Ania Konarzewski
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Ania Konarzewski: Ein Leben fürs Radio

Vor 39 Jahren war ihre Stimme zum ersten Mal in Radio Kärnten zu hören. Am Dienstag moderiert Ania Konarzewski zum letzten Mal. Die Arbeit beim Radio sei für sie immer ihr Traumjob gewesen. Künftig will sie schreiben, fotografieren und ihre Gedanken und Bilder mit ihren Freunden über soziale Medien teilen.

Ihre einprägsame und unverwechselbare Stimme ist den Hörerinnen und Hörern von Radio Kärnten bestens bekannt. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte begleitete sie sie durch unterschiedliche Sendungen. Selbst im Mittelpunkt zu stehen und über die Höhepunkte ihrer Laufbahn im Landesstudio Kärnten zu berichten falle ihr schwer, sagte Ania Konarzewski. Denn sie sei es eher gewöhnt, selbst die Fragen zu stellen, anstatt befragt zu werden.

Traumberuf als Kind: Radiomoderatorin

Im Alter von sieben Jahren kam die gebürtige Polin nach Österreich und konnte damals auch nicht Deutsch. Das Radio habe sie aber schon damals fasziniert: „Ich habe schon damals gesagt, ich möchte irgendwann einmal da hinein, wo die Leute rausreden.“

Nach der Matura begann sie in Klagenfurt ein Studium der Medienkommunikation: „Da habe ich gedacht, ich komme jetzt in dieses Radio. Ich möchte einmal wissen, was ich denn überhaupt tun muss, damit ich dort einmal arbeiten könnte.“ Weil ihr diese Frage keine Ruhe ließ fuhr sie eines Tages in die Sponheimerstraße 13 und fragte kurzerhand den Portier ganz naiv danach, erinnert sich Ania Konarzewski. Er habe sie zunächst ungläubig angesehen und schließlich zum Chefsprecher weitervermittelt. „Da bin ich dann hingegangen und so hat das angefangen.“

Ania Konarzewski
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Ania Konarzewski

Gebürtige Polin mit Faible für Grammatik

Bevor sie den Platz hinter dem Mikrofon fix einnahm absolvierte sie eineinhalb Jahre lang Sprechtechnikunterricht bei Heide Mautz, die seinerzeit selbst Radiosprecherin war und unter anderem bei der „Jägerstunde“ mitwirkte, erzählt Ania Konarzewski: „Ich habe ‚gekärntnert‘, was ja prinzipiell nicht schlecht ist. Aber es hätte sich halt nicht so gut gemacht, wenn ich die Nachrichten so gelesen hätte.“

Ihre Sprach- und Grammatikaffinität brachte ihr unter ihren Kollegen im Landesstudio auch den Beinamen „Hüterin der deutschen Sprache“ ein, wenn sie sie auf Unstimmigkeiten aufmerksam machte: „Mir sind die Grammatik und die Zeitenfolge unheimlich wichtig.“

„Moderieren war immer meine Leidenschaft“

Am kommenden Dienstag wird Ania Konarzewski ihre letzte Sendung moderieren. Gemischte Gefühle und Gedanken würden ihr seit einigen Tagen durch den Kopf gehen, sagt sie: „Einerseits ist es wirklich sprichwörtlich ein ‚weinendes und ein lachendes Auge‘.“ Es freue sie zum Beispiel, ihr Privatleben künftig nicht mehr nach dem Dienstplan ausrichten zu müssen und frei über ihre Zeit verfügen zu können.

„Das weinende Auge weint aber sehr stark, weil ich es mir noch nicht vorstellen kann, wie es ist, nicht mehr zu moderieren. Das war für mich keine Arbeit oder ein Job. Das war meine Leidenschaft. Das habe ich die fast 40 Jahre lang liebend gern gemacht. Ich kann mir noch garnicht vorstellen, wie das so wird“, so die Fast-Pensionistin.

Historische Aufnahme Aufnahmestudio ORF Kärnten
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Vor 71 Jahren, als dieses Foto entstand, war Ania Konarzewski noch nicht auf der Welt – doch auch zu ihren Anfangszeiten im Landesstudio trugen die Tonmeister noch weiße Arbeitsmäntel

Tonmeister trugen früher weiße Mäntel

Sie erlebte mit, wie sich im Laufe der Jahre auch das Funkhaus von seinen Baulichkeiten her veränderte: „Mir kommt vor, es ist viel, viel strenger zugegangen als heute. Da waren auch die Tonmeister mit weißen Mänteln. Heute sitzen wir da, haben viele Bildschirme und Computer rund um uns herum. Damals gab es Tonbandmaschinen. Und es war einfach anders.“

Auch wenn es komisch klinge, sei es auf gewisse Weise zwischen der Kollegenschaft kommunikativer zugegangen: „Wir mussten noch Vieles miteinander besprechen, was man heute vielleicht per E-Mail oder sonst irgendwie löst. Es war anders, auch eine andere Zeit. Es war ein bisschen gemütlicher wahrscheinlich auch, weil es weniger Sendungen gab. Damals gab es noch Ringsendungen, die aus Wien zugeliefert wurden. Und bei uns ist Vieles aufgezeichnet worden.“

Altes Schallarchiv ORF Landesstudio Kärnten
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„Prima Vista-Lesen“ brauchte viel Übung

Zu den Sprecherinnen und Sprechern – ein Arbeitsbild, das es heutzutage in der Form nicht mehr gibt – im Landesstudio gehörten seinerzeit Susanne Pichler, Liliane Roth-Rothenhorst, Brigitte West, Hermann Troyer, Fritz Hofmeister und Hubert Repnik. Sie hatten unter anderem die Aufgabe, die Nachrichten oder andere Texte für Sendungen zu lesen. „Diese wurden damals noch auf Schreibmaschinen geschrieben, denn es gab noch keine Computer. Wir hatten auch nicht viele Schreibmaschinen im Haus. Es gab damals auch noch diese getippten Nachrichten mit dem Blaupapier. Wenn man sich da vertippt hat, dann war es eher kritisch. Wir haben Tipp-Ex hoch fünf verbraucht“, sagt Ania Konarzewski.

Meist erhielt sie die Zettel mit den Nachrichten erst kurz vor der Sendung: „Je knapper sie kamen, umso fehleranfälliger war das Ganze. Aber ich muss sagen, Hubert Repnik (ehemaliger Chefsprecher, Anm.) und Heide Mautz haben mir das ‚Prima-Vista-Lesen‘, also das Lesen auf den ersten Blick, gut beigebracht. Und ich habe das wirklich geübt, zu lesen, aber mit den Augen und mit dem Hirn schon quasi zwei Zeilen weiter zu sein.“

Eine alte Bandmaschine
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Tonbänder waren die Vorläufer der digitalen Audio-Produktion

An jeder Stimme kann man arbeiten

Noch heute finde sie es schlimm, wenn sie Leute im Radio nicht gut verstehen könne, weil sie „nuscheln“: „Ich musste wirklich monatelang üben, wie ein offenes oder ein geschlossenes E gesprochen wird, in welchen Wörtern welches E oder O vorkommt und was die Ausnahmen sind. Das habe ich so verinnerlicht, dass es mir wehtut, wenn ich es falsch höre.“

Doch Übung mache den Meister und aus ihrer Erfahrung wisse sie, dass nicht nur die Aussprache, sondern auch der Klang jeder Stimme Verbesserungspotenzial habe: „Man kann durchaus auch aus einer anfänglichen Piepsstimme eine wohlklingende, satte Stimme machen. Du kannst nicht aus jeder Stimme alles machen, das nicht, aber es gibt schon Grundprinzipien, wie du eine Stimme massiv verbessern kannst und vor allem, wie sich auch der Mensch dann damit wohler fühlt, weil er sich beim Sprechen dann nicht mehr anstrengt zum Beispiel. Das ist ja unser Handwerkszeug.“

Auch Lehrer müssten zum Beispiel während ihrer beruflichen Tätigkeit viel Sprechen und viele würden sich massiv beim Sprechen anstrengen: „Vor allem, wenn die Klasse vielleicht nicht so leise ist und sie sich dann Gehör verschaffen müssen. Also da gibt es schon ganz viele Techniken.“ Ob eine Stimme als schön oder angenehm empfunden werde sei etwas sehr Subjektives: „Es mag Leute geben, die sagen, das ist mir überhaupt nicht wichtig. Mir ist es wahnsinnig wichtig. Also es erzeugt entweder ein Wohlgefühl oder eben ein Nichtwohlgefühl, je nachdem. Es gibt ja Menschen, wo du die Stimme hörst und sagst, die passt überhaupt nicht zu dem oder zu der.“

Persönliches Highlight: Moderation von „Autofahrer unterwegs“

Mit ihrer Stimme war Ania Konarzewski nicht nur im Radio, sondern auch bei zahlreichen Fernsehproduktionen zu hören. Besonders stolz sei sie darauf, als einzige Kärntnerin die Sendung „Autofahrer unterwegs“ moderiert zu haben. Auch damit habe sich für sie ein Kindheitstraum erfüllt: „Ich bin mit Autofahrer unterwegs aufgewachsen. Ich weiß noch, ich saß als Kind beim Mittagstisch und dachte mir, das würde ich so gerne einmal machen.“

Für die Sendungen musste sie oft nach Wien fahren, was für sie eine „super-schöne Zeit“ war. Gerne denke sie auch noch an die Zusammenarbeit mit der legendären Brigitte Xander, die damals auch schon Autofahrer unterwegs moderierte, zurück.

Jetzt müsse sie sich erst an den Gedanken gewöhnen, bald nicht mehr in ein Mikrofon zu sprechen. Besonders fehlen werde ihr, „bei den Leuten quasi zu Hause sein zu dürfen.“

Leidenschaft für soziale Medien

Kommunikativ dürfte Ania Konarzewski aber wohl bleiben, denn schon jetzt nutzt sie in ihrer Freizeit gerne diverse Social Media-Kanäle, die sie eigentlich aus einer Laune heraus für sich entdeckte. Der darin oft verbreiteten Desinformation oder Mobbing unter Usern stehe sie kritisch gegenüber. Als sie einmal angekündigt hatte, ihre persönliche Facebook-Seite einstellen zu wollen, habe es sie sehr berührt, dass ihr viele Menschen schrieben und sie baten, dies nicht zu tun, weil sie sich jeden Tag auf ihre Fotos und Texte freuen würden.

„Da habe ich erst verstanden, wie viele wirklich alleinstehende und auch einsame Menschen es gibt, für die das ein unterhaltsamer Lebensinhalt geworden ist. Das hat mich schon sehr berührt, also auch eine Form der Kommunikation in der heutigen Zeit“, so Ania Konarzewski.

Mehr Zeit für Schreiben und Fotografieren

Viele ehemalige Kollegen wurden nach ihrer Zeit beim ORF zu Autoren und veröffentlichen Bücher oder Reiseführer. Sie selbst schreibe zwar auch leidenschaftlich gerne, aber mehr für sich selbst: „Dieser Prozess des Schreibens ist unheimlich schön.“

Sie freue sich auch darauf, künftig mehr Zeit fürs Fotografieren und all jene Sachen zu haben, die während ihres Berufsalltags ein bisschen untergegangen seien. Auf sie komme einfach ein neuer Lebensabschnitt zu, sagt sie, „den Millionen vor mir gegangen sind. Also ich sehe das nicht so dramatisch.“