Janine Baumann ohne Haare
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Gesundheit

Medizinische Perücken auf Krankenschein

Haarverlust durch Krankheit trifft viele Menschen, auch Kinder und Jugendliche. Für medizinische Perücken gelten seit einem Jahr österreichweit einheitliche Tarife bei verschiedenen Sozialversicherungsträgern. Nach ÖGK und BVAEB zieht nun auch die Sozialversicherung für Selbstständige und Bauern (SVS/SVB) nach.

Rückwirkend mit Jänner soll ein verbesserter Leistungskatalog umgesetzt werden. Die Verhandlungen dazu mit der Wirtschaftskammer seien in der Zielgeraden, heißt es von der Sozialversicherung der Selbstständigen und Bauern auf ORF-Anfrage: „Vorgesehen ist – und dies bereits rückwirkend ab 1.1.2024 – eine weitgehende Gleichbehandlung der SVS-Versicherten mit den Versicherten der ÖGK und der BVAEB.“

Janine Baumann mit Perücke
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Janine Baumann mit Perücke

Tarifklassen für Kinder verbessert

Neben einheitlichen Tarifklassen werde auch die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit höherwertigen Perücken verbessert. Es werde mehr Vertragspartner geben und die kostspielige Vorfinanzierung der Perücken für die Versicherten entfalle, so die SVS.

Verschiedene Perücken
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Verschiedene Perücken

Die bundesweit einheitlichen Tarife mit allen Sozialversicherungsträgern verhandelte Friseurmeister Peter Pfister: „Bei den ersten Gesprächen mit den Versicherungsträgern war für mich offensichtlich, dass da eine Ungerechtigkeit in Österreich herrscht. Alle Versicherten zahlen im Prinzip gleich viel an die Versicherungsträger im Verhältnis zu ihrem Lohn und es gibt eine absolute Ungleichheit bei den Leistungsmöglichkeiten.“

Medizinische Perücken

Gleiche Regeln in ganz Österreich

Ein Beispiel: Früher bekamen Versicherte in fünf Bundesländern 358 Euro zurück – für die gleiche Krankheit und eine vergleichbare Perücke gab es in Kärnten fallweise bis zu 1.300 Euro, so Pfister. Seit einem Jahr gelten für alle Bundesländer und Sozialversicherungen die gleichen Regeln. Übernommen werden rund 90 Prozent der Kosten bei einer Perücke bis zu 1.200 Euro.

Werbung von Janine Baumann
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Werbung für Perücken

Erleichterungen auch bei Alopecia

Der neue Vertrag bringt auch für Alopecia-Patientinnen und Patienten mit krankhaftem Haarausfall Verbesserungen mit sich, früher mussten Betroffene für jede neue Perücke eine fachärztliche Bewilligung einholen, so Pfister: „Das ist jetzt geändert mit der neuen Version für 2024, dass es dort nur bei Erstdiagnose eine Facharztverordnung braucht und dann die Nachfolgediagnose dann wieder eine normale ärztliche Verordnung.“ Damit würden auch für Alopecia-Patienten die bisher langen Wartezeiten entfallen.

Peter Pfister
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Peter Pfister

Betroffenen hilft anderen

Eine Betroffene ist Janine Baumann. Sie lernte, mit Alopecia totalis zu leben und machte ihre Krankheit zum Beruf – sie verkauft Perücken. „Alles, was du verstecken willst, macht dich angreifbar“, sagt sie. Janine Baumanns Perückengeschäft gilt zwar wegen provokanter Werbesujets als Aufreger, sich selbst ohne Haare zu akzeptieren war dennoch ein langer und schmerzhafter Prozess: „Ich konnte eine Modenschau laufen mit tausend Leuten, ohne Haare. Aber mit einem Mann, den ich gerade kennengelernt habe, dem konnte ich mich nicht ohne Haare zeigen. Das war für mich nochmal nackig machen. Ich mache mir zur Aufgabe, anderen Frauen bei diesem Prozess unter die Arme zu greifen und sie zu unterstützen.“

Carmen Trapic
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Carmen Trapic berät zuhause

Perückenberatung im Hausbesuch

Rund 42.000 Krebs-Neuerkrankungen gibt es pro Jahr in Österreich. Diesen Menschen ein Stück Normalität wiederzugeben, ist auch das Ziel von Carmen Trapic. Sie bietet kärntenweit Hausbesuche zum Aussuchen von Perücken an. Beim Thema Haarverlust fühlen viele sich allein gelassen: „Grundsätzlich kämpfen sie mit dem Verlust des Selbstwerts. Man bekommt die Diagnose, der Nebeneffekt des Haarverlusts ist zusätzlich eine Belastung, vor allem für Frauen.“