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Wissenschaft

Archäologen graben Zwangsarbeiterlager aus

Seit Juli finden am Areal des zukünftigen Klagenfurter Hallenbades archäologische Grabungen statt. Dort befinden sich die Ausläufer des einstigen Zwangsarbeiterlagers Waidmannsdorf. Das Bodendenkmal soll durch die genaue Dokumentation auch nach Bau des Hallenbades erhalten bleiben.

Hunderte Menschen, vermutlich vor allem aus Osteuropa, waren dort während der Nazi-Zeit interniert. Wegen einer Archivsperre gibt es bis heute wenig gesichertes Wissen über das Schicksal dieser Menschen, was die Ausgrabungen umso bedeutsamer macht.

Fotostrecke mit 8 Bildern

Stefan Timmerer zeigt die Reste der Lagerstraße
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Stefan Timmerer zeigt die Reste der Straße zum Lager
Heute stehen Häuser neben dem Lagerareal
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Links das Dach des Stadions
Funde bei Ausgrabungen
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Glasfunde aus dem Lagerareal
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Münzen aus der Nazizeit
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Reichspfennig
Gürtelschnalle mit Reichsadler
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Gürtelschnalle mit Reichsadler
Militärgeschirr wurde gefunden
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Militärgeschirr
Runde Bombenkrater sind gut sichtbar
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Blick von oben auf Lager und Bombentrichter

Straße ins einstige Zwangsarbeiterlager freigelegt

Seit Juli erforscht der Archäologische Dienst das Gelände. Ganz im Norden legte man eine Straße frei, die einst direkt ins Lager A führte, so Grabungsleiter Stefan Timmerer. Man könne noch den letzten Rest des Lagers sehen, das sich in der Hubertusstraße befunden habe. Heute befinden sich gleich daneben neue Mehrparteienhäuser und auch das Stadion.

Noch heute sind die kreisrunden Bombentreffer auf dem Areal gut zu erkennen. Bei den Grabungsarbeiten gab es unwetterbedingt immer wieder Verzögerungen, so Regina Barlovits vom Archäologischer Dienst Kärnten. Man habe viele Pausen einlegen und warten müssen, bis das Grundwasser absickert. Die meisten Funde habe es in einem Bombentrichter gegeben, der teilweise schon 2020 ausgehoben worden sei, so Barlovits. Darunter Militärgeschirr, eine Gürtelschnalle mit Reichsadler und Münzfunde. Das alles wurde datiert und passe zur Lagerzeit.

Ausgrabungen vor Hallenbadbau: Noch arbeitet der Bagger am Südring den Archäologen in die Hände, denn das neue Klagenfurter Hallenbad wird auf geschichtsträchtigem Boden gebaut.

Archivsperre: Bisher wenig Wissen über Internierte

Die Unterlagen im Landesarchiv zum Zwangsarbeiterlager sind nicht einsehbar, die Akten bleiben auf 80 Jahre gesperrt.Über das Leben und Leiden der einstigen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen weiß man deshalb noch sehr wenig. Die meisten dürften aus Osteuropa gekommen sein, später kamen auch Kriegsgefangene dazu. Frauen wie Männer wurden für rüstungswichtige Betriebe eingesetzt, darunter die Außenstelle der Wiener Neustädter Flugzeugfabrik in der Bahnhofstraße und die Lederfabriken Knoch und Neuner. Zumindest sechs Todesfälle bei einem Bombenangriff am 19. Februar 1945 sind dokumentiert, so Timmerer: „Es ist bekannt, dass es bei einem Bombenangriff sechs Tote gegeben hat, sie sind in Annabichl bestattet. Es handelt sich um fünf Männer und eine Frau.“

Das Lager Waidmannsdorf

Das Lager Waidmannsdorf bestand aus drei Teillagern: Lager A in der Hubertusstraße war mit 2,6 Hektar Größe das kleinste der drei, Lager B befand sich in der Hirschenwirth-Straße (2,9 Hektar), Lager C in der Siebenhügelstraße, es war 4,0 Hektar groß. Nach dem Krieg wurde das Lager Waidmannsdorf noch bis 1952 von den Engländern und später von den Österreichern als Barackensiedlung weiterbenutzt.

Größere Lager B und C wurden einfach überbaut

Die viel größeren Teillager B und C in der Hirschenwirth- und in der Siebenhügelstraße wurden überbaut, ohne dass archäologisch gegraben worden wäre. Die jetzigen Untersuchungen sollen sicherstellen, dass das Wissen um das Zwangsarbeiterlager trotz Hallenbadbaus nicht verloren geht. Barlovits zufolge stellen Abschlussbericht und Dokumentationen eine denkmalschutzrechtliche Ersatzmaßnahme dar. Durch die Dokumentation sei der Erhalt dieses Bodendenkmals gewährleistet und gesichert.

Insgesamt sind die Arbeiten im Zeitplan, der Baustart für das Hallenbad soll noch im Herbst erfolgen. Wobei auch auf das Zwangsarbeiter- Lager in Waidmannsdorf hingewiesen werden soll, so Stadtwerke-Vorstand Erwin Smole: „Wir werden sicher auf die Geschichte hinweisen.“ Der Bericht der Archäologen wird dem Bundesdenkmalamt übergeben.