Jugendliche mit Finanzführerschein
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Wirtschaft

Finanzführerschein für Schüler

In diesem Schuljahr wird in den Kärntner Schulen erstmals ein Finanzführerschein angeboten. Damit soll Jugendlichen geholfen werden, sich in der Finanzwelt besser zurecht zu finden und nicht in die Schuldenfalle zu geraten. Die Schuldnerberatung meldet für das Vorjahr einen neuen Rekord beim Beratungsbedarf.

Der Weg in die Schuldenfalle ist in den meisten Fällen mit Schicksalsschlägen gepflastert, hieß es bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der Kärntner Schuldnerberatung und der Landesregierung in Klagenfurt. Ursachen für Finanzkrisen seien Krankheit, Scheidung, Jobverlust, gescheiterte Selbständigkeit und immer wieder mangelnde Finanzbildung, hieß es von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schuldnerberatung Kärnten. Die jüngsten Krisen, wie etwa Pandemie, Teuerung, erhöhte Kreditzinsen und steigende Energiekosten hätten die Lage verschärft. Im Vorjahr führte die Schuldnerberatung Kärnten um rund 37 Prozent mehr Erstberatungen durch als 2022. 4.420 Kärntnerinnen und Kärntner haben ihre Hilfe in Anspruch nehmen müssen.

Angebote der Schuldnerberatung aufgestockt

Die Angebote der Schuldnerberatung werden ausgeweitet und das Personal sowie das Budget aufgestockt, kündigten Sozialreferentin Landeshauptmannstellvertreterin Gaby Schaunig und Bildungsreferent Landesrat Daniel Fellner (beide SPÖ) an. Der Fokus liege dabei auf der Prävention und auf besonders niederschwelligen Beratungsangeboten, von Sprechtagen in den Gemeinden über Abendberatungen für Berufstätige bis hin zu Beratungen zu Hause für Menschen, die nicht mobil sind.

„Es ist unheimlich wichtig, in der Finanzberatung ganz früh anzusetzen. Am besten, noch bevor irgendwelche Probleme auftreten können – also bei Kindern und Jugendlichen – beziehungsweise bei Erwachsenen noch bevor ein finanzieller Engpass zur wirklichen Katastrophe wird“, sagte Schaunig. Es werde daher auf eine engere Vernetzung der Angebote des Sozialreferats mit jenen der Schuldnerberatung gesetzt.

Finanzführerschein Jugendliche
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Kostenlose Ausbildung für Schüler und Lehrlinge

Mit dem Finanzführerschein sollen Schülerinnen und Schüler entsprechend früh auf die Anforderungen der Finanzwelt vorbereitet werden. Er soll helfen, junge Leute vor der Schuldenfalle zu bewahren, sagte Bildungsreferent Fellner: „Die Zeiten sind herausfordernd – das Kaufverhalten ist ein anderes als es früher war, ein Großteil findet online statt. Da ist es leicht, den Überblick zu verlieren. Und das wiederum birgt große Gefahren, auch jene der Verschuldung.“

Das mehrstufig aufgebaute Ausbildungsprogramm ist kostenlos und richtet sich an Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schulen, Fachschulen und Berufsschulen, also an Lehrlinge. Österreichweit wurden bisher bereits über 70.000 Finanzführerscheine verliehen. Die ersten Kärntner Finanzführerschein-Neulinge der Fachberufsschule (FBS) Wolfsberg erhielten am Donnerstag im Rahmen einer Feier im Spiegelsaal der Kärntner Landesregierung ihre Zertifikate.

Andreas Pregl, Gaby Schaunig und Andreas Fellner
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Andreas Pregl, Gaby Schaunig und Daniel Fellner (SPÖ)

Schuldnerberatung: Um 40 Prozent mehr Erstkontakte

Federführend in der Umsetzung des Finanzführerscheins ist Andreas Pregl, Geschäftsführer der Schuldnerberatung Kärnten. Knapp zehn Prozent der KlientInnen nennen eine Bürgschaft bzw. Mithaftung als Grund für ihre Überschuldung. Der Bedarf einer Finanzbildung ist angesichts der steigenden Privatverschuldung der Menschen dringend gegeben, sagt Pregl, je früher die Finanzbildung beginnt, desto weniger gerät man später in die Verschuldung.

„Meine 19 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wirklich sehr gefordert“, sagte Pregl. „Trotzdem werden wir unsere Angebote ausbauen, weil der Bedarf einfach massiv steigt.“ Um mehr als 40 Prozent stieg die Zahl der Erstkontakte, um 28 Prozent jene der insgesamt stattgefundenen Beratungen und um 19 Prozent jene der eröffneten Privatkonkurse.

Schuldnerberatung
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Schuldnerberatung begleitet fast alle Privatkonkurse

„Fast 90 Prozent der Privatkonkurse in Kärnten werden von uns begleitet", sagte Pregl, das sei im Österreich-Vergleich (70 Prozent) ein sehr hoher Wert. Die Schuldnerberatung genieße ein sehr hohes Vertrauen, das durch die Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) Kärnten, der Sozialabteilung, der Arbeiterkammer und der Sozialorganisationen noch weiter verstärkt werden soll.

Seit 9. Juni 1989 gibt es die „Bevorrechtete Schuldnerberatung Kärnten" mit aktuell zwei Beratungsstellen in Klagenfurt und Villach. Der gemeinnützige Verein bietet allen in Kärnten wohnhaften Privatpersonen kostenlose, vertrauliche, lösungsorientierte Beratung und Hilfestellung bei Ver- bzw. Überschuldung und Vertretung in gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahren an. 2024 unterstützen das Land Kärnten und die Gemeinden die Schuldnerberatung mit 1,73 Millionen Euro.

Das Team Kärnten-Chef Gerhard Köfer fordert mehr Finanz- und Wirtschaftsbildung in allen Bildungseinrichtungen: „Vom Einsatz von Geld, über die verschiedenen Zahlungsformen bis hin zu wirtschaftlichen Zusammenhängen bzw. Systemen. Diese Grundsätze bzw. dieses Basiswissen soll in jeder Form von Ausbildung bzw. in jedem Ausbildungsstadium grundlegend vermittelt werden. Hier herrscht enormer Nachholbedarf.“