Elvine de La Tour
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Freizeit

Elvine de La Tours Erbe lebt weiter

Elvine de La Tour galt als Visionärin, Grenzgängerin und Sozialpionierin. Am 7. Oktober jährte sich ihr Todestag zum 105. Mal. Sie lebte auch den Alpen-Adria-Gedanken. Der Fortbestand ihres Lebenswerkes ist seit Kurzem auch in Capriva del Friuli gesichert. Seit 35 Jahren besteht auch eine Gemeindepartnerschaft mit Treffen am Ossiacher See.

1841 in eine evangelische Kaufmanns- und Pfarrersfamilie hineingeboren, gehörte Elvine Ritter, Freiin von Zahony, einer der vermögendsten Familiendynastien im damals österreichischen Küstenland an. Ihr Vater Julius Hector Ritter von Zahony betrieb zahlreiche Industrieunternehmen in Görz und einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb in Aquilea.

Seiner ältesten Tochter Elvine ließ er zur Hochzeit mit Theodor Graf de La Tour aus einem Lothringischen Adelsgeschlecht die Villa Russiz erbauen – ein Landgut im englischen Tudor-Stil, das dem damaligen Zeitgeschmack entsprach.

Elvine de La Tour
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Elvine de La Tour

Weinbau als Aushängeschild

Der Besitz in Capriva bei Cormons ist noch heute von Weinbergen umgeben. Als einmal eine Reblausplage in Friaul herrschte mussten frische Reben aus Frankreich her. Der Graf selbst war es, der sie einschmuggelte – in riesigen Blumensträußen, die er für seine Frau regelmäßig von seinen Reisen mitbrachte, erzählt Giulio Gregoretti, der Direktor der Stiftung Villa Russiz: „Die Meeresbrise trifft hier auf die kalte Luft aus den Alpen. Der Temperaturunterschied beeinflusst die Qualität des Weines auf positive Art.“

Capriva Gutsbesitz
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Wein ging bis an den Zarenhof

Edino Menotti ist 94 Jahre alt. Den Großteil seines Lebens widmete er sich dem Weinbau: „Im ersten Jahr gab es ein Hagelunwetter. Als ob zwei Kriege davor nicht genug gewesen wären. Wir schafften es trotzdem, immerhin 28 Hektokliter zusammenzubringen. Das war 1954. Später dann kamen wir auf 2.000 Hektoliter.“

In der Kellerei des Anwesens werden Trauben von 13 Rebsorten, die noch heute im Collio gedeihen, gekeltert. Der Export florierte von Anfang an und selbst am russischen Zarenhof war preisgekrönter Weißburgunder aus Russiz geschätzt.

Erste Fürsorgeanstalten

Wertschätzung wurde später auch dem Wirken der Gräfin de La Tour zuteil: Sie richtete Fürsorgeanstalten in der gesamten Monarchie ein. Dort ermöglichte sie Kindern, vorwiegend Kriegswaisen, und alten Menschen ein neues Leben. In Capriva del Friuli gründete sie auch den ersten Erziehungsverein für Mädchen und half Bedürftigen.

Altes Foto de la Tour
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Erste Heime für Kinder

Grundstein für die Stiftung de La Tour

Hubert Stotter, Rektor der Diakonie de La Tour: „Sie war als Protestantin selbstverständlich Teil einer Minderheit dort, aber sie hat sofort das soziale Elend, das in dieser Zeit, damals im 20. Jahrhundert vorhanden war, erkannt und hat ihre Initiativen gesetzt. Sie kaufte alte Bauernhäuser und nahm dort Menschen, die irgendwie Hilfe bedurft haben, auf. Daraus entstand dann auch später die Sozialorganisation Stiftung de La Tour entstanden.“ Zusammen mit der Diakonie Waiern bildet sie heute eine der größten Wohlfahrtseinrichtungen im Süden Österreichs.

Weingut finanziert Jugendheim

Die Stiftung Villa Russiz finanziert aus Einnahmen des Weingutes auch heute noch das Kinderheim, in dem derzeit 16 Heranwachsende aus schwierigen familiären Verhältnissen untergebracht. Kleinere Kinder kehren oft nach einer Zeit zu ihren Ursprungsfamilien zurück. Ab 18 sind Jugendliche hingegen – vor dem Gesetz – auf sich allein gestellt und müssten eigentlich die „casa famiglia“, wie die Wohngemeinschaft genannt wird, verlassen.

Altes Foto de la Tour
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Aus dem Archiv der Stiftung

Sie sollen künftig schwerpunktmäßig dabei unterstützt werden, ein eigenständiges Leben zu führen, erklärt Stiftungsdirektor Giulio Gregoretti: „Junge Erwachsene bis 21 Jahre sollen hier künftig – in einem eigenen Trakt – weiterhin wohnen dürfen. Wir helfen ihnen dabei, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz in der Umgebung zu finden – zum Beispiel hier am Weingut. So werden sie schrittweise unabhängiger.“

Tourismus im Weingut geplant

Der neue Vorstand der Stiftung Villa Russiz will nicht nur die Wohnumgebung der Kinder und Jugendlichen verschönern. Das gesamte Anwesen und die Weinkeller sollen ebenfalls saniert werden. „Wir möchten Übernachtungs- und Erholungsmöglichkeiten schaffen und auch den Park erneuern“, sagt Antonio Paoletti, Präsident Stiftung Villa Russiz.

Für den sozialen Teil des Projekts will die Diakonie mit Rat und Tat zur Seite stehen, sagt Hubert Stotter: „Wir haben die jetzigen Verantwortungsträger eingeladen, dass sie uns oben besuchen, weil auch wir haben ja in den letzten 20 Jahren eine interessante Entwicklung hinter uns gebracht. Die haben auch Krisen zu bewältigen gehabt. Da werden wir gerne unsere Erfahrungen teilen und sind bereit, unser Know-How zur Verfügung zu stellen, um hier unterstützend wirksam sein zu können, um soziale Initiativen – die sie neben dem Weinbau betreiben – dieses Know-How zur Unterstützung zur Verfügung zu stellen.“

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao, 9.10.2021

Seit 35 Jahren Gemeindepartnerschaft

Somit wird der grenzübergreifende Austausch zwischen den Partnergemeinden Treffen am Ossiacher See und Capriva del Friuli um eine Facette reicher. Die Parnerschaft zwischen den Gemeinden besteht schon seit 35 Jahren, sagt Bürgermeister Klaus Glanznig: „"Da sind Freundschaften entstanden, die heute noch bestehen. So wie es zwischen mit und dem Amtskollegen in Capriva ist. Man spürt diese Wärme und man weiß auch, dass wir mit diesen Gemeindepartnerschaften einen kleinen Beitrag leisten zum friedlichen Miteinander in einem gemeinsamen Europa.“

Treffen der Partnergemeinden
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Treffen der Gemeindevertreter

Gedenken an Pionier

Einer ist für Glanznig untrennbar mit der Oartnerschaft verbunden: „Wir haben mit Walter Pichler einen guten Freund verloren, der heuer im Juli verstorben ist, der mit mir gemeinsam vom ersten Tag an, seit 35 Jahren, diese Partnerschaft lebt. Walter war der Motor der Partnerschaft Treffen und Capriva und Öhringen in Deutschland. Wir haben mit Walter gemeinsam sehr viele Begegnungen in Capriva erleben dürfen und in Treffen. Die Gemeinden Capriva und Treffen leben diese Partnerschaft sehr aktiv.“

Daniele Sergon, der Bürgermeister von Capriva del Friuli ergänzte: „Es ist ein starkes Band der Freundschaft, das uns verbindet, und nach der schweren Zeit der Pandemie können wir endlich wieder gemeinsame Pläne schmieden. Das ist heute die Initialzündung dafür.“