "Wir leben ja in einer Welt der gesichtslosen Benutzeroberflächen und der klaren Strukturen, die ja von Architektur und Design übernommen worden sind. Mein Interesse hingegen sind historische Bauten, verlassene Bauten, die Geschichten erzählen von Menschen.

Alter Hafen von Triest
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Der alte Hafen von Triest

Schaurige Stimmung

Von dieser Basis geht für sie eine besondere Atmosphäre aus, auch wenn sie oft eine schaurige Stimmung umgibt, wie die Insel Poveglia in der Lagune von Venedig. „Die Insel war früher eine Quarantäne-Station, später war auch eine Psychiatrie dort angesiedelt. Man merkt an den verlassenen Plätzen dort, welche Stimmung sie verbreiten. Es ist eine sehr gedrückte Stimmung. Es hat Menschenversuche gegeben, die grausam waren“, so Essl.

Ausstellung
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Noch bis 2. Juli kann die Ausstellung von Barbara Essl besucht werden

Ausstellung bis Anfang Juli

60 Exponate umfasst ihre Ausstellung im alten Hafen, der selbst wie eines ihrer Fotomotive aussieht. Historische Gebäude wie diese – nicht nur in Triest, sondern zum Beispiel auch in Fiume/Rijeka zeugen vom Fortschritt und gleichzeitigen Verfall. „Gewisse Orte sind zwar verlassen, aber sie sind nicht für immer verlassen, sie sind in einer Warteposition. Der Palaco Benčić in Rijeka/Fiume ist so ein Beispiel. Früher war das eine Zuckerfabrik, in der Monarchie war es eine Tabakfabrik. Jetzt wurde das Gebäude renoviert und ist das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst“, so Essl. Ihre Ausstellung ist bis 2. Juli zu sehen – im Magazzino 26 im Porto Vecchio, dem alten Hafen von Triest.