Eine Ärztin untersucht die Ohren eines Patienten
APA/HELMUT FOHRINGER
APA/HELMUT FOHRINGER
Gesundheit

Demenzgefahr: Hörprobleme ernst nehmen

Geschätzte 120.000 Menschen in Kärnten leiden an Hörproblemen. Die Angst als alt, dement und begriffsstutzig dazustehen, überwiegt. Viele Betroffene verdrängen und schweigen, anstatt sich behandeln zu lassen und auf ein Hörgerät zurückzugreifen. Sozialer Rückzug und Depressionen sind oft die Folge. Der heutige Welttag des Hörens soll zum Umdenken anregen.

Mit der zunehmenden Lebenserwartung steigt auch der Anteil der Schwerhörigen in unserer Gesellschaft. Wer den Fernseher ständig lauter drehen muss, Anrufe verpasst und ständig die Türglocke nicht mehr hört, hat bereits deutliche Anzeichen für einen beginnenden Hörverlust. Bei Männern passiert dies meist ab dem 40. Lebensjahr, bei Frauen ab 50.

Unsere Gene sind für die Hörfähigkeit entscheidend

Hans Edmund Eckel, Primarius der Hals-Nasen-Ohren-Abteilung im Klinikum Klagenfurt, sagte dazu: „Ob sie früher oder später eine Altersschwerhörigkeit bekommen oder erst ganz spät oder vielleicht nie, das liegt an dem, was sie von ihren Eltern an Genen mitbekommen haben. Es gibt Menschen, die kriegen schon mit 50 eine echte Altersschwerhörigkeit. Es gibt natürlich Menschen, die haben mit 85 Jahren immer noch ein ziemlich gutes Hören. Das ist genetisch bedingt und nicht beeinflussbar.“

Demenz
ORF Vorarlberg

Schwerhörigkeit wird in der Gesellschaft immer noch stigmatisiert. Ein Hörgerät kann die Symptome lindern. Allerdings, so Eckel: „Ein Hörgerät verhindert nicht, dass die Hörminderung fortschreitet. Die wird auf jeden Fall mehr im Laufe der Zeit.“

Fehlen akustischer Information schadet dem Gehirn

Trotzdem ein Hörgerät zu benützen, erfüllt einen anderen wichtigen Zweck und ist wichtig dafür, dass das Gehirn die akustischen Informationen aus der Umwelt verarbeiten kann. „Das heißt, wenn ein Mensch schwerhörig ist und kein Hörgerät trägt, dann schadet er seinen Ohren nicht, aber er schadet seinem Gehirn, weil er seinem Gehirn nicht mehr das bietet, was ein Gehirn braucht, damit es vernünftig arbeiten kann“, so Eckel.

Auch die Forschung spricht dazu eine eindeutige Sprache. Eckel: „Wenn alte Menschen, die schwerhörig sind, nicht mit einem Hörgerät versorgt werden, dann haben die viel häufiger Depressionen, sie entwickeln sich geistig viel schlechter, also sie kriegen früher eine Demenz, als wenn sie rechtzeitig anfangen, Hörgeräte zu tragen. Das ist inzwischen allgemein anerkannt und sehr gut untersucht.“

Hörgeräte echte „High-Tech-Wunder“

Die Hörgeräte haben sich in den vergangenen Jahren dank Digitalisierung zu modernen High-Tech Wundern entwickelt, die je nach Bedarf individuell angepasst werden können. Hörakustiker Andreas Brandstätter: „Wir können Windgeräusche wegfiltern, wir können Impulsgeräusche – also Klacken – wegfiltern, Echo und Nachhall herausfiltern, wir haben Mikrophone die dafür sorgen können, dass Sprache von vorne besser wahrgenommen wird, als Nebengeräusche von der Seite.“

Hörgerät liegt lose auf einem Tisch
ORF

Telefonieren und Musikhören via Hörgerät

Längst sind die Technik-Assistenten auch mehr als nur herkömmliche Hörgeräte, möglich ist bereits, damit zu telefonieren und Musik zu hören, „wir können am Ohr abheben und wieder auflegen – können über das Hörgerät auch den Namen ansagen lassen, der anruft. Theoretisch müsste man das Telefon nicht einmal aus der Tasche nehmen. Wir können das Hörgerät mit dem Fernseher koppeln und haben damit riesen Vorteile beim Sprachverstehen.“

Schwerhörigenzentrum berät Betroffene

Die Technik hat aber auch ihren Preis, über Kassenleistungen können sich Betroffene beim Schwerhörigenzentrum in Klagenfurt kostenlos beraten lassen. Es gibt auch regelmäßige Treffen mit Vorträgen und Schriftdolmetsch. Was im Umgang mit Schwerhörigen zu beachten ist? Vor allem eine Kommunikation von Angesicht zu Angesicht, so Brigitte Slamanig vom Schwerhörigenzentrum: „Viele Betroffene lesen von den Lippen ab, wenn Hintergrundgeräusche zu hören sind. Einfach und in normaler Lautstärke sprechen – das Schreien oder Brüllen hilft einem Hörbeeinträchtigen nicht, denn dadurch verzerren die Frequenzen, dann hört man nicht besser.“ Verhaltenstipps, die wohl viel öfter gehört werden sollten.