Pappelplantage Pappelhain Osoppo
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Kultur

Pappeln: Baum des Volkes als Kunstobjekt

Der Name Pappel – lateinisch Popolus – ist auch das Wort für Volk. Die Bäume stehen im Mittelpunkt eines Kunstprojekts des Klagenfurter Universitäts-Kulturzentrum UNIKUM und des holländischen Studio Wild. In den Natisone-Tälern/Valli del Natisone/Nadiške doline erzählen sie die Geschichte von Abwanderung und Neubeginn.

Migration prägt Geschichte des Ortes

Das Klagenfurter Universitäts-Kulturzentrum UNIKUM ist seit Jahren bekannt dafür, bekannte Touristenpfade zu verlassen, um Unbekanntes oder Vergessenes ins Bewusstsein zu Rufen.

Im aktuellen Projekt erzählt die Pappel die Geschichte über die Migration und Menschen im Ort Topolò, die gegangen sind und wieder kommen, so Niki Meixner von UNIKUM: „Während des ersten und zweiten Weltkrieges gab es in der Gegend immer Grenzkonflikte und es kam zu einer Abwanderung. Zu Spitzenzeiten wohnten dort früher einmal noch mehr als 400 Menschen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren nur mehr 20, mittlerweile werden es wieder mehr.“

Topolò Wanderung
UNIKUM / Niki Meixner
UNIKUM-Wanderung in die Natisone-Täler

Es wird auch darauf eingangen, wie im Laufe der Zeit Spannungen zwischen der slowenischen und italienischen Volksgruppe überwunden wurden und wie die von wirtschaftlichem Niedergang betroffene Landschaft wieder kultiviert werden. Niki Meixner von Unikum war mit einer Gruppe schon vor Ort – Anfang Juli ist ein weiterer Termin vorgesehen.

Pappeln: Baum des Volkes als Kunstobjekt

Der Name Pappel – lateinisch Popolus – ist auch das Wort für Volk. Die Bäume stehen im Mittelpunkt eines Kunstprojekts des Klagenfurter Universitäts-Kulturzentrum UNIKUM und des holländischen Studio Wild. In den Natisone-Tälern/Valli del Natisone/Nadiške doline erzählen sie die Geschichte von Abwanderung und Neubeginn.

Alte Terrassen werden reaktiviert

Durch „The lost populus garden“, der mit dem holländischen Künstler-Kollektiv „Studio Wild“ realisiert wurde, soll die Gegend wieder attraktiver werden – nicht nur für Kulturinteressierte. Jesse van der Ploeg von „Studio Wild“ sagt, die ziemlich verwachsene Umgebung wurde gerodet: „Es kamen die typischen Terrassen zum Vorschein, die es hier früher gab. Wir pflanzten neue Bäume. Das Altholz wurde zerkleinert und soll ihnen beim Wachsen helfen.“

Jesse van der Ploeg und Tymon Hogenelst
UNIKUM/Niki Meixner
Jesse van der Ploeg und Tymon Hogenelst von „Studio Wild“

Neues Bewässerungssystem entstand

Sein Kollege Tymon Hogenelst erklärt, dass eine Art Bewässerungssystem für die Pflanzen und Bäume in den Gärten errichtet wurde: „Wir benutzen blaue Planen, die man sonst für landwirtschaftliche Zwecke verwendet, um den Garten vom Wald abzugrenzen. Wir hoffen, Leute dazu animieren zu können, diese Gegebenheiten künftig auch wieder zu nutzen.“

Topolò Kunstprojekt
UNIKUM/Niki Meixner

Aus der Ich-Perspektive erzählen die Bäume bei dem Kunstprojekt die Geschichte von Topolò, über das Kommen und Gehen von Menschen und über ihre eigene Geschichte.
Ausgehend von der Schwarz- und Weißpappel und vereinzelten Zitterpappeln, die ursprünglich, im 20. Jahrhundert, vor allem in den Berggegenden verbreitet waren, ging der Pappel-Bestand in den 1970er und 80er Jahren auch in der Ebene deutlich zurück. An die viertausend Hektar sogenannter Hybrid-Pappeln, die als widerstandsfähiger gelten, gibt es derzeit in Friaul Julisch Venetien und es sollen noch mehr werden. Gefördert wird ihre Züchtung auch von der EU.

Topolò Flugaufnahme
UNIKUM/Niki Meixner
Topolò in den Natisone-Tälern

Pappeln mögen feuchtes Erdreich

Während sie gleich nach der Grenze, zum Beispiel im Kanaltal, noch nicht zu sehen sind findet man die ersten Pappelhaine nahe Osoppo. Die Gegend eignet sich wegen ihres hohen Grundwasserspiegels für die Zucht: „Von Udine bis zur mittleren friulanischen Tiefebene sieht man wenige Pappeln, weil die Erde dort sehr porös ist. In Palmanova, Cervignano und Umgebung gibt es wiederum einige Pappel-Haine, weil das Erdreich gut durchfeuchtet ist.“

Pappelhain Osopoo
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Beim Anbau wird – laut einer regionalen Verordnung – auf Pestizide und Pflanzenschutzmittel verzichtet. Laut italienischen Experten Rinaldo Comino soll ein einfaches Ökosystem erhalten bleiben – und das natürliche Vorkommen an Wildtieren – wie Rehe, Hasen oder bestimmte Vogelarten – begünstigt werden, so Comino.

Vogelnest in Pappelbaum
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Industrie begrüßt rasches Wachstum

Was manche heimische Botaniker skeptisch sehen, weil ihrer Ansicht nach ein Mischwald geeigneter für die Gegend sei, wird von wirtschaftlicher Seite aus begrüßt. Denn: Diese Bedingungen lassen die dünnstämmigen Pappeln rasch in die Höhe schnellen. Innerhalb von zehn Jahren erreichen sie einen Durchmesser von 30 Zentimetern – ausreichend für die industrielle Weiterverwertung, so Rinaldo Comino von der Forstverwaltung Friaul Julisch Ventien: „Das Holz ist sehr leicht, hell und lässt sich leicht und vielfälig verarbeiten.“

Pappeln Flugaufnahme
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Fantoni: Vom Prothesenbauer zum Holzverarbeiter

Eine der größten Firmen in Friaul Julisch Venetien, die unter anderem auch das Holz der Pappeln verwendet, befindet sich in der Nähe von Osoppo. 1882 gegründet stellte Fantoni nach dem Ersten Weltkrieg Prothesen für Kriegsversehrte her. Im Laufe der Jahre machte sich der Familienbetrieb einen Namen in unterschiedlichen Bereichen. Berater Tullio Bratta: „Früher wurde das Holz der Pappel zur Zellulose-Herstellung verwendet. Es gab in unserer Region eine Forschungseinrichtung, die spezielle Varianten dieses Baumes entwickelte. Durch sie können aus dem Holz der Pappeln auch Sperrholzplatten gemacht werden. Die Reste, um die Astlöcher oder vom Stamm, werden zerkleinert und zum Beispiel für Pannele verwendet.“

Firma Fantoni Osoppo
Fantoni SPA
In dieser Firma werden uA auch Pappeln verarbeitet

Alessandro Fantoni, der kaufmännische Leiter, sagt, seine Firma habe sich neben der Herstellung von Büromöbeln und Einrichtungsgegenständen auch auf die Produktion von mitteldichten Holzfaserplatten – kurz MDF – spezialisiert: „Wir haben ein eigenes Wasserkraftwerk und stellen auch Melaminharzbeschichtungen und Spanplatten her – praktisch alles bis zum fertigen Möbelstück.“ Es entstehen hier auch Konzepte, die für ein ideales Raumklima sorgen und zum Beispiel Lärm absorbieren.