Blick auf Sörg
„Kennst du Kärnten“

Alte Bräuche des Winteraustreibens

Es gibt im Alpenraum viele Bräuche, die sich mit dem Austreiben des Winters und dem Willkommenheißen des Frühlings beschäftigen. Roland Bäck vom Geschichtsverein Kärnten erklärt das Bärentreiben in Steuerberg und Sörg oder auch das Schneebauen.

Viele sehnen das Frühjahr schon herbei und erfreuen sich schon an den ersten sichtbaren Frühlingsboten, so Bäck: „Früher war das eine Zeit, in der man sich in der Landwirtschaft auch schon mit dem Bestellen der Äcker für das Sommergetreide oder den ersten Frühjahrsarbeiten im Freien gedanklich befassen musste. Häufig studierte man den Mandlkalender, den vielleicht viele kennen. Er basiert auf überlieferten Erfahrungswerten und sollte die Witterung langfristig voraussagen, und es gab zahlreiche Bräuche, um den Winter auszutreiben, der alles noch fest im Griff hatte.“

Bärentreiben noch in Steuerberg und Sörg

Das Bärentreiben ist zum Beispiel so ein Brauch, der sich in Kärnten noch in Steuerberg und in Sörg erhalten hat. Er wird allerdings nur alle fünf Jahre durchgeführt, so Bäck: „Es stellt den Anfang vom Ende des Winters dar, könnte man sagen. Der Bär steht symbolisch für den Winter, aber auch generell für die Kraft der Natur. Der Bär ist heute ein mit Fell und Maske verkleideter Darsteller, der mit seinem Brüllen den Jägern das Zeichen gibt, aufzubrechen.“

Sendungshinweis:

„Kennst Du Kärnten“; 8.2.2024

Verkleidete Kinder spielen die Jagdhunde

Dieser Bär wird von ebenfalls verkleideten Treibern, die von Hunden begleitet werden, gejagt. Wobei auch die Hunde keine echten Hunde sind, sondern verkleidete Kinder: „Die Jagd zieht sich etwas dahin, weil der Bär natürlich versucht, sich zu verstecken und zu entkommen. Letztendlich treibt man ihn aber auf ein freies Feld, um das sich in Steuerberg sehr viele Zuschauer versammelt haben. Er flieht spektakulär in eine zuvor aufgestellte Hütte aus Holz, Reisig, Stroh und Laub, wo er sich versteckt hält. Da es den Treibern aber nicht gelingt, den Bären aus seiner Hülle im Reisighaufen heraus zu stacheln, wird dieser Haufen kurzerhand angezündet.“

Je länger der Bär es in der lichterloh brennenden Hütte aushält, desto spannender ist es für das Publikum: „Irgendwann hält er es nicht mehr aus, es wird zu heiß und zu gefährlich und er bricht aus seinem letzten Rückzugsort aus. Der Jäger erlegt ihn und er wird auf einer Bahre publikumswirksam weggetragen. Am Schluss steht er plötzlich wieder auf und wird vom Publikum entsprechend beklatscht und gefeiert.“

Brauch auch im Murtal

Das Bärentreiben war früher weit verbreitet und reichte bis ins steirische Murtal. Mit den Jahren gerieten diese Bräuche aber immer öfter in Vergessenheit: „Ende des 19. Jahrhunderts endeten vielerorts die höchst unterschiedlich gestalteten Varianten des Bärentreibens. In Steuerberg wurden sie im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts wiederbelebt, in letzter Zeit auch von der Landjugend in Sörg im Glantal. Die Tötung des Bären soll bewirken, dass er wieder aufersteht und von seinem neuen Leben die Kraft, auf die im Frühling sich verjüngende Welt ausstrahlt.“ Im nächsten Jahr sollte es dieses Bärentreiben wieder in Steuerberg geben.

Brecheln von Flachs klassische Winterarbeit

Das Bärentreiben wird aber auch noch von anderen Bräuchen und Aktivitäten begleitet. Mit der „Brechlstör“ wird am Faschingssonntag in Sörg der Winter vertrieben. Die engagierte Landjugend hat den Brauch wiederbelebt.

Beim Brecheln handle es sich um eine alte Handwerkstechnik, so Bäck: „Dieser für die Verarbeitung von Flachs wichtige Arbeitsschritt ist ebenfalls eine klassische Winterarbeit, die von Dezember bis in den Frühling hinein erledigt werden musste. Man traf sich oft in nachbarschaftlichen Gruppen und das bot auch Gelegenheit zum Austausch von allerlei Klatsch und Tratsch.“

Geernteter Flachs
Britt Egger
Flachs wird gebrechelt, die harten Anteile werden gebrochen, übrig bleibt Schwingflachs

Schneebauen mit „Ochsen“

Noch einen speziellen Brauch gibt es, um den Winter auszutreiben: „Beim sogenannten Schneebauen ziehen einige Burschen, die mit Kuhfellen als Ochsen verkleidet sind, einen Pflug durch den zumindest meistens noch vorhandenen Restschnee. Manchmal ist auch keiner mehr da. Das Ziel ist es, den Schnee symbolisch zu beseitigen und die Erde aufzubrechen, um die neue Saat einbringen zu können. Die Ochsen bocken aber, als der Schmied ihnen Eisen anlegen will. Sie schlagen aus und werden störrisch. Ein Viehhändler kauft sie auf und letztendlich landen sie beim Fleischhauer.“