Es sind bewegte Zeiten. Fest steht, die Vernunft ist eine Form der Intelligenz, die nur die Menschen besitzen. Ausstellungsbegleiterin Claudia Baumgardt: „Alle anderen Lebewesen existieren. Wir haben uns aber schon seit eh und je nach dem Grund gefragt, warum wir existieren. So machen wir das auch in diesem Jahr wieder anhand von 40 Kunstwerken aus sechs Jahrhunderten Kunstgeschichte. Wir führen den Besucher durch mehrere Bereiche. Durch Formen der Vernunft oder der Intelligenz, wie zum Beispiel die der Philosophie, der Wissenschaften, der Phantasie.“
Mehrere Gründe lassen Menschen Vernunft verlieren
Danach spreche man auch über die Freiheit der Gedanken und über die Bedeutung der Freiheit der Gedanken. Natürlich gehe es auch um die Verbindung zum Beispiel auch zu Rationalität und Glauben, so Baumgardt.
Im ersten Bereich der Ausstellung wird darüber reflektiert, wie Menschen die Vernunft verlieren können. Unwissenheit, Oberflächlichkeit, Laster, Leidenschaften, Angst und Interessen können dazu beitragen. Femizide sind ein allgegenwärtiges soziales Problem, das den Maler eines Bildes aus Frankreich schon im 13. Jahrhundert beschäftigte: Es zeigt einen Mann, der gerade seine Frau und sein Kind ermordete.
Ein Bild zeigt auch zügelloses Feiern und moralischen Verfall, wie bei den sogenannten „Baccanalen“, also Orgien, im römischen Reich.
Darstellungen von Kindern erst ab dem 19. Jahrhundert
Eine Form der Intelligenz stellen auch die Phantasie und die Kreativität dar. Was vor allem im Kindesalter natürlich erscheint geht im Laufe des Lebens bei Vielen verloren. Diese Fähigkeiten bildlich dargestellt sind ebenso selten, so Claudia Baumgardt.
Sendungshinweis:
Servus, Srecno, Ciao; 30.7.2022
Es gebe wenige Bilder oder Gemälde, die Kinder darstellen, weil Kinder bis zum 19. Jahrhundert nicht interessant waren für die Malerei. „Sie wurden also entweder als Engel dargestellt oder als kleine Erwachsene in den Niederlanden. Erst ab dem 19. Jahrhundert beginnt man auch Kinder darzustellen. So haben wir ein paar Beispiele.“
„Hohe Qualität von Künstlern“
Waren es in früheren Jahren berühmte Namen wie Picasso, Monet oder Caravaggio sind es diesmal etwas weniger bekannte, wenn auch nicht weniger bedeutsame Maler, deren Kunstwerke in Illegio gezeigt werden, sagte Baumgardt: „Andere Künstler haben wir selbst entdeckt, die wir auch vorher nicht kannten, aber die doch so eine hohe Qualität von Künstlern ihrer Zeit haben und es auch wert sind ausgestellt und gezeigt zu werden, besonders aus Frankreich und Italien.“
Zwei Leihgaben aus Österreich
Zwei Leihgaben aus dem Belvedere in Wien gibt es zu bestaunen, darunter eines von Karl Schönbrunner, sagte Baumgardt. Es sei eine Episode des heiligen Augustinus aus der Neurenaissance – das andere Werk stamme von Leo Reifenstein mit dem Titel „Desputation“. Er stellte es 1885 im Künstlerhaus in Wien aus. Die Ausstellung wurde damals auch von Kaiser Franz Josef persönlich besucht.
Baumgardt: „Kaiser Franz Josef gefiel dieses Bild so gut, dass er es gekauft hat für seine persönliche Sammlung. Es ist eine wunderschöne Darstellung, etwas im Stil von Karl Spitzweg, wo drei ältere Herren angeregt diskutieren in einer sehr erleuchtenden und lebhaften Atmosphäre.“
Die Zustände im italienischen Parlament wollte Angelo dall’Ocabianca aus Verona Anfang des vergangenen Jahrhunderts mit „Die Masken“ dokumentieren, sagte Baumgardt: „Es ist eine Karikatur, eine Groteske, bewusst. Er war damals schon sehr kritisch, auch sehr nationalistisch eingestellt teilweise und stellt das italienische Parlament wie Schauspieler dar, die ihre Masken je nach Nutzen auf- oder absetzen. Er zeigt dann dieses Werk Jahre später Benito Mussolini, dem es auch sehr gefiel. Wir wissen ja, dass Mussolini dann 1922 auch dieses Parlament selbst mit seiner faschistischen Partei übernommen hat."
Vernunft menschlicher Intelligenz bleibt wichtig
Für die Kuratoren der Schau hat diese – in Hinblick auf die Schönheit der Vernunft – auch einen durchaus aktuellen Bezug, sagte Baumgardt. Denn man lebe in einer Zeit, in der die Vernunft manchmal verloren gehe. In einer Zeit, wo man einen brutalen Krieg vor der Haustüre habe. In einer Zeit, in der man eine Pandemie für Jahre nicht loswerde und wo über Social Media und Fake News, täglich versucht werde, auf die Vernunft Einfluss zu nehmen. „Insofern ist das Thema der Vernunft und eine korrekte Anwendung der Vernunft und der menschlichen Intelligenz von besonderer Wichtigkeit.“
Geöffnet ist die Schau bis 16. Oktober in Illegio. Es stehen auch Audioguides auf Deutsch zur Verfügung.