Soziales

Menschen mit Behinderung: Schwieriges Jahr

Für viele Menschen mit Behinderung und oft auch Angehörige war das Jahr 2023 auch aufgrund der fortschreitenden Teuerungswelle ein mitunter beschwerliches, hat die Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung Bilanz gezogen. Viele haben Existenzängste, da sie sich das tägliche Leben nicht mehr leisten können.

Behindertenanwältin Isabella Scheiflinger sagte anlässlich des bevorstehenden Tages der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember, es gehe nicht „Luxusanschaffungen“, sondern um die tägliche Grundversorgung mit Strom, Heizung, Miete oder Lebensmittel. „Die soziale Not der Menschen mit Behinderungen ist auch bei unseren heurigen Klientenberatungen, die sich im Vergleich zum Vorjahr abermals gesteigert haben, erkennbar.“ Neben der belastenden finanziellen Situation werde ebenso sichtbar, dass Angehörige von Menschen mit Behinderung deutlich mehr und vor allem leistbare Familienentlastung benötigen, so Scheiflinger.

Ausbau von Wohnangeboten nötig

Im Bereich des Leistungsangebotes wies Scheiflinger darauf hin, dass man dringend weitere inklusive Wohnangebote im Sinne des selbstbestimmten Lebens benötige. Weiters bedürfe es einer Ausweitung von Kurzzeitunterbringungen sowie der Schaffung von Wohnverbundmodellen für Menschen mit einem intensiven Pflege- und Assistenzbedarf.

Forderung nach mehr Inklusion im Kindergarten

Auch im Bereich der Elementarpädagogik gebe es Nachholbedarf. Kinder mit Behinderungen können oft aufgrund unzureichender Ressourcen nicht in einem wohnortnahen Regelkindergarten integriert werden. Einen Rechtsanspruch für eine Kinderbetreuung für Kinder mit und ohne Behinderung gebe es erst im Pflichtkindergartenjahr. Hinsichtlich dieses Aspekts fordert Scheiflinger eine deutlich bessere Inklusion für Kinder mit Behinderung im Kleinkindalter, um nicht nur die familiären Systeme zu entlasten, sondern den Kindern mit Behinderung eine soziale Inklusion unter Gleichaltrigen zu ermöglichen.

Viele Anfragen zu schulischer Assistenz

Häufige Anfragen hatte die Anwaltschaft im letzten Jahr auch im Bereich der benötigten Assistenzleistungen für Kinder mit Behinderungen an den Schulen. Hier gebe es noch in mehreren Bereichen Verbesserungsbedarf. Diesbezüglich empfiehlt die Anwaltschaft die Schaffung eines eigenen Schulassistenzgesetzes auf Kärntner Landesebene. Sie soll die Rahmenbedingungen wie Kostentragung, Entscheidungswege, Qualifikationen oder Verankerung eines von der Anwaltschaft empfohlenen Rechtsanspruches zukünftig einheitlich regeln.

Lob für „Lohn statt Taschengeld“

Positiv ist laut Scheiflinger, dass es im Bereich „Lohn statt Taschengeld" Fortschritte in die richtige Richtung gibt. Beispielsweise startete das Land Kärnten mit der Lebenshilfe Kärnten ein Pilotprojekt „Reallabor“ – Lohn statt Taschengeld.“ Dieses soll 20 Menschen mit Behinderung, die derzeit noch als arbeitsunfähig eingestuft sind, perspektivisch eine Anstellung am ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Auch während der Laufzeit des Pilotprojektes erhalten die teilnehmenden Menschen mit Behinderung bereits eine kollektivvertragliche Entlohnung.

Mehr Leistungsangebote geschaffen

Eine weitere positive Entwicklung zeige die Erweiterung der Leistungsangebote für Menschen mit psychischen Behinderungen bzw. Erkrankungen. Neben dem Pilotprojekt der persönlichen Assistenzleistung für Menschen mit psychischen Behinderungen bzw. Erkrankungen, eröffnete im Jahr 2023 in Kärnten ein weiteres psychosoziales Therapiezentrum in Klagenfurt einen Standort.

Es bedürfe trotzdem noch weiterer Maßnahmen, um die Gesundheitsfürsorge für Menschen mit psychischen Erkrankungen und/oder Behinderungen zu verbessern, so Scheiflinger. Die Menschen, die akute Krisen erleben, können nach wie vor nicht immer ausreichende und rechtzeitige medizinische, therapeutische und/oder psychosoziale Hilfen angeboten werden.

Fachkräftemangel auch Thema

Scheiflinger wies in ihrer Bilanz auch auf den Fachkräftemangel im Bereich der Menschen mit Behinderungen hin. Es bedürfe noch weiterer Anreize sowie Informationskampagnen, um interessierte Personen zu notwendigen Ausbildungen zu motivieren.