Dobratsch von oben Sendeanlage
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Auch 2022 im Zeichen von Höhlen und Karst

Das Jahr für Höhlen und Karst, das im vorigen Jahr begonnen hat, wird pandemiebedingt auf heuer verlängert. Zahlreiche Aktivitäten und Exkursionen sind geplant, so will der Naturwissenschaftliche Verein auch in Schulen gehen. Ein besonders interessantes Gebiet ist der Dobratsch.

Andreas Langer ist Mitglied der Fachgruppe für Karst- und Höhlenkunde des Naturwissenschaftlichen Vereins Kärnten. Im Klagenfurter Vereinslokal stehen die Infos bereit, die eigentlich schon längst Interessierten bei einer Wanderausstellung gezeigt werden hätte sollen. Erforschen – Verstehen – Bewahren lautet das Motto. Zu erfahren gibt es Einiges, zum Beispiel über Entstehung der Höhlen und deren Flora und Fauna unter Tage. Es ist ein weitreichendes Feld, das die Experten beschäftigt.

Andreas Langer
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Suchen und Finden von Höhlen als Hobby

Sein persönliches Steckenpferd, so Langer: „Für mich ist es das Suchen von Höhlen, das Auffinden, das Sein in der Natur und eben so, dass man sich überlegt, was ist in diesem Berg drinnen. Dieser Antrieb, vielleicht etwas Unentdecktes, etwas Neues zu finden und dann eben auch zu erkunden. Das ist ein Antrieb von jedem von uns heraus – etwas zu finden, was noch nie jemand von uns gesehen hat.“

Dann geht es für die Höhlenforscher ans Vermessen und Dokumentieren: „Höhlenkunde ist so wie umgekehrter Alpinismus. Wir bewegen uns mit den ähnlichen Techniken, aber halt statt nach oben nach unten. So wie der Bergsteiger sagt, ich habe einen Berg erkundet und habe am Weg dorthin sehr viel erlebt, ist das für uns das Gleiche, nur eben in die Tiefe.“

Darstellung der Österreichischen Berge
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650 Höhlen in Kärnten dokumentiert

Österreichweit sind 14.500 Höhlen dokumentiert, in Kärnten sind es rund 650: „Unsere Hauptverkarstungsgebiete sind das Gebiet um das Vellach Tal rund um den Obir und der Dobratsch. Die Karnischen Alpen gehören auch noch dazu. Man hat in der Vergangenheit für diese Höhlenentstehung Vegetation gebraucht, weil ohne Vegetation diese sekundären Vegetationshöhlen nicht entstehen können. Das heißt, die Vegetation ist ein wesentlicher Faktor, dass das notwendige CO2 entsteht, durch das Regenwasser, die Vegetation, den Humus das notwendige CO2 entsteht, damit Kalk gelöst werden kann und Hohlräume überhaupt entstehen.“

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao; 1.1.2022

Die Karawanken kenne man heute nur unbewaldet, aber sogar da habe es in früheren Zeiten Bewaldungen gegeben. So konnten viele Höhlen entstehen. Viele habe man noch nicht gefunden, weil man sich in diesen Gebieten erst einmal bewegen müsse, so Langer. 650 Höhen seien vor allem im Dobratschgebiet, Obir und auf der Petzen gefunden worden. Aber der gesamte Alpen-Adria-Raum biete jede Menge Forschungsmaterial für Höhlenkundler.

Andreas Langer
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Slowenien hat noch mehr Höhlen

Slowenien mit einer doppelten Fläche von etwa 20.000 Quadratkilometer hat über 10.000 Höhlen, Italien 33.000 Höhlen. Sie konzentrieren sich eher in den nördlichen Bereichen Italiens, im Bereich des klassischen Karstes, so Langer.

„Jeder auf der Welt, der mit Höhlenkunde zu tun hat, weiß, wenn man das Wort Karst sagt, was das ist. Diese Flächen sind auch jedem Mann und jeder Frau bekannt, weil jeder war glaube ich schon einmal auf einer Insel im Kroatischen. Diese Oberflächenformen, die im Karst vorkommen, kann sich jeder dort anschauen. Man kommt relativ leicht dazu und relativ leicht damit in Berührung.“

Schroffe Kalkformationen

„Der klassische Karst, diese Karstflächen, zeichnet aus: Schroffe Kalkformationen, die aus dem Boden herausstehen. Es gibt dort relativ wenige Oberflächenwässer. Das heißt, das Wasser, das sich dort an der Oberfläche sammelt, verschwindet relativ schnell in Höhlen und großen Hohlräumen und überwindet in diesen Hohlräumen relativ schnell dann auch große Entfernungen. Das heißt, wenn man sich das so anschaut, Predjama, ein Höhlenschloss mitten im Slowenischen, in der Nähe von Postojna – das Wasser, das in der Höhle Predjama verschwindet, kommt dann in der Nähe von Triest wieder zutage und das relativ schnell. Das heißt, es ist eine riesige Entfernung, die unterirdisch bewältigt wird.“

Karstwasser empfindlich für Verschmutzung

Weil so die sonst gegebene Reinigungswirkung im Wasserkreislauf verringert wird, kann achtlos weggeworfener Müll das Karstwasser erheblich kontaminieren. „Ungefähr ein Fünftel des Wassers auf der Welt wird durch Karsthöhlen bereitgestellt. Das ist nicht wenig. Da muss man vorsichtig sein und da versuchen wir eben ein bisschen Bewusstseinsbildung zu machen“, sagte Langer. Dazu beitragen soll auch das internationale Jahr für Höhlen- und Karstforschung. Die internationale Vereinigung der Speläologen hat für das Jahr 2021 das internationale Jahr der Höhlen ausgerufen. Pandemiebedingt wurde es auf das heurige Jahr verlängert.

„Das heißt, 54 Mitgliedsstaaten auf der ganzen Welt machen da mit. Sie machen Vorträge, Informationsabende – eben so wie wir beim Naturwissenschaftlichen Verein – Infofolder und Rollups, um Informationen, die den Kast und Karsthöhlen betreffen, der Bevölkerung näher zu bringen.“

Zehn Personen finden und dokumentieren Höhlen

Im Naturwissenschaftlichen Verein Kärnten beschäftigen sich aktiv zehn Personen mit der Höhlenkunde. Sie sind dafür zuständig, neue Höhlen zu finden, zu dokumentieren und die Daten im Kärntner Höhlenkataster zugänglich zu machen. Erforscht wird zum Beispiel auch die Verbreitung unterschiedlicher Fledermausarten in den Höhlen. Die Daten werden an die Europäische Union weitergemeldet.

„Fledermäuse sind höhlenliebende Tiere. Sie verbringen nicht ihr ganzes Leben in der Höhle, sondern sie suchen die Höhle vorwiegend als Winterlager auf. Leider nimmt durch die Auf- und Abforstung der natürliche Lebensraum der Fledermaus in den Wäldern ab. Früher haben sie Baumhöhlen aufgesucht und dort übernachtet und überlebt. Aber die Höhle selber ist als Wohnraum übrig geblieben.“

Fledermäuse werden gezählt

Wenn Höhlen befahren werden, zählen die Forscher die Tiere: „Wir bestimmen die Tiere, schauen, welche Arten kommen vor und wieviel Population ist da – einfach auch um zu dokumentieren, ob sich etwas an der Population ändert. Wird sie weniger oder mehr? Welche Faktoren wirken ein?“

Im Kärntner Obirgebiet konnte eines der größten Winterlager der kleinen Hufeisennase nachgewiesen werden. 400 Tiere dieser Gattung überwintern dort. Sie zu dokumentieren stellt für die Höhlenforscher eine große Herausforderung dar, denn es gilt, die Winterruhe der Tiere nicht zu stören: „Da haben wir auch festgestellt, dass die Tiere keine vollständige Winterruhe halten, sondern je nach den Verhältnissen in der Höhle – Temperatur oder Zugluft – umsituieren. Das heißt, sie wachen auf mit einem Herzschlag von zwei Schlägen pro Minute, fahren den Organismus hoch, suchen sich wieder ein besseres Plätzchen und hängen sich dort wieder hin.“

Frühe Menschen schätzten Höhlen

Es sei notwendig, mehrere Zählungen über den Winter zu machen, um festzustellen, ob die Population wirklich gleich bleibe oder es mehr oder weniger Tiere werden. Erkenntnisse aus der Paläontologie zeigen, dass auch der Mensch in früheren Zeiten Höhlen zu schätzen wusste: „Die durchschnittliche Temperatur in unseren Höhlen ist fünf Grad. Das heißt, wir bilden so das Jahresmittel unserer Temperaturkurve in den Höhlen ab. Jetzt muss man sich vorstellen, fünf Grad und knapp hundert Prozent Luftfeuchtigkeit ist ja nicht gerade angenehm. In der Sauna hat man es gerne, aber wenn man den ganzen Tag und die Nacht drinnen verbringen muss ist es unangenehm.“

Im Winter allerdings, wenn es draußen minus 18 Grad habe, sei es hingegen in der Höhle angenehm. So sei auch der Mensch ein höhlenliebendes Tier gewesen und habe die Höhlen als seinen Wohnraum zumindest für eine begrenzte Zeit verwendet.

„Sägespäne“ sind Eiszeitsinter

Was es mit sägespänenartigen Ablagerungen am Höhlenboden auf sich hat, konnten die Forscher ebenfalls klären: „Wir haben uns immer Gedanken darüber gemacht, am Boden so Sinter-Ansammlungen zu finden, die wie Sägespäne ausschauen. Das war für uns unerklärlich. Wir haben in dem Bereich, wo solche Sinter-Ansammlungen waren, Tropfsteine, massive Bodenzapfen, Stalagmiten, die abgebrochen waren, und etwa um einen Zentimeter versetzt wieder anwachsen. Durch Gespräche und durch ein anderes Forschungsprojekt in den Obirhöhlen ist die Universität Innsbruck auf unsere Entdeckungen aufmerksam geworden und hat sich auch Gedanken darüber gemacht und ist dann in den Untersuchungen und Gedanken zu ihrem Schluss gekommen: es handelt sich um kryogene Höhlenkarbonate. Also Sinter, der in der Eiszeit entstand.“

Jetzt haben diese kryogenen Höhlenkarbonate ein Spezifikum, so Langer, man könne sie genau datieren. Entstand der Sinter in der Eiszeit, fehle ein Isotop im Kalk, weil es ins Eis übergegangen sei. So habe man durch dieses Projekt feststellen können, dass die Vergletscherung in Kärnten nicht vor 10.000 Jahren stattgefunden habe, sondern bereits vor 20.000 Jahren.

Höhlenforscher wollen Schulen besuchen

Die Fachgruppe für Karst- und Höhlenkunde des Naturwissenschaftlichen Vereins Kärnten will im kommenden Jahr verstärkt Informationen zu ihrem Fachgebiet für Schulen, Behörden oder an öffentlichen Plätzen zugänglich machen:
„Wir können auch, wenn Bedarf besteht, nach Absprache nähere Informationen geben. Man kann Termine ausmachen, dass wir uns dazu stellen und über diese Rollups berichten oder noch detailliertere Informationen liefern. Das werden wir auch ins Jahr 2022 hinein machen. Wir machen Vortragsreihen, wir machen die Fachgruppentagung, die im Oktober 2022 mit Fachvorträgen in dieser Richtung stattfindet. Wir versuchen immer wieder, kleine Informationen in die Zeitungen zu bringen, um das Thema an die Frau und den Mann zu bringen.“