Anstoßen auf Distanz vor Lokal in Tarvis
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Besuch in Tarvis zu Zeiten von CoV

Für viele Kärntner zählt ein kurzer Ausflug in den Grenzort Tarvis/Tarvisio/Trbiz zu einer lieb gewonnenen Tradition. Trotz aller Verbundenheit mit den Nachbarn wirkt sich die CoV-Krise auch auf die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben im Ort aus, wie ein Lokalaugenschein des „Servus, Srecno, Ciao“-Teams zeigt.

Die Uhr stets im Blick haben Gäste und Wirte derzeit in Italien – um 18.00 Uhr heißt es Sperrstunde in Restaurants und Bars. Es ist eine der Maßnahmen, die die italienische Regierung verhängte, um die Coronavirus-Pandemie einzudämmen. Daniele Stefanutto und seine Freunde verschoben ihre regelmäßigen Treffen auf Mittag: „Es ist nicht leicht, aber wir passen uns an und hoffen, dass es bald vorbei ist.“

Gäste in Restaurant in Tarvis
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Geselliges Beisammensein in Restaurants ist in Italien derzeit nur innerhalb der erlaubten Zeiten möglich

Die meisten Wirte trifft die Regelung hart – wie viele macht auch Giorgio Darin den meisten Umsatz am Abend: „In Italien gehört das Aperitif nach der Arbeit oder das Zusammensitzen nach dem Abendessen einfach dazu. Ich verstehe ja, dass es keine Menschenansammlungen geben soll, aber wir haben ja schon alle Hygienevorschriften umgesetzt, die Anzahl der Tische verringert. Diese neue Entscheidung der Regierung erscheint uns sinnlos.“

Verkaufscontainer in Tarviser Lokal
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Verkaufscontainer als Alternativlösung

Wirtin: Man muss positiv denken

Kreative Lösungen sind gefragt – nicht nur, damit die Geselligkeit trotz Abstands nicht zu kurz kommt. Um den geforderten Abstand zwischen den Tischen in ihrem Lokal zu gewährleisten hat diese Wirtin den Verkaufsbereich ausgelagert. Hoffnung gibt ihr die Anteilnahme ihrer Stammkunden, sagt sie, und die Erfahrung, dass früher oder später immer wieder bessere Zeiten kommen: „Ich habe schon miterlebt, als die Kunden noch mit dem Zug anreisten, um den Markt zu besuchen. Dann wurde die Autobahn gebaut und es war immer leer bei uns. Wir haben oft diesen Wechsel miterlebt und auch das jetzt ist eine neue Ära, aber man muss positiv denken.“

Prosciutto und Wurstwaren aus Italien
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Die italienische Jause ist unter vielen Besuchern aus dem Ausland gefragt

Viele der Gäste aus dem benachbarten Kärnten hoffen, dass die Grenzen – trotz steigender Infektionszahlen in Friaul Julisch Venetien und in Kärnten – weiter offen bleiben, so wie Horst Baumgartner: „Vielleicht ist das der Grund, warum wir heute hierher gekommen sind, weil wir wissen, dass es in nächster Zeit schwieriger sein wird.“

Kundin vor Bekleidungsgeschäft in Tarvis
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Einkaufsstraße in Tarvis

Kundenrückgang auch im Handel

Harte Zeiten sind es derzeit auch für die Händler in der beliebten Einkaufsmeile in Tarvis. Für Daniela Schaller aus Kärnten und ihre Familie sind Shopping-Trips über die Grenze ein Fixpunkt: „Wir sind immer gerne runter gefahren einkaufen, das gute Essen genießen – es ist einfach komplett anders jetzt. Jetzt alleine die ganze Zeit die Maske zu tragen ist schon etwas einengend.“

Ihr Mann Marc Schaller fügt hinzu, grundsätzlich hätten sie ja nichts gegen die Maskenpflicht, aber sie sei noch ungewohnt: „Irgendwo ist man sehr distanziert zu einem jeden mit der Maske.“ Sie würden sie aber in Kauf nehmen, um sich und andere zu schützen.

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao, 31.10. 2020

Elisabeth Acs betreibt mit ihrer Familie ein Bekleidungsgeschäft und sagt, eine mögliche neuerliche Grenzschließung würde für Tarvis ein großes Problem darstellen, da schon jetzt viele Kunden aus Österreich, Deutschland und Ungarn ausbleiben.

Am Markt beklagt man 80 Prozent Besucherschwund, so Marktsprecherin Susy Albano. Mit Rabatten will man Kunden schon jetzt zum Weihnachtseinkauf animieren.

Kunde probiert Lederjacke am Markt in Tarvis
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Verkaufsgespräch am Markt von Tarvis

Region sichert Unterstützung zu

Renzo Zanette, der Bürgermeister von Tarvis, sagt, die Region Friaul Julisch Venetien habe zwölf Millionen Euro zugesagt, um die von den Beschränkungen betroffenen Betriebe zu Unterstützen.

Dieter Mörtl, der Bürgermeister von Feistritz/Gail, empfindet die strengen Coronavirus-Schutzbestimmungen in Italien als vorbildlich: „Sie haben ja auch das Leid erfahren im Frühjahr. Jetzt haben sie viel daraus gelernt. Unsere Bevölkerung braucht sich über die Vorgaben wirklich nicht beklagen. Es gibt strengere Maßnahmen in Italien. Wenn das so ist, dann hat man das so zu akzeptieren und soll dem nicht abneigend gegenüber stehen.“

Brunella Del Giudice und ihre Freundinnen Enrica und Daniela wollen auf ihre gemeinsamen Spaziergänge nicht verzichten: „Abstand und Maske hindern uns nicht am Plaudern – auch wenn wir halt etwas lauter rufen müssen.“

Pensionstinnen beim Walken auf Distanz mit Maske und Abstand Coronavirus
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Gemeinsames Walken ist jetztz nur mit Maske und auf Distanz möglich

Natur soll weiter Anziehungspunkt bleiben

Insgesamt setzt man in der Gegend um Tarvis jetzt vermehrt auf Erlebnisse in der freien Natur. Alfred Nagl und Karl Stubenvoll aus Wien haben nach einem Zwischenstopp in Kärnten einen Ausflug zu den Weissenfelser-Seen geplant. Vor ihrer Abfahrt haben sie sich informiert und sie fühlen sich gewappnet, sagt Karl Stubenvoll: „Notfalls müssten wir halt wieder umkehren, wenn es wirklich zu arg wird.“

Sein Reisepartner Alfred Nagl sagte, er finde die Maskenpflicht im Freien überflüssig: „Anders ist es in öffentlichen Verkehrsmitteln oder so. Aber wenn wir zu zweit im Auto fahren und im gleichen Zimmer übernachten … und wenn wir uns sowieso regelmäßig sehen, dann ändert das nichts an unserer Situation. Ob wir das in Österreich oder Italien machen ändert auch nichts. An sich ist das Wegfahren einfach schön und ich bin gerade kurz in Pension und habe einfach Zeit. Es ist wirklich ein schönes Herbstwetter jetzt.“

Urlauber am Weissenfelser See bei Tarvis
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Ausflügler am Weissenfelser See

Insgesamt hofft man in Tarvis, dass auch die Nachbarn aus Kärnten ihre „zweite Heimat“ auch in der bevorstehenden Wintersaison besuchen werden können.