Landesgericht Klagenfurt
ORF.at/Zita Klimek
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Chronik

„Mastermind aus Brasilien“ bei EXW-Prozess

Am Landesgericht Klagenfurt ist am Dienstag der Prozess um den millionenschweren mutmaßlichen Krypto-Betrug der EXW-Gruppe vertagt worden. Der elfte Angeklagte, ein Südtiroler, der seit April 2023 in Brasilien in Auslieferungshaft saß, soll eine wichtige Position bei der Firmengründung gehabt haben.

Seit Prozessbeginn war die Aussage des 39-jährigen Italieners mit Spannung erwartet worden. Allerdings hatte die Auslieferung aus Brasilien auf sich warten lassen. Dem Mann wird – wie auch den übrigen Angeklagten – Pyramidenspiel, Geldwäsche, gewerbsmäßig schwerer Betrug und kriminelle Vereinigung vorgeworfen. Er bekannte sich aber zu keinem dieser Punkte schuldig, lediglich zum „Vertrieb“.

„Vertrieb ist aber nicht strafbar“, wunderte sich Richterin Claudia Bandion-Ortner, die Vorsitzende des Schöffensenats. Er kenne sich nicht ganz aus, entschuldigte er sich, woraufhin ihm die Richterin das Prinzip des bedingten Vorsatzes erklärte. „Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass das Ganze schiefgehen kann“, meinte er zuerst, setzte später aber nach: „Ich habe meinen Job nicht richtig gemacht und übernehme die hundertprozentige Verantwortung.“ Es sei ihm bereits seit Mai 2019 klar gewesen, dass die Plattform nicht funktionieren könne.

Einblicke in komplexes System

Zu Beginn seiner Einvernahme legte er wortreich die komplexe Welt der EXW-Gruppe aus seiner Sicht dar. Er selbst sehe sich nicht als Mastermind oder Gründungsmitglied im eigentlichen Sinn. Als er zu der Gruppe dazugestoßen sei, hätte es schon grundlegende Überlegungen zum Firmenkonstrukt gegeben. Er sei dezidiert als Vertriebsleiter aus dem Kreis der nun Angeklagten angeworben worden, da er über ein großes internationales Netzwerk verfügt habe.

„Je mehr Menschen man kennt, umso leichter ist es, erfolgreich zu werden“, legte er seine persönliche Erfolgsstrategie offen. Das sei ihm letztlich zum Verhängnis geworden, denn der Großteil seines Netzwerkes, das er als „sein Lebenswerk“ bezeichnete, sei durch die Schwierigkeiten der EXW-Gruppe verloren gegangen. „Fühlen Sie sich hereingelegt vom Hauptangeklagten?“, wollte Bandion-Ortner wissen. „Ich fühle mich enttäuscht. Wir waren mitverantwortlich und ich hätte mehr hinterfragen sollen“, gestand sich der Angeklagte ein.

Der 26-jährige Hauptangeklagte blieb in seiner Einvernahme mit Aussagen zu den Gründungsmitgliedern undeutlich. Anfangs sei er selbst noch hauptverantwortlich gewesen. Eine tragende Rolle schob er einem aktuell noch flüchtigen, beschuldigten Italiener zu. Er soll sich in Dubai aufhalten. Der neue Angeklagte wäre ebenfalls dem Gründer-Trio zuzuschreiben: „Er war einer, der viel Geld verdienen wollte. Er war für den Vertrieb zuständig, bei den wichtigen Entscheidungen war er immer dabei“, blieb der Klagenfurter vage.

Schwierige Ermittlungen

Staatsanwältin Caroline Czedik-Eysenberg wollte außerdem Details zum Vergütungssystem in Erfahrung bringen, was sich ebenfalls als nicht ganz einfach erwies. Den Investoren seien 0,3 Prozent Gewinn pro Tag und zusätzlich 50 bis 100 Prozent der Zinsen der angeworbenen Investoren versprochen worden. „Wie stellt man sich das System vor? Wenn da unten ein Investor dazukommt, verdienen dann oben alle mit?“, hakte die Staatsanwältin nach. „Da gibt es Grenzen“, antwortete der Angeklagte knapp. Einer der anderen Angeklagten ergänzte, dass es lediglich neun Ebenen gegeben und es sich nicht um ein Pyramidenspiel gehandelt hätte. Czedik-Eysenberg konnte derart große Gewinne dennoch nicht nachvollziehen. „Die Ermittlungen sind schwierig, die Kryptobörsen befinden sich am anderen Ende der Welt, auf Rechtshilfeansuchen bekommt die Staatsanwaltschaft keine Antwort“, führte sie resignierend aus.

Der Großprozess wird seit Ende September des Vorjahres in Klagenfurt verhandelt. Den elf Angeklagten wird vorgeworfen, rund 40.000 Personen um mindestens 17,6 Millionen Euro betrogen zu haben. Der Gesamtschaden könnte aber weit höher sein. Ein Urteil wird für Juni erwartet.